Chinesische und indische Direktinvestitionen in Deutschland - Muster, Auswirkungen und Reaktionen in globalen Produktionsnetzwerken

Seit den 1970er Jahren liegt das Wirtschaftswachstum in einigen Ländern mit geringem Pro-Kopf-Einkommen deutlich über dem Wachstum in Industriestaaten. Aus diesen als Emerging Markets benannten Ländern investieren Unternehmen (Emerging Market Firms / EMFs) zunehmend im Ausland. EMFs werden zwar als...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bollhorn, Kai
Beteiligte: Franz, Martin (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2015
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Seit den 1970er Jahren liegt das Wirtschaftswachstum in einigen Ländern mit geringem Pro-Kopf-Einkommen deutlich über dem Wachstum in Industriestaaten. Aus diesen als Emerging Markets benannten Ländern investieren Unternehmen (Emerging Market Firms / EMFs) zunehmend im Ausland. EMFs werden zwar als neue Determinante der Globalisierung der Wirtschaft anerkannt, es gibt aber bislang nur wenige Untersuchungen dieses Phänomens. Zudem stehen sich Akteure mit befürwortenden und ablehnenden Haltungen gegenüber. Diesen Akteuren fehlt eine empirische Grundlage, um faktenbasiert über die Folgen der Investitionen von EMFs zu diskutieren. Chinesische und indische Unternehmen sind wesentliche Vertreter der EMFs und investieren in zunehmendem Maße auch in Deutschland. Innerhalb dieser Arbeit werden Investitionen aus diesen Herkunftsländern in dieses Zielland analysiert, um EMFs exemplarisch zu untersuchen und die Eigenschaften der Unternehmen sowie die Folgen der Investitionen konzeptionell einzuordnen. Dafür wird der Ansatz der Globalen Produktionsnetzwerke (GPN) als Rahmen genutzt und die Kategorien Wert, Macht und Einbettung des Ansatzes um Theorien aus Nachbardisziplinen erweitert. EMFs werden innerhalb der Arbeit als die agierenden Organisationen angesehen, deren Handlungen Einfluss auf im Zielland vorhandene Stakeholder haben. Im Fokus stehen übernommene Unternehmen sowie deren Kunden, Zulieferer und Konkurrenten sowie Arbeitnehmer. Die in der Empirie untersuchten ökonomischen Entwicklungen werden aus einer relationalen Perspektive betrachtet. Die empirischen Instrumente sind daher darauf ausgelegt, Pfadabhängigkeiten ebenso wie nicht-rationale Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Die vorliegende Arbeit baut auf bestehenden Veröffentlichungen auf, in denen die Gründe von EMFs für ausländische Direktinvestitionen (ADI) verallgemeinert dargestellt werden oder Ergebnisse zu den Auswirkungen nach einem Zusammenschluss oder einer Akquisition (Merger & Acquisition / M&A) auf geringen Fallzahlen basieren und nicht konzeptionell eingeordnet werden. In bestehenden Veröffentlichungen werden überwiegend negative Folgen der Investitionen herausgestellt. In den für diese Arbeit durchgeführten empirischen Erhebungen werden die bestehenden Ergebnisse geprüft und innerhalb des erweiterten GPN-Ansatzes konzeptionalisiert. Die deskriptiv-statistische Analyse chinesischer und indischer Unternehmen mit Beteiligungen in Deutschland ergibt, dass sie als heterogene Akteure gesehen werden müssen. Die Unternehmen verteilen sich unterschiedlich auf Wirtschaftszweige und wählen je nach Ziel und Größe der Unternehmen entweder eine Greenfield- oder Brownfield-Investition. Bestehende, zusammenfassende Bezeichnungen werden der identifizierten Heterogenität nicht gerecht. Solche Fälle, in denen ein bestehendes deutsches Unternehmen übernommen wurde, werden durch qualitative Interviews detailliert untersucht und die Auswirkungen und Reaktionen exemplarisch vorgestellt. Es wird aufgezeigt, dass ein erweiterter GPN-Ansatz genutzt werden kann, um die Gründe für eine Internationalisierung über Akquisen ebenso zu entwickeln, wie die zu erwartenden Auswirkungen. Es wird erarbeitet, dass gegensätzliche Ausprägungen in den Kategorien Wert und Macht auf Seiten des kaufenden und akquirierten Unternehmens keine direkten negativen Auswirkungen für die übernommenen Unternehmen bedeuten. Unterstützt wird dieses auf harten Faktoren basierende Ergebnis – wie geringe Qualität auf Seiten des kaufenden Unternehmens – durch die Bedeutung der Einbettung. Eine fehlende räumliche Einbettung der EMFs in Europa führt ebenso wie die fehlende Einbettung in Netzwerke und ein fehlendes Verständnis für die gesellschaftliche Einbettung dazu, dass die Auswirkungen für übernommene Unternehmen nicht negativ sind. Die drei Kategorien erlauben somit die Entwicklung einer differenzierten – nicht generalisierenden – Betrachtung, in der eine kontingente Sichtweise eingenommen wird. Unter Berücksichtigung der Governance-Form der Kunden- und Zulieferbeziehungen werden in der Arbeit außerdem spezifische Auswirkungen und Reaktionen der im Produktionsprozess vor- und nachgelagerten Unternehmen der Wertkette untersucht und konzeptualisiert. Mit dem ergänzten GPN-Ansatz ist zusammenfassend ein theoretisches Instrument entwickelt worden, welches genutzt werden kann, um die Eigenschaften und die Internationalisierung von EMFs sowie die Auswirkungen dieser ADI auf die Wertketten von Unternehmen in Industriestaaten zu untersuchen.
DOI:10.17192/z2015.0368