Funktionelle Defekte der humanen Proteine ISCA1, ISCA2 und IBA57 beeinträchtigen die Reifung mitochondrialer Fe/S-Proteine und führen zu mitochondrialen Erkrankungen

Eisen-Schwefel- (Fe/S-) Cluster sind anorganische Proteinkofaktoren und für das Leben essenziell. Diese Kofaktoren üben in der Zelle verschiedenste Funktionen aus. Manche Fe/S-Cluster vermitteln den Transport von Elektronen, andere werden für die Katalyse enzymatischer Reaktionen benötigt. Es gibt F...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Stümpfig, Claudia
Beteiligte: Lill, Roland (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2015
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Eisen-Schwefel- (Fe/S-) Cluster sind anorganische Proteinkofaktoren und für das Leben essenziell. Diese Kofaktoren üben in der Zelle verschiedenste Funktionen aus. Manche Fe/S-Cluster vermitteln den Transport von Elektronen, andere werden für die Katalyse enzymatischer Reaktionen benötigt. Es gibt Fe/S-Proteine, die als Sauerstoffsensoren agieren oder an der Regulation der Genexpression bestimmter Proteine beteiligt sind. Außerdem spielen Fe/S-Cluster eine entscheidende Rolle für die Stabilität mancher Proteine. Die Synthese aller zellulären Fe/S-Proteine unterliegt einem komplexen, hochkonservierten Mechanismus und ist abhängig von den Mitochondrien. In diesem Organell ist die Fe/S-Cluster- (ISC) Assemblierungsmaschinerie lokalisiert. Der zentrale Teil der ISC-Assemblierungs-maschinerie wird für die Biogenese mitochondrialer [2Fe-2S]-Proteine und aller cytosolischen/nukleären Fe/S-Proteine benötigt. Für die Reifung mitochondrialer [4Fe-4S]-Proteine sind weitere ISC-Mitglieder erforderlich. Zu diesen spät-agierenden Faktoren gehören u.a. die sogenannten A-Typ Proteine und das Protein Iba57. Die Funktion dieser Proteine konnte durch diverse Studien in Bakterien und Hefe aufgeklärt werden. Zu ihren humanen Homologen, den A-Typ Proteinen ISCA1 und ISCA2, sowie IBA57 lagen hingegen zu Beginn dieser Arbeit kaum funktionelle Untersuchungen vor. Die vorliegende Arbeit hatte daher als erstes Ziel, die Rolle der humanen Proteine ISCA1, ISCA2 und IBA57 für die zelluläre Fe/S-Proteinbiogenese aufzuklären. Hierfür wurden die drei Proteine in humaner Zellkultur depletiert und der jeweilige Depletionsphänotyp biochemisch und molekularbiologisch untersucht. Es zeigte sich, dass alle drei Proteine ausschließlich an der Reifung mitochondrialer [4Fe-4S]-Proteine beteiligt sind. Im Gegensatz dazu spielen sie keine Rolle für die Maturierung mitochondrialer [2Fe-2S]-Proteine und cytosolischer/nukleärer Fe/S-Proteine. Damit konnte die konservierte Funktion der ISCA Proteine und des IBA57 Proteins in der mitochondrialen [4Fe-4S]-Proteinbiogenese bestätigt werden. Als zweites Projekt dieser Arbeit wurden zwei verschiedene Mutationen im IBA57-Gen untersucht, die zu zwei unterschiedlichen Krankheitsbildern im Menschen führten. So war im ersten Fall das Krankheitsbild durch eine schwere Form der Myopathie und Enzephalopathie gekennzeichnet, die nach der Geburt zum baldigen Tode führte. Im zweiten Fall litten die Patienten an einer besonderen Form der erblichen spastischen Paraplegie, die mit optischer Atrophie und peripherer Neuropathie einhergeht, genannt SPOAN. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden zunächst die jeweiligen Mutationen in IBA57 hinsichtlich ihres Einflusses auf die Expression des Proteins analysiert. Im Krankheitsfall 1 zeigte sich, dass eine Punktmutation in IBA57 zu einem nahezu vollständigen Verlust des Proteins führte. Im Krankheitsfall 2 hingegen bewirkte eine Spleißmutation in IBA57 die Bildung eines anormalen, verkürzten Spleißprodukts, welches nicht translatiert wurde. Zusätzlich verblieb eine gewisse Menge des normalen IBA57-Spleißprodukts, was zu einer geringfügigen Proteinmenge in den Patientenzellen führte. Im Anschluss an die molekulargenetischen Untersuchungen wurde der biochemische Phänotyp der Patientenzellen untersucht. Hierdurch sollte die Frage beantwortet werden, ob Mutationen in IBA57 ursächlich für die beschriebenen Krankheitsbilder sein können. Durch Analyse von Patientenmaterial zeigte sich in beiden Fällen, dass die Reifung mitochondrialer [4Fe-4S]-Proteine gestört war, wohingegen die Maturierung mitochondrialer [2Fe-2S]-Proteine und cytosolischer/nukleärer Fe/S-Proteine normal verlief. Dabei wiesen Patientenzellen der Gruppe 1, die nahezu kein IBA57 Protein besaßen, eine stärkere Beeinträchtigung der Fe/S-Proteinbiogenese auf als Zellen der Gruppe 2. Der biochemische Phänotyp in IBA57-defizienten Patientenzellen deckt sich mit den funktionellen Daten, die durch Depletion von IBA57 im Modellorganismus Hefe oder in humaner Zellkultur gewonnen wurden. Daher ist davon auszugehen, dass die identifizierten Mutationen in IBA57 tatsächlich ursächlich für die zwei vorliegenden Krankheitsbilder sind. Die graduellen biochemischen Unterschiede sind sehr wahrscheinlich auf die unterschiedlichen IBA57-Proteinlevel in beiden Patientengruppen zurückzuführen. Dieser Expressionsunterschied spielt womöglich eine Rolle für die Entwicklung zweier so unterschiedlicher klinischer Erscheinungsbilder. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die drei humanen ISC-Faktoren ISCA1, ISCA2 und IBA57 essenziell für die Reifung mitochondrialer [4Fe-4S]-Proteine sind. Ihre Rolle als spät-agierende ISC-Assemblierungsfaktoren ist demnach von Bakterien bis hin zum Menschen konserviert. Darüber hinaus konnte die in Modellsystemen postulierte Funktion von IBA57 durch Untersuchungen an IBA57-defizienten Patientenzellen bestätigt werden.
DOI:10.17192/z2015.0158