Prognostische Relevanz der neuropsychologischen Testung, des Wada-Tests und der funktionellen transkraniellen Dopplersonographie für postoperative Sprach- und Gedächtnisdefizite nach epilepsiechirurgischen Eingriffen am Temporallappen

Einleitung: Die Mehrheit der Patienten, die unter einer Temporallappenepilepsie aufgrund einer Hippocampussklerose leiden, erfährt trotz medikamentöser Mehrfachtherapie einen chronischen Krankheitsverlauf. Ein epilepsiechirurgischer Eingriff stellt eine erfolgversprechende Therapieoption dar. Präope...

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Main Author: Bach, Anna Verena
Contributors: Hamer, Hajo (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2011
Subjects:
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Description
Summary:Einleitung: Die Mehrheit der Patienten, die unter einer Temporallappenepilepsie aufgrund einer Hippocampussklerose leiden, erfährt trotz medikamentöser Mehrfachtherapie einen chronischen Krankheitsverlauf. Ein epilepsiechirurgischer Eingriff stellt eine erfolgversprechende Therapieoption dar. Präoperativ ist eine ausführliche Diagnostik einschließlich Bildgebung, Video-EEG-Monitoring, Wada-Test, funktionelle transkranielle Dopplersonographie (fTCD) und neuropsychologischer Testung erforderlich. Ziel der Maßnahmen ist es, die epileptogenen Zonen zu identifizieren und eloquente Kortexareale davon abzugrenzen, um das Risiko postoperativer Sprach- und Gedächtnisdefizite abschätzen zu können. Es ist bislang jedoch nicht gelungen einen Testparameter zu identifizieren, anhand dessen das postoperative Gedächtnisoutcome zuverlässig prognostiziert werden kann. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe oben genannter Testverfahren an einer Gruppe von Patienten mit TLE, die am Marburger Epilepsiezentrum operiert wurden, Parameter zu identifizieren, die präoperativ die Vorhersage des postoperativen Gedächtnisoutcomes ermöglichen. Methoden: Es wurden die Daten aller Patienten, die sich zwischen 1998 und 2005 im Epilepsiezentrum Marburg zum stationären Video-EEG-Monitoring vorstellten, retrospektiv analysiert. Eingeschlossen wurden Patienten mit einer TLE und einem durchgeführten epilepsiechirurgischen Eingriff, vorliegender prä- und postoperativer neuropsychologischer Testung sowie eines Wada-Tests und fakultativ einer präoperativ durchgeführten fTCD. Ausgeschlossen wurden Patienten mit malignen Tumoren, Patienten mit extratemporaler Epilepsie sowie Patienten mit fehlenden Untersuchungen. Im Sinne der Fragestellung wurden neuropsychologische Testverfahren berücksichtigt, mit denen die Funktion des Temporallappens adäquat abgebildet werden kann. Des Weiteren wurden folgende Parameter der fTCD verwendet: Lateralitätsindex, Standardmessfehler, Latenz des Lateralitätsindex und der maximale Flussanstieg nach 10-18 Sekunden rechts bzw. links. Die Datenauswertung erfolgte explorativ mittels Korrelationsanalyse (Pearson-Produkt-Moment-Korrelation) und mit t-Tests für unverbundene Stichproben. Das Signifikanzniveau wurde bei multiplen Testungen auf p≤0,01 festgelegt. Ergebnisse: Es wurden 36 Patienten (17 Frauen, 19 Männer) eingeschlossen (Alter: x¯ 37,5±12,1). 26 Patienten (72,2%) waren nach einem Jahr anfallsfrei. Bei beiden Patientengruppen korrelierte die präoperative Behaltensleistung nach Interferenz signifikant mit dem postoperativen Verlust der Behaltensleistung nach Interferenz (links: r=-0,740; p=0,000; N=18; rechts: r=-0,911; p=0,002; N=8). Präoperative BDI-Werte korrelierten ebenfalls in beiden Gruppen mit der Differenz der prä- und postoperativen BDI-Ergebnisse (links: r=-0,873; p=0,000; N=12; rechts: r=-0,801; p=0,017; N=8). Bei Patienten mit einer linksseitigen TLE war tendenziell eine Korrelation zwischen dem maximalen Flussanstieg der rechten A. cerebri media unter Aktivierung in der fTCD und der postoperativen Veränderung der Wiedererkennensleistung im VLMT festzustellen (r=0,931; p=0,021; N=5). Im Wada-Test korrelierte die Gedächtnisleistung der rechten Hemisphäre mit der postoperativen Veränderung der Behaltensleistung nach Interferenz (r=-0,577; p=0,016; N=18). Schließlich fand sich bei Patienten mit linksseitiger Schädigung eine klare Assoziation zwischen der Sprachlateralisation im Wada-Test und in der fTCD (r=-0,638; p=0,003; N=19). Bei Patienten mit rechtsseitiger Epilepsie zeigte sich für keines der klinischen Charakteristika ein signifikanter Zusammenhang mit dem postoperativen Gedächtnisoutcome (p>0,01). Eine zu geringe Fallzahl in dieser Gruppe erlaubte keine Aussagen in Bezug auf Wada-Test und fTCD. Diskussion: Die vorliegende Arbeit zeigte erneut, dass die Ergebnisse der Sprachlateralisation zwischen der fTCD und dem Wada-Test gut korrelieren, sodass die fTCD als ausreichend valide Alternative zum invasiven Wada-Test gesehen werden kann. Bei beiden Patientengruppen prädizieren gute präoperative Behaltensleistungen einen größeren postoperativen Verlust der Behaltensleistungen. Bei Patienten mit linksseitiger TLE kann darüber hinaus der Flussanstieg in der rechten ACM helfen, das postoperative Gedächtnisoutcome abzuschätzen. Auch der Zusammenhang zwischen der kontralateralen Gedächtnisleistung im Wada-Test und der postoperativen Veränderung der Behaltensleistung nach Interferenz im VLMT scheint zur Prognose geeignet. Damit kann die Hypothese aufgestellt werden, dass eine Kombination aus neuropsychologischen Testverfahren und der fTCD, ggf. unter Einbeziehung des Wada-Tests, derzeit das größte Potential beinhaltet, um das postoperative Gedächtnisoutcome präoperativ vor allem bei Patienten mit linksseitiger TLE abzuschätzen. Allerdings sind prospektive Studien notwendig, um die Ergebnisse dieser Arbeit zu bestätigen.
DOI:10.17192/z2011.0305