Intravenöses Levetiracetam zur Therapie des Status epilepticus –Eine retrospektive Erhebung
Der Status epilepticus (SE) ist mit einer Inzidenz von 20 pro 100.000 einer der häufigsten neurologischen Notfälle überhaupt. Er hat eine hohe Morbidität und eine Mortalität von 16-26% und bedarf einer frühzeitigen und optimalen Therapie. Die medikamentöse Therapie des SE bestehend aus Benzodiaze...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2011
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Summary: | Der Status epilepticus (SE) ist mit einer Inzidenz von 20 pro 100.000 einer der
häufigsten neurologischen Notfälle überhaupt. Er hat eine hohe Morbidität und eine
Mortalität von 16-26% und bedarf einer frühzeitigen und optimalen Therapie.
Die medikamentöse Therapie des SE bestehend aus Benzodiazepinen als Mittel der
ersten Wahl, Phenytoin, Valproat und Barbituraten ist nicht selten erfolglos, zudem sind
viele Nebenwirkungen und Kontraindikationen bekannt, die die Applikation dieser
Medikamente verbieten. Diese sind besonders bei älteren Patienten aufgrund eventueller
Komorbiditäten und Polytherapien zu beachten. So sind zum Beispiel Phenytoin bei
Herzrhythmusstörungen, Valproat bei Leberschädigung und Barbiturate bei
kardiovaskulärer Instabilität kontraindiziert.
Levetiracetam ist seit dem Jahr 2000 als orales Antikonvulsivum zugelassen. Es hat sich
in oraler Gabe als neben- und wechselwirkungsarm erwiesen, wobei die aufgetretenen
Nebenwirkungen hauptsächlich psychovegetativer Art sind und sich in Schwindel,
Müdigkeit und Stimmungsschwankungen äußern. Als erstes der neueren Antikonvulsiva
ist es seit 2006 auch in intravenöser Applikationsform auf dem Markt, zugelassen für
die Indikation, dass die orale Applikation des Medikaments vorübergehend nicht
möglich ist.
Im Rahmen dieser Studie wurden über einen Zeitraum von 18 Monaten retrospektiv alle
Fälle erhoben, in denen Patienten im SE im Rahmen eines individuellen Heilversuchs
Levetiracetam intravenös verabreicht bekommen hatten. Bei der Erhebung der Daten
wurde insbesondere auf die Wirksamkeit des Medikaments sowie das Auftreten von
Nebenwirkungen geachtet.
Insgesamt wurden 19 Fälle bei 17 verschiedenen Patienten in die Studie eingeschlossen.
Die Auswertung der Daten hat ergeben, dass bei allen 19 Episoden ein fokaler Anfall
zugrunde lag, in vier Fällen mit sekundärer Generalisierung, in drei Fällen als nonkonvulsiver
SE. In acht Fällen lag zum Zeitpunkt des SE bereits eine bekannte Epilepsie
vor, bei elf Patienten handelte es sich um ein erstmaliges Ereignis. Ursachen des SE
waren einerseits seit längerem bestehende intrakranielle Raumforderungen, andererseits
akute Ereignisse wie Elektrolytentgleisung oder akute Blutungen bzw. Ischämien. In
fünf Fällen blieb die Ursache des SE unklar.
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Alle Episoden erwiesen sich als benzodiazepinrefraktär. Siebenmal war auch die Gabe
von mindestens einem weiteren anderen Antikonvulsivum als Levetiracetam nicht
erfolgreich.
In 17 von 19 Fällen konnte der Status epilepticus durch die Gabe von intravenösem
Levetiracetam erfolgreich durchbrochen werden, in zwei Fällen musste die Therapie um
weitere Medikamente ergänzt werden.
Schwerwiegende Nebenwirkungen, die auf das Medikament oder seine
Applikationsform zurückzuführen gewesen wären, waren in keinem der Fälle zu
verzeichnen. Aufgetretene Nebenwirkungen waren vorwiegend psychovegetativer
Natur, zwei Patienten verstarben aufgrund ihrer Grunderkrankung.
Zum Zeitpunkt dieser Studie lag keine Veröffentlichung über eine größere Fallserie zu
diesem Thema vor. Die später veröffentlichten Studien mit vergleichbarem
Studiendesign zeigten ähnliche Ergebnisse sowohl Patientenkollektiv, Ätiologie und
Semiologie als auch Wirkung und Mortalitätsrate betreffend.
Besonders erwähnenswert ist, dass in allen Studien sowohl fokale und generalisierte
konvulsive als auch non-konvulsive SE erfolgreich mit intravenösem Levetiracetam
behandelt wurden, was die Besonderheit dieses Medikaments als „Breitband“-
Antikonvulsivum hervorhebt.
Die vorliegende Studie untermauert die Vermutung, dass Levetiracetam ein gut
verträgliches und wirkungsvolles Medikament im benzodiazepinrefraktären Status
epilepticus sein könnte. Die Aussagekraft dieser Studie ist jedoch vor allem durch das
retrospektive Studiendesign sowie das kleine Patientenkollektiv begrenzt und es müssen
prospektive randomisierte Studien folgen, die Wirksamkeit und Langzeitverträglichkeit
weiter untersuchen. |
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DOI: | 10.17192/z2011.0338 |