Die P-loop ATPase MipZ - Mechanismus der Bildung eines Proteingradienten in einer prokaryotischen Zelle
Biologische Systeme, sei es auf zellulärer oder einer höher geordneten Ebene, zeichnen sich durch eine erstaunliche Komplexität aus. Diese beruht unter anderem auf der räumlichen Heterogenität regulatorischer Schlüsselkomponenten. Das wohl am besten untersuchte Beispiel stellen extrazelluläre Morpho...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2011
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Biologische Systeme, sei es auf zellulärer oder einer höher geordneten Ebene, zeichnen sich durch eine erstaunliche Komplexität aus. Diese beruht unter anderem auf der räumlichen Heterogenität regulatorischer Schlüsselkomponenten. Das wohl am besten untersuchte Beispiel stellen extrazelluläre Morphogene dar, die in multizellulären Organismen durch Ausbildung eines auf Diffusion basierenden Konzentrationsgradienten zahlreiche Entwicklungsprozesse regulieren. Dieses Muster setzt sich in Eukaryoten auf der zellulären Ebene fort, wo Konzentrations- und Phosphorylierungsgradienten sowie Ran-GTP-Gradienten an der Homöostase der Zellgröße, der Regulation der Chromosomensegregation, der Zellteilung, der Adhäsion und der Zellmigration beteiligt sind. Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass solche Gradienten in prokaryotischen Organismen aufgrund ihrer geringen Größe nicht aufrecht erhalten werden können. Heutzutage ist jedoch bekannt, dass diffusionsbasierte Phosphorylierungsgradienten in Bakterien sowohl an der räumlichen Organisation der Zelle als auch an der Etablierung einer Asymmetrie beteiligt sind. Die Existenz eines statischen Konzentrationsgradienten in Bakterien wurde durch die Entdeckung und funktionelle Charakterisierung des MipZ-Proteins gezeigt. Diese orphan P-loop-ATPase bildet in dem α-Proteobakterium C. crescentus einen bipolaren Gradienten aus, welcher die Positionierung der Teilungsebene kontrolliert. MipZ interagiert mit dem parS/ParB-Nukleoproteinkomplex in der Nähe des chromosomalen Replikationsursprungs. Nach Eintritt in die S-Phase werden die replizierten Ursprünge getrennt und an den beiden Zellpolen verankert. Als Resultat bildet MipZ einen Konzentrationsgradienten aus, dessen Maxima in den polaren Bereichen liegen und dessen Minimum sich in der Zellmitte befindet. Da MipZ ein Inhibitor der Z-Ring-Assemblierung ist, beschränkt es auf diese Weise die Positionierung der Teilungsebene auf die Mitte der Zelle.
In der vorliegenden Arbeit wurde der dem Konzentrationsgradienten von MipZ zugrundeliegende Mechanismus charakterisiert. Unter Zuhilfenahme von Substitutionsvarianten, die den ATPase-Zyklus von MipZ auf der Ebene der Nukleotidbindung, der ATP-abhängigen Dimerisierung oder der ATP-Hydrolyse unterbrechen, konnte gezeigt werden, dass die Grundlage des Gradienten ein durch die ATPase-Aktivität kontrollierter Wechsel zwischen einer monomeren und einer dimeren Form ist, welche unterschiedliche Interaktionsnetzwerke und als Folge dessen abweichende Mobilitäten in vivo zeigen. Monomeres MipZ interagiert mit ParB und wird dadurch zu den Polen rekrutiert, wohingegen dimeres MipZ die biologisch aktive Form darstellt, die mit FtsZ interagiert. Darüber hinaus bindet das MipZ-Dimer an das Nukleoid, wodurch es in seiner Beweglichkeit gegenüber dem Monomer eingeschränkt wird. Da MipZ-Monomere durch die Interaktion mit ParB in den polaren Bereichen konzentriert werden, erfolgt die Dimerisierung mit großer Wahrscheinlichkeit am Pol. Von dort ausgehend diffundieren Dimere, verlangsamt durch ihre Assoziation mit der DNA, in Richtung Zellmitte, so dass der Gradient als eine asymmetrische Verteilung von MipZ-Dimeren betrachtet werden kann. Eine mathematische Modellierung des Systems auf Grundlage der experimentellen Daten könnte dieses Modell unterstützen. Ferner ist eine nähere Betrachtung der MipZ-FtsZ-Interaktion von besonderem Interesse, vor allem mit Hinblick auf die ebenfalls nur ungenügend verstandene Interaktion von FtsZ mit MinC, welches der Inhibitor der polaren Z-Ring-Assemblierung in E. coli und B. subtilis ist.
Ein Sequenzvergleich mit weiteren P-loop-ATPasen zeigte, dass sich MipZ in die Mrp/MinD-Familie von P-loop-ATPasen einordnen lässt. Mitglieder dieser Familie sind an der Regulierung diverser zellulärer Abläufe beteiligt, wie z. B. Stickstofffixierung, Chromosomensegregation und Zellteilung. Eine eingehende phylogenetische Analyse von MipZ-Homologen veranschaulichte, dass diese eine distinkte, bisher nicht definierte Unterfamilie der Mrp/MinD-Proteine bilden, die am nächsten mit den in der Chromosomensegregation involvierten ParA/Soj-Proteinen verwandt ist. Mikrobielle Genome kodieren zahlreiche weitere orphan P-loop-ATPasen und es bleibt abzuwarten, wo sich diese einordnen lassen und welche Funktionen sie übernehmen. |
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DOI: | 10.17192/z2011.0657 |