An Eye on Numbers: The Processing of Numerical Information in the Context of Visual Perception

The capability of understanding and processing numerical information is a critical skill that allows humans to compare, calculate, judge and remember numbers and numerosities. Without this capability, countless processes in everyday life would be very hard to accomplish. This ranges from simple acti...

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Main Author: Hesse, Philipp Nikolaus
Contributors: Bremmer, Frank (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:English
Published: Philipps-Universität Marburg 2016
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!

Numerische Information zu verstehen und zu verarbeiten ist eine wichtige Fähigkeit, die es dem Menschen erlaubt, Zahlen und Mengen zu vergleichen, zu berechnen, zu beurteilen und zu erinnern. Ohne diese Fähigkeit wären unzählige Abläufe des Alltags nur sehr schwer möglich. Diese reichen von einfachen Tätigkeiten wie Würfelspielen bis hin zur Weiterentwicklung moderner Techniken wie Computer oder satellitenbasierte Navigation. Daher ist es wichtig, die neuronalen Prozesse, die der menschlichen Zahlenwahrnehmung zugrunde liegen, besser zu verstehen. Als einen Beitrag zu diesem sehr komplexen Forschungsgebiet habe ich mit Hilfe von psychophysikalischen Methoden und Elektroenzephalographie (EEG) drei Studien durchgeführt mit dem Ziel, die menschliche Zahlenwahrnehmung und die Verarbeitung numerischer Information besser zu verstehen. In den ersten beiden Studien untersuchte ich den Effekt der räumlich-numerischen Assoziation von Antworten (englisch: spatial numerical association of response codes, abgekürzt: SNARC). Dieser Effekt wird gemeinhin als Beleg für das Konzept des Mentalen Zahlenstrahls (englisch: mental number line, abgekürzt: MNL) gesehen, der wiederum eine Metapher für die Tatsache darstellt, dass Zahlen im menschlichen Gehirn auf einem mental vorgestellten Strahl organisiert sind, mit kleinen Zahlen auf der linken und großen Zahlen auf der rechten Seite. In meiner ersten Studie habe ich die Effektorabhängigkeit des SNARC-Effektes nachgewiesen, indem ich den SNARC-Effekt für drei unterschiedliche Antwortarten (Effektoren) gemessen habe: Zweihändige Finger-Antworten, Arm-Zeige-Antworten und sakkadische Antworten. In meiner zweiten Studie habe ich gezeigt, dass das Konzept des Mentalen Zahlenstrahls zu einer frontoparallelen Mentalen Zahlenebene erweitert werden kann, auf der kleine Zahlen links und unten und große Zahlen rechts und oben repräsentiert sind. Dazu habe ich den SNARC-Effekt auf den beiden kardinalen Achsen (horizontal und vertikal), sowie auf den beiden diagonalen Achsen jeweils an denselben Probanden untersucht. Diese Untersuchungsmethode erlaubte es mir zu folgern, dass die Stärke des SNARC-Effektes entlang der diagonalen Achsen als Linearkombination der Stärke des SNARC-Effektes entlang der kardinalen Achsen beschrieben werden kann. In dieser zweiten Studie habe ich darüber hinaus den SNARC-Effekt auch in zwei verschiedenen sensorischen Modalitäten (visuell präsentierte arabische Ziffern und gesprochene Zahlenwörter) gemessen. Der Vergleich des durch diese beiden Modalitäten erzeugten SNARC-Effektes hat gezeigt, dass die Stärke des SNARC-Effektes auch von der Präsentationsart der Zahlen abhängt. Basierend auf den Ergebnissen meiner ersten beiden Studien habe ich die Existenz eines verteilten „SNARC-Netzwerkes“ im menschlichen Gehirn postuliert. Demzufolge würde der SNARC-Effekt in einem zentralen Zahlen-Abschnitt (englisch: central number stage, abgekürzt: CNS) als Konsequenz der Verknüpfung von Zahlen und Raum im menschlichen Gehirn (wie z.B. durch den Mentalen Zahlenstrahl beschrieben) erzeugt. Allerdings würde der SNARC-Effekt zusätzlich durch andere, frühe, modalitätsabhängige oder späte, effektorabhängige Verarbeitungsabschnitte moduliert. Ich stelle die Hypothese auf, dass diese Abschnitte zwar den SNARC-Effekt, nicht aber die Verbindung zwischen Zahlen und Raum an sich modulieren. Meine ersten beiden Studien, die den SNARC-Effekt untersucht haben, basierten auf abstrakten Zahlen, die im sogenannten Ungefähren Zahlen System (englisch: approximate number system, abgekürzt: ANS) repräsentiert sind. Es ist bekannt, dass zusätzlich zur Zahlenverarbeitung im ANS das menschliche Gehirn fähig ist, sehr kleine Anzahlen (bis zu vier) nahezu instantan wahrzunehmen. Dieses Phänomen wird Subitizing genannt. Frühere Studien haben gezeigt, dass, obwohl diese Wahrnehmung sehr schnell ist, sie dennoch durch zusätzliche Aufmerksamkeitsaufgaben beeinflusst werden kann (Railo et al., 2008; Olivers & Watson, 2008; Anobile et al., 2012). In meiner dritten Studie habe ich die neuronale Grundlage der numerischen Informationsverarbeitung nichtinvasiv mittels EEG und einem Effekt, der als visuelle Mismatch Negativity bezeichnet wird, untersucht, um herauszufinden, ob die Verarbeitung numerischer Information in diesem Subitizing-Bereich prä-attentiv erfolgt. In meinem Experiment präsentierte ich in schneller Abfolge Stimuli, bestehend aus ein, zwei oder drei Kreisen. Um sicher zu gehen, dass wirklich die Anzahl als relevante Größe verarbeitet wurde, habe ich die Stimuli für niedrigschwellige visuelle Eigenschaften (wie Luminanz und individuelle Kreisgröße) variiert. Während die Probanden mit einer schwierigen visuellen Detektions-Aufgabe beschäftigt waren, wurden Veränderungen in der Anzahl der gezeigten Kreise (Standard oder Abweichung) prä-attentiv verarbeitet. Das Ergebnis meiner Studie bietet einen weiteren Hinweis für die Idee, dass Anzahlen im kleinen (Subitizing-) Bereich tatsächlich prä-attentiv verarbeitet werden. Zusammengefasst habe ich in meiner Dissertation gezeigt, dass der Mentale Zahlenstrahl zu einer frontoparallelen Zahlenebene erweitert werden kann, möglicherweise sogar zu einem dreidimensionalen Mentalen-Zahlen-Raum. Des Weiteren belegte ich die Abhängigkeit des SNARC-Effektes sowohl von der sensorischen Modalität als auch von der Antwortart, was die Existenz eines verteilten SNARC-Netzwerks im Gehirn nahelegt. Schlussendlich fand ich Hinweise dafür, dass die Verarbeitung von kleinen Anzahlen im Subitizing-Bereich prä-attentiv sein könnte.