Entwicklung einer Erhebungsstrategie zur Erfassung von Übelkeit in der frühen postoperativen Phase

Postoperative Übelkeit und Erbrechen sind ein ernstzunehmendes Problem der Anästhesie. In Studien der vergangen Jahre wird eine Inzidenz von etwa 20-30% angegeben, wobei es hier eine große Varianz gibt. Häufig sind klinische Studien bezüglich der angegebenen Inzidenz mangels eines einheitlichen Erhe...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Rüddenklau, Moritz
Beteiligte: Eberhart, Leopold (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2016
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Postoperative Übelkeit und Erbrechen sind ein ernstzunehmendes Problem der Anästhesie. In Studien der vergangen Jahre wird eine Inzidenz von etwa 20-30% angegeben, wobei es hier eine große Varianz gibt. Häufig sind klinische Studien bezüglich der angegebenen Inzidenz mangels eines einheitlichen Erhebungsstandards für PONV nur schwer miteinander vergleichbar. Darüber hinaus ist die Problematik einer Erhebung von Übelkeit in der frühen postoperativen Phase bislang kaum untersucht worden. In den ersten zwei Stunden nach Operation und Anästhesie leiden viele Patienten neben Medikamentenüberhängen unter einem breiten Spektrum an Störungsbildern. Hierdurch ist es möglich, dass ihre Angaben in klinischen Erhebungen fehleranfällig sind, da sie möglicherweise nicht zwischen Übelkeit und der allgemein unangenehmen Situation differenzieren. Ziel dieser Studie war es, ein Messinstrument zu entwickeln, das den Anforderungen dieser frühen Phase entspricht und dort als Standard verwendet werden kann. Verglichen wurden eine nicht skalierte 100 mm visuelle Analogskala und eine Kombination aus einer binären ja/nein-Vorbefragung zum Vorhandensein von Übelkeit mit einer sich ggf. anschließenden 10-stufigen numerischen Ratingskala. Diese wurden hinsichtlich klinischer Anwendbarkeit und Spezifität verglichen. Als Nebenergebnis wurde untersucht, ob Faktoren wie Alter und Geschlecht Einfluss auf die Fehlerhäufigkeit haben und ob die Notwendigkeit einer antiemetischen Notfalltherapie als Zusatzkriterium für die Beurteilung des Vorliegens von Übelkeit geeignet ist. Für die Studie wurden postoperativ die Daten von 365 Patienten erhoben. Die Patienten wurden zufällig in zwei Gruppen unterteilt und an drei Zeitpunkten innerhalb der ersten zwei postoperativen Stunden zu ihrer Übelkeit befragt. Je nach Gruppe begann die Befragung mit der Kombination oder der VAS und wechselte mit jedem Zeitpunkt, sodass jeder Patient mindestens einmal mit jedem Instrument befragt wurde. Nach 24 Stunden erfolgte die retrospektive Befragung der Patienten mit der PONV Intensity Scale und der Simplified postoperative nausea impact scale zur Validierung der Messinstrumente. Es 60 wurden Kriterien für eine Positiv- und eine Negativgruppe für stattgehabte Übelkeit gebildet und die Patienten ihren Angaben entsprechend zugeteilt. Es zeigte sich, dass bei einem zunächst festgelegten Cut-Off-Wert die Kombinationsmethode gegenüber der VAS zu allen Messzeitpunkten signifikant höhere Spezifitätswerte erbrachte. Weiterhin war die Kombination leichter anzuwenden und verständlicher für die Patienten. Patienten der Negativgruppe, die ein- oder mehrmals oberhalb des gesetzten Cut-Off-Wertes in der VAS lagen, waren im Durchschnitt signifikant älter als die Referenzgruppe. Dies bestätigte Ergebnisse vorangegangener Studien. Das Geschlecht hatte keinen Einfluss auf die Fehlerhäufigkeit. Als geeignetes Zusatzkriterium für die Feststellung stattgehabter Übelkeit zeigte sich die Notwendigkeit einer antiemetischen Therapie im Befragungszeitraum. Die betroffenen Patienten litten stärker unter der Übelkeit als Patienten ohne entsprechenden Medikamentenbedarf und waren zum überwiegenden Teil der zuvor erarbeiteten Positivgruppe für stattgehabte Übelkeit zugeordnet. Dies ist aber nur als zusätzliches Kriterium geeignet, da ansonsten ein nicht unerheblicher Teil an Patienten mit Übelkeit übersehen würde. In einer zusätzlichen Untersuchung mit höheren Cut-Off-Werten waren die beiden getesteten Messinstrumente Kombination und VAS bezüglich der Spezifität gleichwertig. Insofern wurde geschlussfolgert, dass beide Instrumente zur Differenzierung stärkerer Übelkeit geeignet sind. Insgesamt erscheint die Kombinationsmethode in Verbindung mit dem Zusatzkriterium des Bedarfs antiemetischer Medikamente geeignet, zur Erfassung von Übelkeit in der frühen postoperativen Phase als standardisierte Erhebungsmethode in Studien und dem klinischen Alltag genutzt zu werden. Da durch das gewählte Studiendesign allerdings keine Bestimmung der Sensitivität der Methode möglich war, sollten diesbezüglich weitere Untersuchungen durchgeführt werden. In klinischen Studien empfiehlt sich weiterhin, eine zusätzliche retrospektive Befragung nach 24 Stunden anzugliedern, da die Kombination allein das komplexe Phänomen der Übelkeit nicht vollständig erfassen kann. Die Methode ist vielmehr als Hilfestellung für einen Zeitraum gedacht, der für die Erfassung ausgesprochen wichtig ist, in dem aber komplexe Erhebungen an ihre Grenzen stoßen.
Umfang:85 Seiten
DOI:10.17192/z2016.0434