Kontrolle der spektralen Phase von Femtosekunden-Laserpulsen zur qualitativen und quantitativen Unterscheidung von Strukturisomeren

Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde das Ionisations- und Fragmentierungsverhalten organischer Moleküle mit Hilfe von Femtosekunden-Laserionisations- Massenspektrometrie erforscht. In zwei unterschiedlichen Projekten wurde dabei der Einfluss zweier Laserpulsparameter auf die Ionisation und Fragmenti...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Schäfer, Viola Carmen Maria
Beteiligte: Weitzel, Karl-Michael (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2019
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde das Ionisations- und Fragmentierungsverhalten organischer Moleküle mit Hilfe von Femtosekunden-Laserionisations- Massenspektrometrie erforscht. In zwei unterschiedlichen Projekten wurde dabei der Einfluss zweier Laserpulsparameter auf die Ionisation und Fragmentierung der Analyten untersucht. Zum einen wurde die spektrale Phase der fs-Laserpulse kontrolliert, indem der lineare oder teilweise auch der quadratische Chirpparameter systematisch geändert wurde. Zum anderen fand eine Variation der Pulsenergie statt. Im ersten Projekt dieser Doktorarbeit wurden die drei primären Alkohole Methanol, Ethanol und 1-Propanol untersucht, während das zweite Projekt die Strukturisomere des Fluortoluols, des Fluorbenzylbromids und der Cineole behandelte. Der Einsatz der hoch-intensiven Laserstrahlung führte für alle untersuchten Spezies neben dem Mutterion zu einem reichen Fragmentierungsmuster in den Massenspektren. Die Haupterkenntnisse der beiden Projekte sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden. Die Ionisation und Fragmentierung der drei Alkohole Methanol, Ethanol und 1-Propanol wurde in fs-Laserfeldern mit aufgeprägtem linearem Chirp für drei, beziehungsweise im Fall des Methanols für vier unterschiedliche Pulsenergien analysiert. Die Mutterionenausbeute Y(M+) als Funktion des linearen Chirpparameters zeigte für alle drei Alkohole ein intensitäts-getriebenes Verhalten, sofern Pulsenergien von 50 µJ oder höher eingesetzt wurden. Als intensitätsgetrieben wird die Abhängigkeit der Mutterionenausbeute von dem linearen Chirpparameter dann genannt, wenn die höchste Mutterionenausbeute für den transform-limitierten Puls vorliegt und für einen betragsmäßig steigenden linearen Chirpparameter sinkt.[13] Für die niedrigeren Pulsenergien von 10 µJ und 25 µJ fand sich bei 1-Propanol erneut ein intensitäts-getriebenes Verhalten, während sich bei Methanol und Ethanol die maximale Mutterionenausbeute zu negativen linearen Chirpparametern (a = -300 fs2) verschob, was nach Reusch et al. als vorzeichen-behafteter Chirpeffekt bezeichnet wird.[13] Zusätzlich zu den eigenen Beobachtung wurden die Ergebnisse mit Literatur verglichen, in der die Alkane Methan, Ethan und Propan in vergleichbaren Experimenten untersucht wurden.[13,14] Aus den erhaltenen Ergebnissen und dem Vergleich mit der Literatur wurde die Vermutung gezogen, dass bei Methanol und Ethanol die Hydroxygruppe die elektronische Struktur dominiert, da sich für unterschiedliche Pulsenergien die Mutterionenausbeute als Funktion des linearen Chirpparameters ähnlich verhält, was bei den Alkanen nicht beobachtet werden konnte. Daneben konnte erst bei deutlich niedrigeren Spitzenintensitäten ein vorzeichen-behafteter Chirpeffekt gefunden werden, welcher weit weniger ausgeprägt war als der von Methan und Ethan. Ob bei 1-Propanol die Alkylkette oder die Hydroxygruppe die Ionisation dominiert, ist weniger eindeutig. Aus der Tatsache, dass sich im Gegensatz zu Methanol und Ethanol für alle untersuchten Pulsenergien die maximale