Neurobiology of schizotypal phenotypes - Schizotypy as a framework for dimensional psychiatry
Complex, dimensional phenotypes represent a valuable framework for the analysis of fundamental neurobiological mechanisms of psychiatric disorders. They facilitate the deconstruction of diagnostic entities and the study of protective processes that prevent progression into clinical domains. Within t...
Main Author: | |
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | English |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2019
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Online Access: | PDF Full Text |
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Komplexe, dimensionale Phänotypen stellen ein wertvolles Paradigma für die Untersuchung fundamentaler neurobiologischer Mechanismen psychiatrischer Erkrankungen dar. Sie vereinfachen die Dekonstruktion von diagnostischen Einheiten und die Untersuchung von protektiven Prozessen, die vor dem Übergang in klinische Störungen schützen. Innerhalb des Psychosespektrums beschreibt Schizotypie ein multidimensionales Persönlichkeitskonstrukt, dessen Merkmale in Verhalten, Kognition und Emotion den Kernsymptomen der Schizophrenie ähneln und ebenfalls auf den Dimensionen positiv (magisches Denken, ungewöhnliche Wahrnehmungen und Überzeugungen), negativ (Introversion, Anhedonie) und desorganisiert (kognitive Desorganisation, Exzentrizität) beschrieben werden können. Im Rahmen des Kontinuum-Modells der Psychose wird Schizotypie sowohl als Variation gesunder Funktion, als auch als Risiko-Phänotyp für Schizophrenie und Psychose-Nähe diskutiert, und von einer (zumindest teilweisen) Überlappung genetischer Grundlagen über das Spektrum hinweg ausgegangen. Aktuelle ätiologische Modelle gehen davon aus, dass genetische Effekte, in Interaktion mit umweltbedingten Risikofaktoren und moduliert durch protektive Faktoren wie kognitive Leistungsfähigkeit, über Veränderungen der neuronalen Entwicklung wirken. Tatsächlich zeigen aktuelle Studien, dass die Ausprägung von Schizotypie bei Gesunden mit hirnstruktureller Variation assoziiert ist. Diese findet sich in Arealen, welche teilweise mit Regionen, die auch bei Patienten mit Erkrankungen des Schizophreniespektrums betroffen sind, überlappen. Die vorliegende Dissertation hat in fünf Studien neurobiologische Grundlagen der Schizotypie auf genetischer und hirnstruktureller Ebene untersucht, mit dem Ziel der Entwicklung eines multimodalen Modells, welches diese Ebenen in einen gemeinsamen Rahmen integriert. STUDIEN I und IV haben die genetischen Grundlagen der Schizotypie untersucht und können demonstrieren, dass Schizotypie mit häufigen genetischen Varianten (Single Nucleotide Polymorphismen, kurz SNPs) in Genen (CACNA1C, ZF804A) assoziiert ist, welche wichtige Funktionen für neuronale Entwicklungsprozesse innehaben, und als Risikogene für Schizophrenie, aber auch andere psychiatrische Erkrankungen identifiziert wurden (STUDIE I). Geschlecht wirkt hier als moderierender Faktor. Ein direkter Zusammenhang mit einem polygenen Risikoscore für Schizophrenie, basierend auf kumulativem SNP-Risiko, ist jedoch nicht nachweisbar (STUDIE IV). STUDIEN II und III haben hirnstrukturelle Korrelate der Schizotypiedimensionen analysiert und finden einen Zusammenhang insbesondere der positiven Dimension (und damit assoziierter Belastung) mit dem Volumen der grauen Substanz in den assoziativen Hirnarealen Precuneus, Striatum und inferiorer Temporalgyrus. STUDIE II zeigt zudem, dass dieser Zusammenhang durch überdurchschnittliche kognitive Leistungsfähigkeit abgemildert werden kann. STUDIE V schließlich integriert die vorangegangenen Befunde in ein gemeinsames, multivariates Modell, welches substantiell phänotypische Varianz aufklärt. Es zeigt sich, dass der Interaktionseffekt von polygenem und kumulativem Umweltrisiko auf (positive) Schizotypie durch Veränderungen der Hirnstruktur im Precuneus vermittelt und durch das Level an exekutiver Funktion moduliert wird. Zusammenfassend zeigt diese Dissertation, dass Schizotypie mit genetischen Polymorhphismen assoziiert ist, welche Einfluss auf neuronale Entwicklung und Funktion haben. Zwar stellen diese auch Risikogene für Schizophrenie dar, die fehlende Assoziation mit polygenem Risiko spricht jedoch für eine eingeschränkte Überlappung in der genetischen Architektur der Phänotypen. Die Bestätigung des multimodalen Modells indiziert allerdings einen indirekten Effekt auf Schizotypie, vermittelt über veränderte Hirnstruktur, und beeinflusst durch das Wirken intra- und extrapersoneller Faktoren. Übereinstimmend ist insbesondere die positive Schizotypiedimension mit Veränderungen in Hirnregionen assoziiert, die zentral in die Integration, Evaluation und Attribution perzeptueller Information in assoziativen Netzwerken involviert sind. Schizotypie ist ein wertvoller Endophänotyp des Schizophreniespektrums und zeigt, dass auch pathophysiologische Veränderungen auf einem Kontinuum mit Variation gesunder Funktionen liegen. Darüber hinaus repräsentiert sie die Manifestation von interindividueller Variation in Verhalten, Kognition und Emotion, deren zugrundeliegende Mechanismen ein exemplarisches Paradigma für die Untersuchung dimensionaler, phänotypischer Spektren darstellen.