Transkulturelle Aspekte der Psychotherapie: Psychotherapiemotivation und die Erfassung von Depressivität bei Patienten mit Migrationshintergrund
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit Fragestellungen der transkulturellen klinischen Psychologie. Zu den Bereichen messtheoretische Grundlagen, kulturvergleichende Studien sowie psychische Gesundheit von Migranten wird jeweils eine Studie durchgeführt. Alle Studien fokussieren auf türki...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2015
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Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit Fragestellungen der transkulturellen klinischen Psychologie. Zu den Bereichen messtheoretische Grundlagen, kulturvergleichende Studien sowie psychische Gesundheit von Migranten wird jeweils eine Studie durchgeführt. Alle Studien fokussieren auf türkische Migranten, die in Deutschland mit 17,6% aller Migranten die größte ethnische Minderheit darstellen.
Die erste Studie beschäftigt sich mit der kultur- und sprachübergreifenden Vergleichbarkeit des PHQ-9, einer der weltweit am häufigsten verwendeten Depressionsfragebögen. Mit Hilfe von Modellen der Item Response Theory wird überprüft, ob die Werte der deutschen und türkischen Versionen des PHQ-9 zwischen türkischen Migranten und Menschen ohne Migrationshintergrund vergleichbar sind. Zu diesem Zwecke werden Daten aus vorhergehenden Untersuchungen zusammengeführt und reanalysiert. Die Analysen zeigen, dass zwar Gruppenunterschiede in der Funktionsweise einzelner Items bestehen, dass diese aber keinen bedeutsamen Einfluss auf Skalenebene haben. Folglich sind die Summenwerte des PHQ-9 zwischen türkischen Migranten und Menschen ohne Migrationshintergrund voll vergleichbar – unabhängig davon, ob die türkische oder die deutsche Version des PHQ-9 verwendet wird.
Die zweite und dritte Studie befassen sich mit dem Thema Psychotherapiemotivation. Dies ist von besonderer Bedeutung, da in der psychotherapeutischen Behandlung von Patienten mit türkischem Migrationshintergrund wiederholt von Schwierigkeiten berichtet wurde. Folglich werden diese Studien an klinischen Stichproben von Patienten in stationärer Behandlung mit einer vorrangigen depressiven, somatoformen, Angst- oder Anpassungsstörung durchgeführt. Studie II untersucht Psychotherapiemotivation und Krankheitsüberzeugungen im Vergleich zwischen Patienten mit türkischem Migrationshintergrund und Patienten ohne Migrationshintergrund. Die Ergebnisse zeigen, dass Psychotherapiemotivation und internale Kontrollüberzeugungen bei türkischen Migranten geringer ausgeprägt sind, während fatalistisch-externale Kontrollüberzeugungen sowie der Glaube an fatalistische und übernatürliche Krankheitsursachen stärker ausgeprägt sind als in der Vergleichsgruppe. Auf diese Befunde aufbauend wird in einer dritten Studie eine kulturell angepasste Intervention entwickelt, die die Psychotherapiemotivation von Patienten mit türkischem Migrationshintergrund zu Beginn der Behandlung steigern soll. Die Intervention nutzt Prinzipien des Motivational Interviewing und des Ethnographic Interviewing und setzt diese web-basiert um. In einer randomisiert-kontrollierten Pilotstudie werden Akzeptanz, Machbarkeit und Nützlichkeit der Intervention bei Patienten mit türkischem Migrationshintergrund untersucht. Im Vergleich mit der Kontrollbedingung (web-basierte progressive Muskelentspannung) erhält die motivationssteigernde Intervention eine positivere Gesamtbewertung und die Patienten geben an, sich besser auf die Therapie vorbereitet zu fühlen. Bei den Patienten, die mit der motivationssteigernden Intervention arbeiten, steigt im Prä-Post-Vergleich die Selbstwirksamkeit an, während gleichzeitig ein Rückgang external-fatalistischer Kontrollüberzeugungen zu beobachten ist.
Die vorliegende Dissertation liefert durch methodisch vielfältige Studien einige neue Erkenntnisse zu transkulturellen Aspekten der klinischen Psychologie. Besonders wichtig sind dabei der Beitrag zur interkulturellen Validierung des PHQ-9 sowie vielversprechende Ansätze zur Steigerung der Psychotherapiemotivation türkischer Migranten. |
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DOI: | 10.17192/z2016.0180 |