Flexible Polyacrylate mit hohem Brechungsindex für ophthalmologische Anwendungen

Das Ziel dieser Arbeit lag in der Entwicklung eines flexiblen, transparenten und hochbrechenden Materials (high refractive index, HRI), welches Anwendung im Bereich der Intraokularlinsen (IOL) finden soll. Bei der Entwicklung von Polymeren für medizinische Anwendungen gilt es eine Vielzahl an physik...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Dams, Christian
Beteiligte: Hampp, Norbert (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2019
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Ziel dieser Arbeit lag in der Entwicklung eines flexiblen, transparenten und hochbrechenden Materials (high refractive index, HRI), welches Anwendung im Bereich der Intraokularlinsen (IOL) finden soll. Bei der Entwicklung von Polymeren für medizinische Anwendungen gilt es eine Vielzahl an physikalischen, chemischen und medizinischen Parametern zu beachten. Ein hochbrechendes Linsenmaterial ist die grundlegende Voraussetzung für die Herstellung besonders dünner phaker Intraokularlinsen (PIOL), da diese PIOLs zusätzlich zur natürlichen Linse in das Auge implantiert werden sollen/können. Diese Therapiemöglichkeit bietet vielen Patienten eine Alternative zur refraktiven Hornhautchirurgie und ist eine leistungsfähige Behandlungsmöglichkeit von starker Fehlsichtigkeit. In dieser Arbeit wurde ein Konzept für Polyacrylate entwickelt, das es ermöglicht, durch ein modularisiertes Synthesekonzept - sozusagen nach dem Baukastenprinzip - durch Modifikationen der Polymerseitenketten, Polymere weitgehend in silico zu entwickeln. Auf der Basis von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen lassen sich Polymere designen, die hinsichtlich ihrer Anwendung in einer "Parameter-Kompromiss-Betrachtung" optimiert sind. Voraussetzung dieses Konzeptes ist die Übereinstimmung der experimentellen erhaltenen Daten mit numerischen Berechnungen. Dabei wurden in erster Linie die Parameter Brechungs¬index, optische Dispersion (ABBE-Zahl), Glasübergangstemperatur und mechanische Eigenschaften (Härte, Steifigkeit) untersucht. Ein in dieser Arbeitet eingeführtes Konzept, hier „YOGA“-(Y)-Konzept genannt, beschreibt die Anbindung von unterschiedlichen Einheiten in der Seitenkette, so dass ein minimaler Polymerisationsschrumpf erzielt wird. Nach diesem Konzept wurden hochbrechende Polyacrylate hergestellt, die in der Seitenkette neben gut polarisierbaren Arylsystemen zusätzlich Siloxanmodifikationen, Alkylmodifikation und andersartige Arylsysteme besitzen. Es wurden 37 Polyacrylate entwickelt, hergestellt und charakterisiert, davon 12 Polymere aufgebaut nach dem YOGA-Konzept. Die gezeigten Poly¬mere wiesen Brechungsindizes im Bereich von nD = 1.504 - 1.638, ABBE-Zahlen im Bereich von νABBE = 21.1 - 55.8 und Glasübergangstemperaturen in Bereich von Tg = -26 - 81°C auf. Durch das YOGA-Konzept konnten zudem wichtige Oberflächeneigenschaften (freie Oberflächenenergie) eingestellt werden. Durch die Parameter-Kompromiss-Optimierung ließ sich ein vielversprechendes, transparentes Polymer mit einem Brechungsindex nD = 1.60, νABBE = 30 und einer Tg = 28°C herstellen. Dieses Polymer wurde an einer speziellen Präzi¬sionsdrehmaschine zu Linsen-Prototypen verarbeitet und deren mikromechanische Eigen¬schaften mittels Mikroindentation direkt am Linsenkörper untersucht. Die Methode der Mikroindentation zur Bestimmung mechanischer Kenngrößen stellte sich als eine geeignete Methode zur direkten Untersuchung von Intraokularlinsen heraus. Dabei wird das verarbeitete Polymer untersucht und nicht der Rohling, aus dem später die Intraokularlinse gefertigt wird. Die hier erzielten Erkenntnisse aus den Indentationsversuchen liefern gute Ansätze zur mechanischen Charakterisierung von weichen, dünnen Materialien. Die Mikroindentation zeigt eine breite Einsatzmöglichkeit und ist eine bereits weit verbreitete Methode in polymertechnischen, sowie biologisch und medizinisch technischen Interessenfeldern.[1-4] Das hier etablierte Designprinzip konnte erfolgreich an einer Vielzahl von Polymeren verifiziert werden, darunter 13 neue, in der Literatur noch nicht beschriebene Polymere. Mit dem YOGA Prinzip wird auch der Bereich gegossener Linsen (in mold fabrication) erschlossen, da der Polymerisationsschrumpf minimiert werden kann. Last-but-not-least wurde die Mikroidentation erstmals auch an sehr weichen Materialien angewandt. Damit ist es nun möglich, die mikromechanischen Eigenschaften von Intraokularlinsen an der fertigen Intraokularlinse zu messen und nicht nur, wie bisher, am Ausgangsmaterial ohne Be- und Verarbeitung. Ergänzend wurde die Biokompatibilität der neu entwickelten Materialien im Tiermodell getestet und dabei auch die Handhabung unter Operationsbedingungen untersucht. Durch die herausragenden Eigenschaften der neuen Polymere besitzen diese Materialien ein großes Potential in der Entwicklung/Herstellung moderner phaker Intraokularlinsen.
Umfang:186 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0082