Vergleich der automatischen Auswertung von Polysomnographien von Patienten mit REM Schlaf-Verhaltensstörung und Polysomnographien von Patienten mit differenzial-diagnostisch relevanten Diagnosen (Schlafwandeln, Restless Legs Syndrom, obstruktive Schlafapnoe) zur Beurteilung der Sensitivität und Spezifität der Methode

Das menschliche Bewusstsein besteht im Wesentlichen aus drei Zuständen. Wachen, NREM-Schlaf und REM („rapid eye movement“)-Schlaf. Diese drei Zustände sind durch eine Reihe von Einflüssen, insbesondere durch das zentrale Nervensystem kom-plex reguliert. Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) ist ein...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Guttowski, Dario
Beteiligte: Mayer, Geert (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2015
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das menschliche Bewusstsein besteht im Wesentlichen aus drei Zuständen. Wachen, NREM-Schlaf und REM („rapid eye movement“)-Schlaf. Diese drei Zustände sind durch eine Reihe von Einflüssen, insbesondere durch das zentrale Nervensystem kom-plex reguliert. Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) ist eine von über 80 in der Internationalen Klassifikation von Schlafstörungen (ICSD-3, 2014) beschriebenen Stö-rungen. Kardinalsymptom ist das Auftreten von nächtlichen abnormalen Verhaltensweisen, sowie messbaren Muskeltonuserhöhungen im REM-Schlaf. Aktuell wird davon ausgegangen, dass RBD Patienten ihre Träume ausagieren. Oftmals handelt es sich um aggressive Trauminhalte, wie Angriffe, Verfolgungen oder Bedrohungen des Individuums durch Tiere oder unbekannte Personen. Auch Vokalisationen wie Reden, Schreien, Lachen, etc. sind möglich. Ernsthafte Verletzungen, sowie Schlafunterbrechungen können die Folge sein. Epidemiologische Daten zur Prävalenz und Inzidenz der RBD sind aktuell unzu-reichend. Ätiologisch kann zwischen einer idiopathischen und sekundären Form im Rahmen von neurodegenerativen Erkrankungen, Medikamenten assoziiert, sowie bei Alkoholkonsum unterschieden werden. Die Tatsache, dass RBD mit α-Synukleinopathien wie der Parkinson-Krankheit, der Demenz vom Lewy-Körper-Typ oder der Multisystematrophie assoziiert sein kann, hat zu einer starken Zunahme des Forschungsinteresses in den letzten Jahren geführt. Ergebnisse aus Studien zur Entwicklung von neuroprotektiven respektive krankheitsmodifizierenden Therapien müssen abgewartet werden. Von herausragender Bedeutung ist deshalb eine sichere und effiziente Diagnostik. Die elektromyographisch messbare intermittierende Muskeltonuserhöhung, bzw. der Verlust der Muskelatonie im REM-Schlaf, sind Charakteristika der RBD und werden in Kombination mit der Dokumentation der pathologischen Verhaltensweisen in der Videoaudio-Polysomnographie zur Diagnostik verwendet. Die Quantifizierung des EMG-Tonus ist komplex und bisher nicht einheitlich geregelt. Zusätzlich findet die Auswertung zeitintensiv von Hand statt. Deshalb besteht enormes Interesse an der Entwicklung eines validen computergestützten EMG-Analyseverfahrens. In den letzten Jahren wurden verschiedene Verfahren zur Quantifizierung von motori-schen Aktivierungen vorgeschlagen. (Consens et al., 2005), (Bliwise et al., 2006), (Frauscher et al., 2012) Derzeit gibt es hierfür jedoch keine einheitlichen „Cut-Off“-Werte. In der Definition der ICSD-2 wird lediglich von einer „exzessiven Muskelaktivität“ gesprochen. (American Academy of Sleep Medicine, 2005) In dieser Studie wurde die automatische EMG-Analyse (Mayer et al., 2008) von Poly-somnographien von RBD (n=20), Schlafwandeln/Pavor nocturnus (n=10), RLS (n=10) und OSAS (n=10) Patienten untersucht, um die Methode zu validieren und Sensitivität und Spezifität der Methode zu bestimmen. Hierfür wurde anhand der EMG-Ableitungen des M. mentalis, M. flexor digitorum superficialis bds.(FDS)* und des M. tibialis anterior bds. (TA) unter Berechnung der SMI & LMI Werte mittels der Software EDFTrace (Schlaflabor Marburg), entsprechende „Cut-off“ Werte bestimmt. Für die M. mentalis Ableitung konnte nach der Methode (SMI & LMI) (Mayer et al., 2008) eine Sensitivität von 72,5% bei einer Spezifität von 86,7% berechnet werden. Als „Cut-off“ Werte für die M. mentalis Ableitung wurde entsprechend ein SMI von 90,1 /hREM und ein LMI von 43,1 /hREM ermittelt. (AUC 0,819, p 0,002) Für die TA Ableitung ergab sich eine Sensitivität von 65% bei einer Spezifität von 63,3%. Für die Summe der beiden TA Ableitungen wurden „Cut-off“ Werte für den SMI von 323,0 /hREM und den LMI von 133,5 /hREM ermittelt. (AUC 0,628, p 0,051) Die FDS* Ableitung erreichte eine Sensitivität von 65% bei einer Spezifität von 95%. „Cut-off“ Werte für die Summe der beiden FDS Ableitungen sind für den SMI 124,3 /hREM und den LMI 50,1 /hREM. (AUC 0,771, p 0,017) Als zusätzliche Validierung des Algorithmus wurde die Übereinstimmung der automatischen Analyse mit der von Hand ausgewerteten synchronisierten Video-PSG ermittelt. Es zeigte sich eine durchschnittliche prozentuale Übereinstimmung der automatischen Analyse mit der handgescorten Analyse von 77% für die RBD Patienten. Dies erscheint ein guter Wert zu sein, da Bewegungen beispielweise des Rumpfes theoretisch ohne Aktivierung der fünf untersuchten Muskelableitungen auftreten können. In Hinblick auf die Sensitivität und Spezifität wurden insbesondere für die M. mentalis und FDS EMG Ableitungen vielversprechende Ergebnisse gefunden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich hierbei um eine gangbare Methode handelt, die nicht-invasiv die Möglichkeit bietet, die oft schwierige Diagnose der REM-Schlaf-Verhaltensstörung mit entsprechender Sicherheit zu stellen und diese gegen die genannten Differenzialdiagnosen abzugrenzen. Hierfür ist lediglich die routinemäßig erfasste vPSG-(incl. FDS Ableitung) erforderlich, die mittels der automatischen Analyse zeitsparend ausgewertet werden kann. Für eine erfolgreiche Etablierung der Methode, sollten die „Cut-off“ Werte ggf. an größeren Studienpopulationen weiter nachgeprüft werden.
DOI:10.17192/z2015.0521