Vergleich der Vorhersage einer erschwerten Intubation mit etablierten Methoden zur Prädiktion der schwierigen Laryngoskopie

Die endotracheale Intubation ist ein Routineverfahren zur Sicherung der Atemwege während einer Narkose. Unerwartete Schwierigkeiten sind dabei selten, können für den Patienten aber potenziell gefährlich werden. In der Praxis werden daher verschiedene Verfahren zur Ermittlung von Risikofaktoren der s...

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Main Author: Reip, Wikhart
Contributors: Höltermann, Walter (Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2010
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Die endotracheale Intubation ist ein Routineverfahren zur Sicherung der Atemwege während einer Narkose. Unerwartete Schwierigkeiten sind dabei selten, können für den Patienten aber potenziell gefährlich werden. In der Praxis werden daher verschiedene Verfahren zur Ermittlung von Risikofaktoren der schwierigen Intubation angewendet, deren Zuverlässigkeit in der Vorhersage aber meistens nur unbefriedigend ist. Als Kriterium für eine schwierige Intubation wird in der Literatur im Allgemeinen die eingeschränkte laryngoskopische Sicht vom Grad III-IV nach Cormack und Lehane definiert. In dieser Studie wird zusätzlich eine "erschwerte" Intubation betrachtet. Als erschwert wird hierbei die Intubation angesehen, die nicht im ersten Versuch gelingt; unabhängig von der laryngoskopischen Sicht. Es wird untersucht, ob gebräuchliche Methoden zur Vorhersage der schwierigen Intubation auch auf das Kriterium der erschwerten Intubation anzuwenden sind. Nach einem prospektiven, randomisierten und doppelblinden Protokoll sind im Rahmen elektiver Eingriffe 175 unfallchirurgische und orthopädische Patienten untersucht worden, bei denen keine offensichtlichen Intubationshindernisse bekannt waren. Vor der Narkose wurden vom Doktoranden die oropharyngeale Sicht nach Samsoon und Young, der Zahnreihenabstand, die Kinn-Kehlkopf-Distanz und die Mandibulalänge bestimmt. Während der Narkoseeinleitung wurden durch den Anästhesisten die laryngoskopische Sicht nach Cormack und Lehane, die Anzahl der Intubationsversuche, der subjektive Eindruck der Intubationsschwierigkeiten und die Intubationsdauer dokumentiert. Die ermittelten Werte wurden anschließend in einem mehrstufigen statistischen Modell auf Unterschiede und Zusammenhänge hin überprüft. Um einen konkreten diagnostischen Wert der Vorhersageparameter ermitteln zu können, wurden diese zusätzlich in Wertegruppen aufgeteilt und anhand ihrer Sensitivität und Spezifität beurteilt. Von 175 Patienten (55 % Männer) im Alter zwischen 18 und 86 Jahren, waren 9 (5 %) schlecht laryngoskopisch einzustellen (Cormack III-IV), und 23 (13 %) nicht im ersten Versuch zu intubieren. In der Cormack&Lehane-Gruppe III-IV gibt es im Vergleich zur Gruppe I-II signifikant mehr Patienten mit höheren Samsoon&Young-Klassen, sowie Tendenzen für kleinere Zahnreihen- und Kinn-Kehlkopf-Abstände. Die Korrelationen der Vorhersageparameter mit der Cormack&Lehane-Gruppe sind allerdings schwach. In der Gruppe des erhöhten Schwierigkeitsgrads der Intubation (SDI), der die "erschwerte" Intubation kennzeichnet, gibt es nur beim Zahnreihenabstand nennenswerte Unterschiede in Verteilung und mittlerer Tendenz. Die Mundöffnung ist im Vergleich zur Gruppe "leicht" geringer, die Korrelation mit dem SDI aber auch hier nur mäßig. Nach Aufteilung der Vorhersageparameter auf konkrete Wertegruppen ergibt sich für die Vorhersage der schwierigen Intubation (Cormack III-IV) ein ähnliches Bild, das sich in weiten Teilen gut mit den Feststellungen anderer Autoren deckt. Für die Vorhersage der erschwerten Intubation ist wiederum fast ausschließlich der geringere Zahnreihenabstand von prognostischer Bedeutung. Die Sensitivität aller Parameter ist dabei sowohl für die schwierige, als auch für die erschwerte Intubation nur gering. Die Mandibulalänge kann in der gewählten Aufteilung für keine der beiden Ergebnisvariablen eine Vorhersage begünstigen. Der statistische Zusammenhang zwischen einer schwierigen und einer erschwerten Intubation ist nur schwach ausgeprägt. Der Schwierigkeitsgrad der Intubation scheint aber etwas besser geeignet zu sein, um den subjektiven Eindruck abzubilden. So können 65 % der als subjektiv erschwert beschriebenen Intubationen durch einen höheren SDI, aber nur 25 % durch eine schlechtere laryngoskopische Sicht erklärt werden. Interessant dabei ist, dass weder der subjektive Eindruck, noch die Ergebnisvariablen selber in ihren Ausprägungen von der Qualifikation des Arztes abhängig sind. Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Ergebnissen bei Fachärzten und Nicht- Fachärzten. Lediglich in der Intubationsdauer gibt es Abweichungen: Benötigt der Assistent noch 20 bis 75 Sekunden für einen Intubationsversuch, so kommt der Facharzt mit 10 bis 45 Sekunden aus. Der erfahrene Anästhesist scheint also die gleichen Schwierigkeiten wie der jüngere Kollege zu haben, er kann sie aber schneller lösen. Aus den Ergebnissen lässt sich somit schließen, dass die gebräuchlichen Verfahren zur Vorhersage der schwierigen Intubation prinzipiell auch auf die "erschwerte" Intubation angewendet werden können. Der Stellenwert der Mundöffnung scheint dabei besonders groß zu sein, der diagnostische Wert ist allerdings noch schwächer als der für die Vorhersage der schwierigen Intubation.
DOI:10.17192/z2010.0717