Auswirkungen von psychosozialen Belastungen und Ressourcen sowie psychischer Befindlichkeit auf den Verlauf einer behandelten Parodontitis
Viele Risikofaktoren, die mit Parodontitis korrelieren, wurden in verschiedenen Studien identifiziert. Studien scheinen nahe zu legen, dass auch Stress-Parameter und psychosoziale Ressourcen einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf einer Parodontitis haben. Ziel dieser retrospektiven Studie war d...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2011
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Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Viele Risikofaktoren, die mit Parodontitis korrelieren, wurden in verschiedenen Studien identifiziert. Studien scheinen nahe zu legen, dass auch Stress-Parameter und psychosoziale Ressourcen einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf einer Parodontitis haben. Ziel dieser retrospektiven Studie war das Aufweisen von Risikogruppen anhand von Konstellationen bezüglich psychosozialer Belastung und Ressourcen sowie die Überprüfung von Korrelationen zwischen diesen Gruppen sowie psychischer Befindlichkeit und dem Krankheitsverlauf einer behandelten chronischen Parodontitis. Der Nutzen einer Evaluation von Stress-Parametern vor Behandlungsbeginn sollte hiermit geklärt werden. Weiter wurde der Effekt von Tabakkonsum und psychischer Befindlichkeit auf den Verlauf einer Parodontitis untersucht.
Insgesamt nahmen an der Studie 32 männliche und 62 weibliche Patienten mit behandelter chronischer Parodontitis und einem Durchschnittsalter von 54 Jahren teil. Alle Patienten befanden sich seit mindestens zwei Jahren im Recall der Abteilung für Parodontologie der Philipps-Universität Marburg. Die parodontal gesunde Kontrollgruppe (16 Frauen, 19 Männer, Durchschnittsalter 42 Jahre) diente dem Einordnen der Patienten bezüglich Alter, Geschlecht, psychischer Befindlichkeit und Tabakkonsum.
Die erhobenen klinischen Parameter waren die Sondierungstiefe (ST) mit Blutung nach Sondierung (BNS), die gingivale Rezession (GR), der klinische Attachmentlevel (AL) sowie der Approximalraum-Plaque-Index (API). Mittels Fragebögen wurden Angst, Depression und aktuelle Stresssymptomatik (als Indikatoren der stresskorrelierten psychischen Befindlichkeit), Lebensereignisse, Neurotizismus und inadäquate Copingmechanismen (als psychosoziale Belastungen) sowie Soziale Unterstützung, Kohärenzsinn, Seelische Gesundheit und adäquate Copingmechanismen (als potentielle psychosoziale Ressourcen) erfasst. Ferner wurde der Tabakkonsum erhoben.
Die Patienten wurden durch eine Clusteranalyse hinsichtlich ihrer psychosozialen Belastungen und Ressourcen in drei Risikogruppen (Cluster) eingeteilt. Cluster 1 stellte mit geringer Belastung durch Lebensereignisse und hohem Ressourcenpotential die Niedrigrisikogruppe dar. Cluster 2 wurde als Hochrisikogruppe eingestuft, da sie sich durch eine sehr hohe Belastung durch Lebensereignisse, niedrigem Ressourcenpotential und zusätzlich vergleichsweise schlechterer psychischen Befindlichkeit auszeichnete. Patienten des Clusters 3 wiesen sowohl hinsichtlich ihrer psychosozialen Belastung als auch bezüglich ihrer Ressourcen unterdurchschnittliche Werte auf. Die Patienten waren zur Zeit der Studie hypothetisch keine Hochrisikopatienten, haben aber das Potential, sich bei auftretenden Belastungen zu solchen zu entwickeln.
Die Entwicklung der klinischen Parameter allgemein und die Verbesserung von BNS im Speziellen (14,2 % zu 7,6 % über die gesamte Stichprobe) deuten auf eine generelle Reduktion des Entzündungsgrades und auf eine Stabilisierung der parodontalen Situation aller Patienten hin. Trotz der Einteilung der Patienten in Risikogruppen konnte keine allgemeine Korrelation zwischen Gruppenzugehörigkeit und dem Verlauf der klinischen Parameter nachgewiesen werden. Jedoch schienen die Patienten der Niedrigrisikogruppe durch ihr hohes Maß an psychosozialen Ressourcen mittels adäquater Copingmechanismen und hohen Werten bezüglich Sozialer Unterstützung von einer leicht positiveren Entwicklung der klinischen Parameter zu profitieren. Obwohl andere Studien deutliche Auswirkungen von Stressfaktoren auf den Verlauf von zumeist unbehandelter Parodontitis feststellen konnten, zeigte die vorliegende Studie, dass bei systematisch durchgeführter Parodontalbehandlung mit anschließenden dreimonatlichen Recallbehandlungen selbst bei psychosozial vorbelasteten Patienten durchaus vielversprechende Ergebnisse erwartet werden können. Die Evaluation von Stress-Parametern vor Behandlungsbeginn erscheint daher nicht notwendig.
Eine generelle Auswirkung von Tabakkonsum auf den Verlauf einer Parodontitis war in der vorliegenden Studie nicht darstellbar. In der Studie nachgewiesene tendenzielle negative Auswirkungen von Tabakkonsum und schlechter psychischer Befindlichkeit sind von keiner klinischen Relevanz und allenfalls den Langzeiterfolg beeinflussend. |
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DOI: | 10.17192/z2011.0243 |