Mutterionenausbeute für einen transformlimitierten Laserpuls fand, kann gefolgert werden, dass die längere Alkylkette einen zunehmenden Einfluss gewinnt. Da jedoch für die Mutterionenausbeute des Propans in der Literatur der stärkste vorzeichen-behaftete Chirpeffekt von allen untersuchten Alkanen gefunden wurde (-875 fs2 bei 50 µJ)[14], liegt die Vermutung nahe, dass deutliche Unterschiede in der elektronischen Struktur des 1-Propanols und des Propans vorliegen. Diese Unterschiede wiederum haben ihren Ursprung in der zusätzlichen Hydroxygruppe des 1-Propanols. Neben der Diskussion der Mutterionenausbeute wurden unterschiedliche Fragmentierungskanäle der drei Alkohole in Abhängigkeit von dem linearen Chirpparameter analysiert. Dabei wurde ähnlich zu den Ergebnissen von Itakura et al.[109] ein Einfluss der Pulslänge auf die Konkurrenz zwischen C-C- und C-OBindungsbruch beim Ethanol gefunden. Die Pulslänge steigt bei einer betragsmäßigen Erhöhung des linearen Chirpparameters ebenfalls an, was sich unter anderem darin zeigt, dass ein Ionenausbeuteverhältnis (IAV) symmetrisch zum transform-limitierten Puls ansteigt oder absinkt. Längere Pulse führten bei Ethanol zu einer Verstärkung des C-O- gegenüber dem C-C-Bindungsbruch bei einer konstanten Pulsenergie von 50 µJ. Die Diskussion der Konkurrenz von C-Ogegenüber dem C-C-Bindungsbruch war nur beim Ethanol möglich. Für das 1-Propanol konnte aufgrund einer zu geringen Massenauflösung kein Signal eindeutig dem C-O-Bindungsbruchkanal zugeordnet werden. Zwei konkurrierende Bindungsbruchkanäle, die bei allen drei analysierten Alkoholen vorkommen sind der C-H- und C-O-Bindungsbruch, obwohl erneut die Auflösung des Massenspektrometers für Ethanol und 1-Propanol keine eindeutige Zuordnung der ausgewerteten Signale zum C-O-Bindungsbruch erlaubte. Die gefundenen Analogien zwischen den Ionenausbeuteverhältnissen Y([M - H]+)/Y([M - OH]+) als Funktion des linearen Chirpparameters der einzelnen Alkohole wurden jedoch als Hinweise darauf interpretiert, dass korrespondierende Fragmentierungskanäle vorliegen. Dabei wurde für die höchste untersuchte Pulsenergie (50 µJ) beim Methanol ein qualitativer Verlauf des IAV als Funktion des linearen Chirpparameters gefunden, welcher beim Ethanol bereits bei einer halb so hohen Pulsenergie gefunden wurde. Das Verhalten des IAV von Ethanol als Funktion des linearen Chirpparameters für 50 µJ wurde beim 1-Propanol dann bereits für 25 µJ detektiert. Die Länge der Alkylkette scheint dementsprechend das Fragmentierungsverhalten zu anderen Pulsenergien zu verschieben. Das zweite Projekt, welches im Rahmen dieser Doktorarbeit bearbeitet wurde, befasste sich mit der Unterscheidung von Strukturisomeren. Hierbei wurde eine Weiterentwicklung der Methode durch Erweiterung des Anwendungsbereichs angestrebt und erreicht. Dabei wurden neben fs-Laserpulsen mit linearem auch solche mit quadratischem Chirp verwendet. Der Vergleich unterschiedlicher IAV als Funktion des linearen oder quadratischen Chirpparameters des 1,4-Cineols mit denen des 1,8-Cineols erlaubt die eindeutige Unterscheidung dieser beiden Strukturisomere voneinander. Mit linear und quadratisch gechirpten Laserpulsen wurden bisher nur Isomere von Benzolderivaten unterschieden, weshalb es sich bei den Cineolen um eine neue Substanzklasse für diese Experimente handelte. Daher darf der Anwendungsbereich von fs-LIMS zur Unterscheidung von Strukturisomeren als erweitert betrachtet werden. Aufgrund der reichen Fragmentierungsmuster können eine Vielzahl an Ionenausbeuteverhältnissen zur Unterscheidung herangezogen werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Y(m/z=139)/Y(M+), Y(m/z=43)/Y(M+) und Y(m/z=15)/Y(M+) für