Rx-to-OTC switch and the provision of data exclusivity in Europe - specification and elaboration of eligibility criteria based on a status quo analysis

Insbesondere seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts finden Entlassungen von Arzneimitteln und/oder der zugehörigen Indikation aus der Verschreibungspflicht (Rx) in den Bereich Selbstmedikation OTC), so genannte "Rx-to-OTC Switches", nicht nur in den USA, sondern zunehmend auch in Eu...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Stäbler, Carolin
Beteiligte: Hartmut Morck (Prof. Dr. ) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2013
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Insbesondere seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts finden Entlassungen von Arzneimitteln und/oder der zugehörigen Indikation aus der Verschreibungspflicht (Rx) in den Bereich Selbstmedikation OTC), so genannte "Rx-to-OTC Switches", nicht nur in den USA, sondern zunehmend auch in Europa Verbreitung. Patienten profitieren dabei von einem direkteren und schnelleren Zugang zu einem breiteren Arzneimittelspektrum, dem andererseits die Risiken einer fehlenden ärztlichen Kontrollinstanz gegenüberstehen. Nichtsdestotrotz hat sich heute, ausgehend von der anfänglichen Entlassung von Medikamenten zur Behandlung akuter, leichter und selbstlimitierender Krankheitsbilder, eine Tendenz hin zur Entlassung zunehmend komplexerer Arzneimitteltherapien zur Behandlung und Prävention (semi-)chronischer Erkrankungen etabliert. Der Wert dieser Entwicklung für das Gesundheitswesen ergibt sich dabei nicht nur aus dem wachsenden Bewusstsein der Bevölkerung für Krankheitsrisiken und -folgen sowie entsprechende eigenverantwortlicher Therapiemaßnahmen, sondern auch aus einer damit verbundenen langfristigen Entlastung der Gesundheitssysteme. Wachsende Anforderungen an Arzneimittelinformation sowie eigenständiges Therapiemanagement und vor allem Therapiesicherheit als notwendige Begleitelemente gehen damit zwangsläufig einher. Innovative Entwicklungen im Bereich Selbstmedikation durch den Rx-to-OTC Switch geeigneter Therapieoptionen zeichnen sich demnach zwar durchaus ab, sind jedoch grundsätzlich von Komplexität und hoher Ressourcenbindung geprägt, was eine angemessene Unterstützung durch das gesetzliche und regulatorische Umfeld erforderlich macht. Der europäische Gesetzgeber hat daher mit Einführung von Artikel 74a, Richtlinie 2004/27/EC, die Möglichkeit der Vergabe einer einjährigen Exklusivitätsperiode etabliert, sofern der Switch auf Basis "signifkanter" präklinischer oder klinischer Daten beschieden wurde. Das Instrument "Datenexklusivität" gehört zu den geistigen Eigentumsrechten und untersagt in diesem Fall den Arzneimittel-Zulassungsbehörden, sich im Rahmen der Prüfung generischer Zulassungsanträge auf originäre Switchdaten zu beziehen, was die Bearbeitung und gegebenenfalls Zulassung letzterer faktisch erst nach Ablauf eines Jahres möglich macht. Zielstellung: Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die folgenden Hypothesen bezüglich der Möglichkeit der Vergabe von Datenexklusivität für Rx-to-OTC Switches in Europa zu überprüfen bzw. zu substantiieren: Hypothese 1: Anhand der angegebenen Kriterien und Datenkategorien ist es unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Europa praktisch nicht möglich, Datenexklusivität für Rx-to-OTC Switches zu erhalten. Hypothese 2: Vorhandene Kriterien und Datenkategorien müssen präzisiert und neue definiert werden, um die Vergabe und den Erhalt von Datenexklusivität bei Rx-to-OTC Switchen möglich zu machen. Methodik: Eine umfangreiche Literaturrecherche zu den Themen "Rx-to-OTC Switch" und "Datenexklusivität" bildete die Grundlage der Status-quo-Analyse und der Hypothesengenerierung. Der Hypothesenüberprüfung diente eine retrospektive Analyse des Rx-to-OTC Switches von Clotrimazol zur Behandlung von Vaginalmykosen (am Beispiel des Originatorpräparates Canesten® GYN von Bayer) unter den gegenwärtigen Prämissen zur Vergabe von Datenexklusivität. Darüber hinaus wurden ausgewählte nationale und internationale Experten mithilfe eines qualitativen Fragebogens zur Einschätzung der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen und zu Vorschlägen bezüglich deren Präzisierung bzw. Novellierung unter den Aspekten OTC-Relevanz, Qualität und Machbarkeit interviewt. Auf Basis einer weiteren Literaturrecherche wurde der Einsatz sogenannter "Propensity Scores" bei der statistischen Auswertung von Beobachtungsstudien zur Erhöhung der Datenvalidität als mögliches Qualitätskriterium für eine Exklusivitätsvergabe diskutiert. Eignung und Praktikabilität dieses Ansatzes wurden nachfolgend anhand eines existenten Datensatzes überprüft. Ergebnisse: Beide Hypothesen konnten durch die Forschungsergebnisse bestätigt werden. Die retrospektive Analyse des Clotrimazol-Switches zeigt, dass sich für einen