Die Ausgestaltung eines modifizierten deutschen REIT-Regimes. Eine Untersuchung auf Basis der Grundanforderungen an ein effizientes und gerechtes Steuersystem

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden – auf Basis der vorangestellten Effizienz-, Gerechtigkeitskeits- und Neutralitätskriterien – die umfangreichen Defizite der REIT-AG de lege lata aufgezeigt, die sich auch in der geringen Marktakzeptanz der Rechtsform widerspiegeln. Herauszustellen sind hie...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Fischer, Jan Philipp
Beteiligte: Mölls, Sascha (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden – auf Basis der vorangestellten Effizienz-, Gerechtigkeitskeits- und Neutralitätskriterien – die umfangreichen Defizite der REIT-AG de lege lata aufgezeigt, die sich auch in der geringen Marktakzeptanz der Rechtsform widerspiegeln. Herauszustellen sind hier die restriktiven Vorgaben zur Anlegerstruktur des § 11 REITG, welche die Fungibilität der REIT-Aktien einschränken und die sich damit negativ auf die Allokationsfunktion des Kapitalmarkts auswirken. Ferner verstoßen einzelne Anlagerestriktionen gegen die angestrebte Rechtsformneutralität und Investitionsneutralität, beispielhaft sei hier die Ausgrenzung von Bestandswohnimmobilien nach § 3 Abs. 9 REITG genannt. Gleichsam sind auch die neu eingeführten Regelungen zum Immobilienhandel nach § 14 REITG und zu den Finanzierungsvorgaben des REITG insgesamt zu restriktiv ausgestaltet. Die Festlegung des Mindesteigenkapitals in § 4 REITG ist nicht geeignet, die Gründung oder den Formwechsel in eine REIT-AG zu fördern. Und auch die zwingende Börsenzulassung nach § 10 REITG sollte aufgrund des wenig entwickelten Börsensegments für Immobilien überdacht werden, da aus der Notierung (derzeit) kein Informationsgewinn und damit keine Steigerung der Effizienz des Immobilienmarktes abgleitet werden kann. Korrespondierend entsprechen auch die Vorgaben zur Fremdfinanzierung nach § 15 REITG nicht den Anforderungen der Finanzierungsneutralität. Investoren erachten daher den REIT-Status nicht als ausreichend attraktiv und die Zulassungen bleiben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde in Kapitel 0 – unabhängig von der steuerlichen Beurteilung – herausgearbeitet, dass eine Steigerung der Attraktivität der REIT-AG nur durch Anpassung der bestehenden rechtsformbezogenen Restriktionen auf Basis der Prüfkriterien erreicht werden kann. Im Rahmen dieser Anpassungen werden insbesondere die Abschaffung der Reglementierung der Anteilseignerstruktur und der Rückgriff auf die Regelungen des WpHG vertreten. Gleichsam sind die zum einen betragsmäßig hohen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung, analog zur Aktiengesellschaft, abzusenken und zum anderen die zwingende Börsenzulassung der REIT-AG nach § 10 REITG abzuschaffen. Korrespondierend ist auch die Möglichkeit zur Fremdfinanzierung gesetzlich zu deregulieren und einer Marktsteuerung zu überlassen. Mit Blick auf die steuerliche Ausgestaltung ist festzuhalten, dass die geltenden gesetzlichen Regelungen des REITG keine transparente Besteuerung, sondern lediglich eine Steuerbefreiung auf Ebene der REIT-AG bewirken und den REIT-Aktionär durchgängig einer geringeren Steuerbelastung unterwerfen als den Direktanleger.752 Aufgrund des Trennungsprinzips erfolgt dezidiert keine tatbestandliche Zurechnung der originär von der REIT-AG erzielten Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG an die hinter der REIT-AG stehenden Aktionäre. Diese erzielen aufgrund der Anknüpfung an die zivilrechtliche Ausgestaltung der REIT-AG Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 19 Abs. 1 REITG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach Maßgabe der Regelungen der Abgeltungsteuer einer abweichenden steuerlichen Belastungswirkung unterliegen. Diese steuerliche Ausgestaltung des REITG konterkariert damit den Anspruch, eine gleichgelagerte steuerliche Belastung der direkten und indirekten Anleger herbeizuführen. In Kapitel 4.3 wurde aus steuerlicher Sicht herausgearbeitetet, dass eine REIT-AG de lege ferenda bei Qualifikation der Aktien als unbewegliches Vermögen und der Einordnung der Einkünfte unter solche aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG zu geringeren Verzerrungswirkungen und Belastungsunterschieden im Vergleich zur Direktanlage als unter der geltenden Rechtslage führt. Diese Ausgestaltung ist daher nach Meinung des Verfassers geeignet, die bestehende und verfassungsrechtlich bedenkliche Besserstellung der REIT-Aktionäre aufzuheben. Mit Beginn der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 – ausgelöst durch eine Preisblase am US-Immobilienmarkt – kurz nach Einführung der REIT-AG im Mai 2007753 verschob sich zum einen der Fokus der internationalen Anleger hin zu risikoarmen, nicht börsennotierten Anlagevehikeln. Zum anderen verschob sich auch die politische Agenda, die in den Vorjahren primär auf die Stärkung und Expansion des Wirtschaftsstandortes hingearbeitet hatte. In der Folge ging eine politische Marktfokussierung zugunsten einer Ausweitung der Regulierung des Immobilienmarktes einher mit einer Stärkung der Mieterrechte. Jüngste Beispiele sind hier die in Kapital 4.2.2.7 dargestellten Regelungen zur Mietpreisbremse und zur makroprudenziellen Überwachung von Immobilienkrediten. Vor dem Hintergrund der geringen Marktdurchdringung, die die REIT-AGs bislang erreichen konnten und mit Blick auf die derzeitige politische Priorisierung, die den Mieterschutz in den Vordergrund stellt, steht nicht zu erwarten, dass der Gesetzgeber die aufgezeigten rechtsformspezifischen Korrekturen des REITG zugrunsten der Attraktivität der REIT-AG, die am Markt ja als Vermieter von Immobilien auftritt, zeitnah aufgreifen und umsetzen wird. In Bezug auf die steuerlich vorgeschlagenen Anpassungen und die damit einhergehende Nivellierung der Belastungswirkungen beim Direktanleger im Vergleich zum REITAktionär steht jedoch – wie in Kapitel 4.3.5.3 aufgezeigt – zu erwarten, dass hier zumindest mittelfristig eine Anpassung durch Aufgabe der Abgeltungsteuer erreicht werden kann. Hierdurch würden zumindest Teile der im Rahmen dieser Arbeit verdeutlichten Anpassungen umgesetzt werden, indem steuerlich nicht vorbelastete Erträge wieder systemkonform in vollem Umfang auf Anteilseignerebene besteuert werden. Ob dies bereits ausreichend ist, um die Akzeptanz der G-REITs am Markt zu erhöhen, wird die Zukunft zeigen.
DOI:10.17192/z2017.0511