unterschiedliche Pulsenergien diskutiert, die alle drei eine Unterscheidung erlaubten. Für das IAV Y(m/z=139)/Y(M+) des 1,4-Cineols wurden für alle untersuchten Pulsenergien deutlich niedrigere Werte ermittelt, als für das 1,8-Cineol, was auf die Stabilität des entstehenden Fragmentions zurückgeführt werden konnte. Für das 1,4-Cineol kann unter anderem bei der Bildung des Ions mit m/z=139 ein sekundäres Alkyl-Radikal entstehen, welches weniger stabil ist als ternäre Alkyl-Radikale, welche hingegen beim Fragmention des 1,8-Cineols ausschließlich vorliegen. Die Aufstellung allgemeiner Trends bezüglich der qualitativen Isomerenunterscheidung ist bisher nicht möglich, da das gefundene Verhalten immer von der untersuchten Spezies abhängt und dadurch molekülspezifische Informationen enthält. Im Bereich der verwendeten Pulsenergien konnte beispielsweise kein Trend erkannt werden, der eine Aussage darüber zulässt, ob die Identifizierung der Isomere für niedrige oder für hohe Pulsenergien leichter gelingt. Am Beispiel der Cineol Isomere konnte erstmals die Zusammensetzung binärer Mischungen in fs-LIMS Experimenten mit aufgeprägtem linearem Chirp ermittelt werden. Dazu wurde ein Gleichungssystem basierend auf dem hohen Datensatz erstellt, welcher aufgrund des reichen Fragmentierungsmusters und der Vielzahl an Chirpparametern vorlag. Sechs Datenpunkte des IAV Y(m/z=15)/Y(M+) bei verschiedenen linearen Chirpparametern wurden als ausreichend angesehen, um die Stoffmengenanteile von vier binären Mischungen quantitativ zu bestimmen. Zusätzlich zu diesen sechs Gleichungen galten die Nebenbedingunge, dass die Summe der beiden Stoffmengenanteile eins sein soll, sowie die einzelnen Stoffmengenanteile zwischen null und eins liegen sollen. Für drei Mischungen lag eine Differenz von weniger als 2% zwischen tatsächlichen und experimentell bestimmten Stoffmengenanteilen vor, für eine der Mischungen eine Differenz von unter 6 %. Insgesamt handelte es sich um ein überbestimmtes Gleichungssystem, aufgrund des reichen Fragmentierungsmusters und der dadurch zur Verfügung stehenden Vielzahl an Datenpunkten besteht weiteres Potential zur Verbesserung der Methode. Drei Strukturisomere (ortho, meta und para) zweier Benzolderivate, namentlich Fluortoluol (FT) und Fluorbenzylbromid (FT), konnten ebenfalls qualitativ voneinander unterschieden werden. Hierbei handelt es sich um Benzolderivate mit zwei unterschiedlichen Substituenten, was einer zusätzlichen Erweiterung des Anwendungsbereichs entspricht, da in vorangegangenen Studien mit linearem oder quadratischem Chirp Benzolderivate mit zwei gleichen Substituenten untersucht wurden.[11,12] Der Einsatz von fs-Laserpulsen mit linearem oder quadratischem Chirp verstärkte die zwischen den einzelnen Isomeren bestehenden kleinen Unterschiede, welche sich bei Betrachtung unterschiedlicher Ionenausbeuteverhältnisse zeigen. Ein weiterer Fokus lag auf der Aufklärung des Zerfallswegs und der Rationalisierung der erhaltenen Ergebnisse. Für die Fluorbenzylbromide wurde angenommen, dass die Brom-Abstraktion den ersten Zerfallsschritt darstellt. Die Abspaltung des Brom-Atoms führt ebenso zu einem Fragmention mit dem Masse-zu-Ladungsverhältnis von 109, wie eine Wasserstoff-Eliminierung bei den Fluortoluolen. Der Vergleichder Ionenausbeuteverhältnisse Y(m/z=109)/Y(M+) der Benzolderivate zeigte eine Analogie in der Reihenfolge der IAV der einzelnen Isomere. Anhand dieses Ergebnisses kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Wasserstoff-Abstraktion der Fluortoluole um einen ersten Reaktionsschritt in einem sequentiellen Zerfallsweg handelt, was beispielsweise von Safe et al.