Aufreinigung und Charakterisierung der RNase P in Aquifex aeolicus

Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit bestand darin, die Ribonuklease P (RNase P) in dem hyperthermophilen Bakterium Aquifex aeolicus mittels eines biochemischen Ansatzes zu identifizieren und zu charakterisieren. Die phylogenetische Einordnung der Gattung Aquifex ist bis heute nicht eindeutig gekl...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Nickel, Astrid Ingeborg
Beteiligte: Hartmann, Roland K. (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2014
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit bestand darin, die Ribonuklease P (RNase P) in dem hyperthermophilen Bakterium Aquifex aeolicus mittels eines biochemischen Ansatzes zu identifizieren und zu charakterisieren. Die phylogenetische Einordnung der Gattung Aquifex ist bis heute nicht eindeutig geklärt und bioinformatische Analysen des A. aeolicus-Genoms führten nicht zur Identifizierung von Genen für RNase P-Komponenten. Folglich gestaltete sich die Etablierung einer Aufreinigungs-Methode schwierig, da über die Biochemie der A. aeolicus RNase P nichts bekannt war. Trotz der schwierigen Ausgangssituation ist es in der vorliegenden Arbeit gelungen, eine semi-präparative native Aufreinigungsmethode zu etablieren, die wie angestrebt sowohl effizient als auch reproduzierbar ist. Die Methode besteht aus drei sukzessiven Aufreinigungsschritten, in denen nach Ladung, Hydrophobizität und Größe getrennt wird. Dadurch konnte die RNase P-Aktivität stark angereichert und ein Großteil der Zellkomponenten abgetrennt werden. Anschließend wurde ein Protokoll entwickelt, mit dem aus den hochaufgereinigten RNase P-aktiven Proben eine separate Extraktion funktioneller Gesamt-RNA und Gesamt-Protein gelang. Aus diesen RNA- und Protein-Präparationen konnten erstmals RNase P-aktive Holoenzyme von A. aeolicus in vitro rekonstituiert werden. Die Rekonstitutionsexperimente belegen eindeutig, dass sowohl eine RNA- als auch eine Protein-Komponente für die RNase P-Aktivität in A. aeolicus essenziell ist. Zu Beginn der Arbeit, als die Holoenzymrekonstitution noch nicht entwickelt war, wurde eine vermeintliche P RNA, die von einer bioinformatischen Expertengruppe (Prof. I. Hofacker, Universität Wien) als A. aeolicus P RNA vorhergesagt wurde, getestet und auf experimenteller Basis als RNase P-Komponente ausgeschlossen. Ausführliche kinetische Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf eine Beteiligung der vorgeschlagenen RNAVariante an der 5´-Prozessierung von Prä-tRNAs. Zudem war die RNA in RNA-Seq- Bibliotheken praktisch nicht repräsentiert, was gegen ihre Expression spricht. Zur Ordnung der Aquificales gehören drei Familien: die Desulfurobacteriaceae, die Hydrogenothermaceae und die Aquificaceae. Bislang wurden RNase P-Enzyme nur in den sequenzierten Spezies der Desulfurobacteriaceae und der Hydrogenothermaceae gefunden, nicht aber in der Familie der Aquificaceae, zu denen auch A. aeolicus gehört. Da der Nachweis von RNase P-Aktivität in Zellfraktionen von A. aeolicus gelang, bioinformatisch jedoch weder ein bakterientypisches Gen für die RNA- noch für die Protein-Untereinheit der RNase P gefunden werden konnte, handelt es sich bei dem Enzym in diesem Bakterium mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine unkonventionelle Form der RNase P. Folglich wurde in den RNase P-angereicherten Fraktionen besonders nach Komponenten gesucht, die ausschließlich in Aquificaceae, nicht aber in den beiden anderen Familien der Aquificales vorkommen. Bei der RNA-Seq-Analyse von RNA-Extrakten, die auf RNase P-Aktivität angereichert worden waren, konnten zwei RNA-Transkripte identifiziert werden, die diesem Kriterium entsprechen. Die bioinformatische Analyse ergab, dass diese RNA-Varianten nur in - wenn auch nicht in allen - Aquificaceae-Spezies vorkommen, nicht aber in anderen