Strukturbasiertes Design, Synthese und Affinitätsbestimmung neuartiger HIV-1-Protease-Inhibitoren
Mit dem humanen Immunschwäche Virus (HIV), dem Verursacher des erworbenen Immunschwäche Syndroms, welches auch als AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrom) bezeichnet wird, sind heute weltweit 34 Millionen Menschen infiziert. Trotz beachtlicher Erfolge mit den 26 aktuell zugelassenen Wirkstoffen im...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2013
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Summary: | Mit dem humanen Immunschwäche Virus (HIV), dem Verursacher des erworbenen Immunschwäche Syndroms, welches auch als AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrom) bezeichnet wird, sind heute weltweit 34 Millionen Menschen infiziert. Trotz beachtlicher Erfolge mit den 26 aktuell zugelassenen Wirkstoffen im Kampf gegen das Virus, stellen Resistenzen und Nebenwirkungen weiterhin eine große Herausforderung für die Arzneistoffforschung dar.
Ein bedeutendes Zielenzym für Virustatika ist die HIV-Protease, ein virales Enzym, welches für die Vermehrungsfähigkeit von HIV essentiell ist. Zurzeit befinden sich 10 zugelassene HIV-Protease-Inhibitoren auf dem Markt. Um die bestehenden Probleme der Verträglichkeit und der Resistenzbildung zu lösen, sind jedoch weiterhin sowohl die akademische als auch die industrielle Forschung gefragt, ihre Anstrengungen zur Entwicklung neuer, besserer HIV-Protease-Inhibitoren fortzusetzen.
Da die HIV-Protease, mit über 600 in der PDB (Protein Data Bank) hinterlegten Strukturen, eins der am besten kristallographisch untersuchten Enzyme mit medi¬zinischer Relevanz darstellt, ist das strukturbasierte Wirkstoffdesign eine vielversprechende Methode zur Entwicklung neuer HIV-Protease Inhibitoren.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollten in einem iterativen Prozess aus strukturbasiertem Design, Synthese und Affinitätsbestimmung neue Inhibitoren der HIV-Protease entwickelt und geeignete Vertreter für einen Zellassay identifiziert werden. Zur Bewertung der Inhibitoren sollte neben dem Ki die Ligandeneffizienz herangezogen werden, da diese eine gute Vergleichbarkeit zwischen Inhibitoren unterschiedlichen Molekulargewichts ermöglicht. Als Zielwert für eine arzneistoffartige (im Englischen druglike) Ver¬bin¬dung gilt eine Ligandeneffizienz von -0,29 kcal/mol, ein Wert der etwa einem 10 nM Inhibitor mit einem Molekulargewicht von ca. 500 g/mol entspricht.
Ausgehend von dem sehr potenten aber relativ großen HIV-Protease-Inhibitor AB111 sollten in dieser Arbeit kleinere Inhibitoren der HIV-Protease mit einer verbesserten Ligandeneffizienz strukturbasiert entworfen, dargestellt und auf ihre Enzymaffinität hin untersucht werden.
Der erste Ansatz bestand in der Synthese von dreiarmigen Pyrrolidin-basierten-Inhibitoren, welche mit zwei protonierbaren Stickstoffen die katalytische Diade adressieren. Die Ligandeneffizienz konnte gegenüber der Ausgangsverbindung zwar verbessert werden, allerdings ist der Ki der besten Verbindung mit 0,9 µM nur als moderat zu bewerten. Die SAR dieser Verbindungsklasse erwies sich zudem als nicht additiv und auch mit Dockingexperimenten nicht vorhersagbar.
Im zweiten Ansatz wurde mit den Oxalsäureamid-Bizyklen ein effizienteres Grundgerüst ent-wickelt, welches mit einem starren Ringsystem sowohl die katalytische Diade der Protease als auch deren Flap-Region adressiert. Bereits die nur zwei Spezifitätstaschen besetzenden Oxalsäureamid-Bizyklen erwiesen sich mit einer Ligandeneffizienz der bes¬ten Verbindung von -0,27 kcal/mol als ausgesprochen vielversprechend, was vermutlich zu einem großen Teil auf einen günstigen entropischen Beitrag des rigiden bizyklischen Ringsystems zur Bindungsenergie zurückzuführen ist. In einem weiteren Optimierungszyklus wurden drei- und vierarmige bizyklische Inhibitoren synthetisiert, um zusätzliche Spezifitätstaschen der HIV-Protease zu besetzen. Drei dieser Verbindungen erreichen oder übertreffen den Zielwert für die Ligandeneffizienz, bleiben aber dennoch mit dem Molekulargewicht in einem günstigen Bereich von unter 500 g/mol. Mit einem Ki von 7 nM liegt die beste der dargestellten Verbindungen zudem in einem sehr guten Affinitätsbereich für einen potentiellen Arzneistoff.
Im Zellassay zeigten die ausgewählten bizyklischen Inhibitoren allerdings keine Aktivität, weshalb hier ein Prodrug-Ansatz verfolgt wurde. Carbamatprodrugs der Pyrrolidin-basierten bizyklischen Inhibitoren sollten ungeladen die Zellmembran passieren können und im Zellinneren durch Esterasen, unter Freisetzung des basischen Pyrrolidins, gespalten werden. Die im Zellassay aktivste Verbindung dieser Arbeit stellt ein Methylcarbamat-Prodrug eines vierarmigen bizyklischen Inhibitors dar, welcher eine Zellaktivität von 42 % bei 10 µM aufweist. |
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DOI: | 10.17192/z2013.0394 |