[114] vorgeschlagen wurde. Die Reihenfolge IAV(p) > IAV(o) > IAV(m) bei beiden Benzolderivaten konnte durch thermodynamische Kontrollaspekte erklärt werden. Das entstehende Fragmention aus dem p-Isomer ist am stabilsten, während das Fragmention aus dem m-Isomer am wenigsten stabil ist. Für das m- und o-FT strebte das IAV für hohe negative lineare Chirpparameter gegen einen Grenzwert, da die Wasserstoff-Eliminierung mit der intramolekularen Umverteilung der Schwingungsenergie im Mutterion konkurriert. Bei dieser Information handelt es sich um einen neuen Teilaspekt im Zerfallsweg der Fluortoluole, der dadurch erweitert werden konnte. Auf die H-Abstraktion folgen die Abspaltung einer HF- oder C2H2-Gruppe. Die entsprechenden Ionenausbeuteverhältnisse (relativ zum Fragmention mit m/z=109) erlaubten ebenfalls eine Unterscheidung der drei Strukturisomere des Fluortoluols. Auch o-, m- und p-Fluorbenzylbromid konnten anhand dieser IAV voneinander unterschieden werden, sofern fs-Laserpulse mit linearem Chirp eingesetzt wurden. Bei den Isomeren des Fluorbenzylbromids verstärkten längere Pulse den Zerfall des Fragmentions mit m/z=109 in die kleineren Fragmentionen durch HF- oder C2H2-Abspaltung, was anhand der linearen Chirpabhängigkeit ersichtlich ist. Die quantitative Bestimmung der Zusammensetzung binärer und schlussendlich ternärer Mischungen von den Isomeren des Fluortoluols wurde ebenfalls im Rahmen dieses Projekts untersucht. Analog zum Vorgehen bei den Cineolen wurden empirisch aus der Vielzahl an Datenpunkten mehrere ausgewählt und in ein Gleichungssystem überführt. Die quantitative Bestimmung der Stoffmengenanteile binärer Fluortoluol-Mischungen aus dem meta- und para-Isomer gelang dabei mit nur geringen Abweichungen zu den eingewogenen Stoffmengen. Die absoluten Differenzen zwischen den tatsächlichen und den experimentell bestimmten Anteilen betrug 1 %. Bei der Analyse dreier binärer o- und p-Fluortoluol Mischungen hingegen betrugen die absoluten Differenzen zwischen den tatsächlichen und den experimentell bestimmten Stoffmengenanteilen etwa 10 %. Dabei wurde der Anteil an o-FT in den Mischungen stets höher bestimmt, als eingewogen wurde. Die experimentellen Werte der IAV der Mischungen ließen sich jedoch besser mit den experimentell bestimmten Stoffmengenanteilen beschreiben als mit den eingewogenen. Daraus wurde geschlossen, dass die Zusammensetzung der flüssigen Phase nicht der in der Gasphase entsprach. Die Dampfdrücke der reinen Fluortoluol-Isomere unterstützen diese Theorie, da das reine o-FT einen höheren Dampfdruck aufweistals die anderen beiden Isomere (po > pm = pp). Dadurch bot sich die Möglichkeit anhand binärer Mischungen aus o- und p-Fluortoluol ein Diagramm des Dampfdruckes zu erstellen, welches die realen partiellen Dampfdrücke beider Isomere in binären Mischungen zugänglich macht. Das Potential anhand einer gechirpten fs-LIMS Studie Dampfdruck-Diagramme erstellen zu können, war bisher nicht bekannt und bietet eine weitere vielversprechende Analyse. Dennoch erschwerte die Abhängigkeit der Ergebnisse von den Dampfdrücken die quantitative Analyse ternärer Fluortoluol-Mischungen. Für die beiden im Rahmen dieser Arbeit untersuchten ternären Mischungen erfolgte eine experimentelle Bestimmung der Zusammensetzung, wobei das Gleichungssystem dabei auf Optimierung des Ergebnisses hin aufgestellt wurde. Hier lagen die absoluten Differenzen zwischen tatsächlichen und experimentell bestimmten Stoffmengenanteilen unter 6 %. Nach bestem Wissen ist dies die erste fs-LIMS Studie mit Variation des linearen und quadratischen Chirpparameters, die eine quantitative Bestimmung der Zusammensetzung in ternären Isomeren-Mischungen erlaubt.
Umfang:192 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0049