Penetrierende Verletzungen des Halses: Charakterisierung eines südafrikanischen Patientenkollektivs, Einflussfaktoren auf Diagnostik, Therapie, Komplikationsrate und Mortalität

Hintergrund: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in zahlreichen Publikationen diskutiert, welche Faktoren für die Therapie penetrierender Halsverletzungen entscheidend sind. Neben der Behandlungsstrategie selbst lagen dabei die Unterschiede zwischen Schussverletzungen und Verletzungen durch schar...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Braunisch, Amelie
Beteiligte: Krüger, Antonio (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Hintergrund: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in zahlreichen Publikationen diskutiert, welche Faktoren für die Therapie penetrierender Halsverletzungen entscheidend sind. Neben der Behandlungsstrategie selbst lagen dabei die Unterschiede zwischen Schussverletzungen und Verletzungen durch scharfe Gewalt, die anatomische Einteilung des Halses und die Diagnostik mittels körperlicher Untersuchung, computertomographischer Angiographie (CTA) und Ösophagographie im Fokus vieler Studien. Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zur Verbesserung der Versorgungsstrategien von penetrierenden Halsverletzungen zu leisten. Dafür wurde ein südafrikanisches Patientenkollektiv hinsichtlich der Epidemiologie, des Verletzungsmechanismus und der -lokalisation, der Vitalparameter, der Diagnostik, der Therapie sowie der Komplikationen und der Mortalität charakterisiert. In einem zweiten Schritt wurde der Einfluss des Verletzungsmechanismus und der Lokalisation der Wunde auf die Patientenversorgung untersucht. Ein weiteres Ziel der Studie ist die Analyse der Aussagekraft der körperlichen Untersuchung, der CTA und der Ösophagographie. Methoden: In die retrospektive Studie wurden Patienten mit einer penetrierenden Verletzung des Halses eingeschlossen, die zwischen März 2010 und August 2011 in das Chris Hani Baragwanath Hospital in Johannesburg, Südafrika aufgenommen wurden. Die Versorgung erfolgte nach dem Prinzip des Selektiven nicht-operativen Managements (SNOM). Gemäß des Algorithmus der Klinik wurde auf der Basis der vorliegenden Symptome und der Ergebnisse apparativer Untersuchungen über die Therapie entschieden. Dabei wurden nicht alle Patienten mit vaskulären ‚hard signs’ (fehlende periphere Pulse, Seitendifferenz der Pulse, ‚thrill’, ‚bruit’, expandierendes oder pulsierendes Hämatom) oder aerodigestiven ‚hard signs’ (Emphysem, Dysphagie, Hämatemesis, blasende Wunde, Hämoptysis, Heiserkeit) operiert. Ergebnisse: Von den 303 Patienten wurden 265 durch scharfe Gewalt, 30 durch Schusswaffen und 8 durch einen anderen Mechanismus verletzt. 90,8% der Patienten hatten eine singuläre Verletzung und 9,2% der Patienten hatten multiple Wunden. Bei 31 Patienten waren ‚hard signs’ für eine vaskuläre Verletzung vorhanden und bei 49 Patienten ‚hard signs’ für eine aerodigestive Verletzung. Bei 163 Patienten wurde eine CTA und bei 56 Verletzten eine Ösophagographie durchgeführt. 169 (55,8%) Patienten wurden konservativ und 134 (44,2%) Patienten operativ therapiert. Die Komplikationsrate lag bei 9,9%, die intrahospitale Mortalität bei 2,3%. Nach Verletzungen durch scharfe Gewalt wurde signifikant seltener eine CTA durchgeführt (p=0,012), außerdem unterschied sich die Erstversorgung in der Notaufnahme: die Wunde wurde häufiger in der Notaufnahme genäht (p=0,005) und eine Intubation (p=0,005) und eine Immobilisation der Halswirbelsäule (p=0,000) wurden seltener durchgeführt als nach Schussverletzungen. Die Komplikationsrate war nach scharfer Gewalt niedriger (p=0,009). Verletzungen des hinteren Halsdreieckes wurden häufiger konservativ therapiert (p=0,039). Gefäßläsionen waren bei Verletzungen der Zone II wahrscheinlicher als in anderen Arealen (p=0,013). Die Sensitivität der vaskulären ‚hard signs’ lag bei 24,1%, die Spezifität bei 92,8%. Die Sensitivität der aerodigestiven ‚hard signs’ berechnete sich mit 42,3%, die Spezifität mit 86,3%. Die CTA erreichte eine Sensitivität von 63,6% und eine Spezifität von 91,2%. Die Sensitivität der Ösophagographie betrug 42,9%, die Spezifität 95,3%. Schlussfolgerung: Die Entscheidung für die operative oder konservative Therapie sollte auf der körperlichen Untersuchung und der zusätzlichen Bildgebung basieren. ‚Hard signs’ stellen keine obligate Operationsindikation dar, sondern eine konservative Therapie ist möglich, wenn die Ergebnisse der Bildgebung dieses Vorgehen rechtfertigen. Aufgrund der größeren Destruktionskraft und demzufolge der höheren Komplikationsrate unterscheidet sich die Erstversorgung von Schussverletzungen von der nach scharfer Gewalt. Die Bedeutung der Lokalisation der Wunde für die Diagnostik und für die definitive Therapie ist insgesamt gering. Aufgrund der hohen Spezifität der ‚hard signs’ und der bildgebenden Untersuchungen CTA und Ösophagographie kann bei einem pathologischen Befund jeweils von einer entsprechenden viszeralen Verletzung ausgegangen werden. Wegen der niedrigen Sensitivität der ‚hard signs’, der CTA und der Ösophagographie wird von einer Empfehlung für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen auf Grundlage der Sensitivität abgesehen.
Umfang:138 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0292