Affektive und kognitive Theory of Mind-Leistungen bei Patienten mit Basalganglien-Erkrankungen
Ziel dieser publikationsbasierten Arbeit ist die Untersuchung der Theory of Mind (ToM)-Leistungen bei Patienten mit verschiedenen Basalganglien-Erkrankungen. ToM bezeichnet die Fähigkeit, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen, d.h. seinen mentalen Zustand zu erfassen (Frith & Frith, 1999)....
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2011
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Summary: | Ziel dieser publikationsbasierten Arbeit ist die Untersuchung der Theory of Mind (ToM)-Leistungen bei Patienten mit verschiedenen Basalganglien-Erkrankungen. ToM bezeichnet die Fähigkeit, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen, d.h. seinen mentalen Zustand zu erfassen (Frith & Frith, 1999). Die Fähigkeit zur ToM stellt eine wesentliche Voraussetzung der erfolgreichen sozialen Interaktion dar und ist somit als eine zentrale sozial-kognitive Fähigkeit zu bezeichnen (Adolphs, 1999). Neben der kognitiven Perspektivenübernahme sind ebenso emotionale Prozesse, wie das emotionale Nachempfinden, das häufig auch als Empathie bezeichnet wird, unter diesen „umbrella term“ zu fassen (Hynes, Baird et al., 2006). Es lassen sich affektive sowie kognitive Teilleistungen des ToM-Konstrukts differen-zieren. Während affektive ToM-Prozesse vor allem das emotionale Nachempfinden der Gefühle des Gegenübers bezeichnen, beschreiben kognitive ToM-Teilleistungen das eher rationale Erschließen seiner mentalen Zustände (Decety & Jackson, 2004, Shamay-Tsoory, Aharon-Peretz et al., 2009).
Zunächst werden in einer Übersichtsarbeit die aktuellen Befunde zu ToM-Leistungen bei Patienten mit verschiedenen Basalganglien-Erkrankungen zusammengetragen und mit Argu-menten auf neuropsychologischer, neuroanatomischer sowie neurophysiologischer Ebene in Verbindung gebracht. In den folgenden Studien werden zwei Patientengruppen untersucht. Studie 2 untersucht affektive und kognitive ToM-Leistungen bei Patienten mit Parkinson-Erkrankung; die Patienten zeigen sich in beiden ToM-Teilleistungen beeinträchtigt. Es lässt sich vermuten, dass Patienten im Rahmen der Parkinson-Erkrankung zunächst kognitive und im weiteren Verlauf affektive ToM-Defizite entwickeln. In der Studie 3 werden Patienten mit Restless Legs Syndrom (RLS) eingeschlossen. Hierbei wird zwischen Patienten, die eine dopaminerge Medikation erhalten und denen, die (bisher) nicht medikamentös behandelt sind, differenziert. Hierbei zeigt die Patientengruppe, die dopaminerge Substitutionstherapie erhält, im Vergleich reduzierte affektive ToM-Leistungen. In der 4. Studie werden mittels funktioneller Magnetresonanztomographie neurale Korrelate affektiver und kognitiver ToM-Leistungen dargestellt sowie differenziert. Ebenso zeigt sich in dieser Studie neurale Aktivierung der Basalganglien während der Bearbeitung der ToM-Aufgaben.
Insgesamt legen die Ergebnisse der hier vorgelegten Studien nahe, dass die Basalganglien zu ToM-Prozessen beitragen. Zunächst stellen Beeinträchtigungen der ToM-Leistungen ein oftmals auftretendes Symptom im Rahmen von Basalganglien-Erkrankungen dar. Dies zeigt sich auch bei Patienten mit Parkinson-Erkrankungen, die sowohl in affektiven als auch kognitiven ToM-Teilleistungen Beeinträchtigungen zeigen. Ebenso zeigen Patienten mit RLS reduzierte affektive ToM-Leistungen, wobei dieses Ergebnis in Zusammenhang mit der dopaminergen Substitutionstherapie der Patienten zu sehen ist. Schließlich wird die Hypothese der Beteiligung der Basalganglien an sozial-kognitiven Prozessen wie der Fähig-keit zur ToM durch die Ergebnisse der fMRI-Studie gestützt, die neurale Aktivierung in Strukturen der Basalganglien während der Bearbeitung der ToM-Aufgabe zeigt. |
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DOI: | 10.17192/z2011.0066 |