Aquificales. Faltungsvorhersagen dieser RNAs ließen jedoch keine markanten strukturellen Ähnlichkeiten zu klassischen bakteriellen RNase P RNAs erkennen. Die RNA-Seq-Analyse zeigte zudem, dass parallel zur RNase P-Aktivität eine Anreicherung der 6S RNA und der 16S rRNA stattfindet. Die Anreicherung der 16S rRNA deutet auf eine Assoziation der RNase P mit der kleinen ribosomalen Untereinheit hin. Bei der Suche nach den Proteinkomponenten der A. aeolicus RNase P wurde mittels massenspektrometrischer Analyse sowohl die Identität als auch die Quantität der Proteine in den hochaufgereinigten Fraktionen mit maximaler RNase P-Aktivität bestimmt. Das Ergebnis wurde dann mit der Analyse von Fraktionen verglichen, die ansteigende oder abnehmende Enzymaktivität aufwiesen. Parallel dazu wurden auch RNase P-aktive Fraktionen entsprechend ihrer Elution beim 3. Aufreinigungsschritt auf einem SDS-Gradientengel aufgetrennt. Einzelne Proteinbanden, die gut mit der RNase P-Aktivität korrelieren, wurden daraufhin ausgeschnitten und ebenfalls einer massenspektrometrischen Analyse unterworfen. Durch einen Vergleich der Ergebnisse aller Analysen konnte ein 22,5 kDa Protein identifiziert werden (aq_880), das signifikant in hochaufgereinigten Proben mit maximaler RNase P-Aktivität vorhanden war. Bioinformatische Struktur- und Domänenvorhersagen ergaben, dass dieses Protein viele gestellte Suchkriterien erfüllt. So weist das Protein eine RNA-bindene Domäne auf, die zur Bindung des Prä-tRNA-Substrats bzw. einer RNA-Komponente erforderlich ist. Weiter wird dem Protein aufgrund einer vorhergesagten PIN-Domäne eine Endonuklease-Aktivität zugeschrieben. Solch eine Proteinfunktion wäre mit den Anforderungen an eine nicht kanonische bakterielle RNase P durchaus vereinbar. Die PIN-Domäne ist bei den erst kürzlich identifizierten PRORPEnzymen, also den eukaryontischen Protein-basierten RNase P-Enzymen, nachweislich die katalytische Metallonuklease-Domäne. Zudem handelt es sich bei dem identifizierten aq_880-Protein um ein hypothetisches Protein unbekannter Funktion, das ausschließlich in den Aquificaceae vorkommt, nicht aber in den Desulfurobacteriaceae und Hydrogenothermaceae. Neben dem aq_880-Protein wurden in Fraktionen mit hoch aufgereinigter RNase P-Aktivität fünf weitere Proteine mit einer deutlichen, aber im Vergleich zu aq_880 geringeren Signifikanz angereichert. Dabei handelt es sich um das hypothetische Protein aq_707, das Strukturvorhersagen zufolge partiell mit dem bifunktionellen tRNAModifikations- Enzym MnmC aus E. coli übereinstimmt und demzufolge an der Synthese von 5-Methylaminomethyl-2-thiouridin beteiligt sein könnte, die Polyribonukleotid Nukleotidyltransferase (PNPase), das Transkriptions-Antiterminationsprotein NusB, das ribosomale Proteine S2 und die Glutamin-Synthetase. Die Auswertung der Gelchromatogramme der Größenausschlusschromatographie ergab, dass das Elutionsvolumen der Fraktionen mit der maximalen RNase P-Aktivität einer Masse von 300 - 400 kDa entspricht. Demnach ist denkbar, dass die RNase P in A. aeolicus als Bestandteil eines größeren Komplexes vorliegt. Hier könnten mehrere Enzyme des RNA-Metabolismus funktionell miteinander gekoppelt sein. Eine gleichzeitige Anreicherung des ribosomalen Proteins S2 und der 16S rRNA mit RNase P-aktiven Fraktionen könnte auch auf eine Assoziation der RNase P mit der kleinen ribosomalen Untereinheit hindeuten. Desweiteren konnten im Rahmen dieser Arbeit die Transkripte sowohl bekannter als auch neu identifizierter nicht-kodierender RNAs aus A. aeolicus mittels Northern Blot-Analyse nachgewiesen werden. Auch die bei Transkriptomanalysen von A. aeolicus gefundene starke Transkription von antisense RNAs auf dem Gegenstrang nicht-kodierender RNA-Gene konnte experimentell mittels Northern Blot verifiziert werden ((Lechner, Nickel, Wehner et al., im Druck), siehe Anhang 7.4).
Umfang:168 Seiten
DOI:10.17192/z2014.0250