Müdigkeit nach Bereitschaftsdienst - subjektive Wahrnehmung oder objektives Faktum?

Einleitung Die Auswirkungen von akutem Schlafmangel auf die chirurgische Leistungsfähigkeit werden kontrovers diskutiert. Die vorliegende Studie wurde konzipiert, um physiologische Parameter der Übermüdung mit objektiven, technischen und kognitiven Fähigkeiten und mit subjektiv empfundener Schläfri...

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Main Author: Kupietz, Eva Anna
Contributors: Schlosser, Katja (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2015
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Summary:Einleitung Die Auswirkungen von akutem Schlafmangel auf die chirurgische Leistungsfähigkeit werden kontrovers diskutiert. Die vorliegende Studie wurde konzipiert, um physiologische Parameter der Übermüdung mit objektiven, technischen und kognitiven Fähigkeiten und mit subjektiv empfundener Schläfrigkeit von Chirurgen zu korrelieren. Ziel dieser Studie war es, Auswirkungen eines akuten partiellen Schlafdefizits auf chirurgische Leistungen zu untersuchen. Methoden 38 Chirurgen wurden am Morgen dreier aufeinanderfolgender Tage untersucht: vor einem 24 stündigen Nachtdienst, nach einem Nachtdienst und nach 24 stündiger Erholung. Die jeweilige Schlafdauer wurde erfasst. Die subjektive Schläfrigkeit wurde mit Hilfe der standardisierten Stanford Sleepiness Scale (SSS) gemessen. Die Cortisolkonzentration im Speichel und der Pupillenunruheindex wurden mittels der standardisierten ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) Untersuchung sowie der Pupillographie, als objektivierbare physiologische Parameter für Ermüdung, gemessen. Der virtuelle Realitäts (VR) Simulator LapSim® wurde zur Messung von technischen sowie von kognitiven Fähigkeiten verwendet. Basisaufgaben („low fidelity“) wie „Schneiden“ und „Clip-Applikation“ dienten zur Beurteilung von technischen Fähigkeiten. Anspruchsvollere Aufgaben am VR Simulator („high fidelity“) wie „intrakorporales Nähen“ und „VR Cholezystektomie“ untersuchten die kognitiven Fähigkeiten. Die objektive Aufmerksamkeit wurde mit Hilfe des standardisierten D2 Durchstreichtests ermittelt. Ergebnisse Die Schlafdauer (p = 0,001) und die subjektive Schläfrigkeit (SSS) (p = 0,001) verschlechterten sich signifikant nach dem Nachtdienst. Weder der Cortisolspiegel im Speichel (p = 0,80) noch der Pupillenunruheindex (p = 0,64) oder die technische Leistung in den Basisaufgaben des VR Simulators zeigten einen signifikanten Unterschied zwischen den einzelnen Messzeitpunkten. Interessanterweise konnte eine signifikante Verbesserung in den anspruchsvolleren Aufgaben des VR Simulators zum Zeitpunkt nach dem Nachtdienst dargestellt werden. Diese war insbesondere in den Einzelanalysen „Fehlerscore“ (p = 0,045), „Durchführungszeit“ (p = 0,0001) und „Ökonomie der Instrumentenbewegung“ (p = 0,0001) nachweisbar. Analog dazu verbesserte sich die objektive Aufmerksamkeit, gemessen mit dem D2 Durchstreichtest (p = 0,027), zum Messzeitpunkt nach dem Nachtdienst ebenfalls signifikant. Schlussfolgerung Akute, mit dem Nachtdienst assoziierte Übermüdung scheint größtenteils eine subjektive Empfindung zu sein. Physiologische Faktoren scheinen die zu erwartende Müdigkeits assoziierte Beeinträchtigung von technischer Leistung in den Basisaufgaben des VR Simulators auszugleichen. Akuter, partieller Schlafmangel scheint einen kurzzeitigen positiven Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten von Chirurgen zu haben. Dies führt zu verbesserten technischen Leistungen und gesteigerter objektiver Aufmerksamkeit bei der Ausführung komplexer Aufgaben. Ausblick in die Zukunft Trotz der kontroversen Datenlage bezüglich der Auswirkungen von Schlafmangel nach 24 stündigem Nachtdienst ist von einer Beeinträchtigung der ärztlichen Funktionsfähigkeit auszugehen. Die Arbeitszeitlimitierung ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der ärztlichen Arbeitssituation und zur Gewährleistung einer sicheren Patientenversorgung. Dennoch bedarf es weiterer Studien auf diesem Gebiet, um die Effekte von Schlafmangel zu spezifizieren und dadurch die bereits vorhandenen Regelungen optimieren zu können.
DOI:10.17192/z2015.0330