im Lebenszyklus weit fortgeschrittenen Switch-Kandidaten in Anbetracht umfangreicher präklinischer und klinischer Daten vor und für die Rx-Zulassung kaum eine Möglichkeit für die Generierung neuer potentiell "signifikanter" Daten bietet. Vor allem die Sinnhaftigkeit präklinischer Daten wurde in diesem Zusammenhang von einem Groß-teil der Experten hinterfragt. Die "Signifikanz" neuer Daten wurde vielmehr im Sinne einer Relevanzfür die mit der Statusänderung angestrebte Selbstmedikation gesehen. Vor diesem Hintergrund sind die aktuell in den Gesetzestexten verwendeten Terminologien und Datenkategorien nicht nur unspezifisch, sondern auch praktisch kaum anwendbar, sofern in rein konservativem Sinne interpretiert. In der zugehörigen Switchguideline aufgeführte Kriterien sind ebenso wenig ausreichend konkret. Für eine erfolgreiche Vergabe von Datenexklusivität im Rahmen zukünftiger Rx-to-OTC Switches ist folglich eine Präzisierung vorhandener bzw. die Definition neuer Kriterien und Datenkategorien unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Selbstmedikation nötig. Dies wurde von den Befragten auch mit Blick auf die steigenden Anforderungen im Rahmen der Entlassung zunehmend komplexerer Therapieoptionen im Grundsatz mehrheitlich befürwortet. Von besonderer Bedeutung ist dabei in erster Linie eine Erweiterung der Definition klinischer Daten über die klassischen Phase I-III bzw. IV Daten hinaus. In Anbetracht der fehlenden ärztlichen Überwachung im angestrebten Status der Selbstmedikation sollte diese explizit auch Daten zu Selbstdiagnose, Patientenverhalten und Arzneimittelutilisation aus nicht-interventionellen Beobachtungsstudien(NIS) einbeziehen, um Wirksamkeit und Sicherheit auch unter OTC-Bedingungen antizipieren zu können. Unter Einhaltung wissenschaftlich anerkannter Qualitätsstandards liefern letztere wichtige Erkenntnisse bezüglich Therapiepraxis, -erfolg und -sicherheit unter Alltagsbedingungen. Durch den nicht-experimentellen Studiencharakter kann es jedoch unter Umständen zu Verzerrungen der Studienergebnisse kommen. Mithilfe bestimmter statistischer Verfahren wie der sogenannten Propensity-Score-Analyse können diese minimiert und damit die Validität der Ergebnisse erhöht werden. Als wesentliches Qualitätskriterium für NIS Daten sollte diesem Ansatz daher bei deren Bewertung für die Vergabe von Datenexklusivität Rechnung getragen werden. Im Bereich "Präklinik" lassen sich dagegen nur wenige Szenarien wie z.B. die Ermittlung von Interaktionspotentialen als potentiell OTC- und damit exklusivitätsrelevant definieren. Die Reanalyse bereits existenter präklinischer und klinischer Studienergebnisse unter OTC-Aspekten wird als exklusivitätsunterstützend, jedoch nicht ausreichend erachtet. Durch die Aufnahme einer zusätzlichen "nicht-klinischen" Datenkategorie in den relevanten Gesetzestext sollten darüber hinaus auch Erkenntnissen aus epidemiologischen oder Marktforschungsuntersuchungen sowie Umfrage-Ergebnissen entsprechende Berücksichtigung finden. Nicht selten liefern diese für eine Switchentscheidung essentielle Informationen zu Compliance, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität etc. Konzepte zur Risikominimierung im Falle der Entlassung komplexerer Therapieoptionen inklusive umfangreicher Informations- und Edukationsprogramme für Patienten wie Fachpersonal, Abgabemodelle oder auch Therapiemanagement/-monitoring Instrumente für Patienten würden ebenfalls hierunter fallen, sofern nicht in die klinische Datengenerierung z.B. im Rahmen einer NIS eingebunden. Schlussfolgerung: Um ihre Funktion hinsichtlich der Initiative innovativer, komplexer Rx-to-OTC Switches zukünftig faktisch erfüllen zu können, müssen die gegenwärtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Vergabe von Datenexklusivität spezifiziert bzw. modifiziert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden Vorschläge für Kriterien und Datenkategorien für die Qualifikation von Daten für die Vergabe von Datenexklusivität bei Rx-to-OTC Switches erarbeitet. Unter dem Aspekt der damit verbundenen Anforderungen und Anstrengungen auf Seiten des pharmazeutischen Unternehmers, vor allem aber mit Blick auf die für eine erfolgreiche Einführung und Etablierung eines Switches nötige Transparenz und Konsistenz hinsichtlich essentieller Begleitmaßnahmen wie z.B. Information und Edukation, wird zudem eine Verlängerung der derzeitigen einjährigen Exklusivitätsperiode empfohlen. In jedem Fall ist es vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit diskutierten Thematik wünschenswert, im Rahmen von oftmals unterschiedlichen Interessen oder Meinungen unterliegenden Rx-to-OTC Switchentscheidungen eine fundierte wissenschaftliche Bewertung als zentralen Bestandteil eines solchen Prozesses zu etablieren, die der angestrebten Statusänderung angemessen und entsprechend transparent ist.
DOI:10.17192/z2013.0481