Implementierungsstrategien klinischer Pfade –Barrierenorientierte Interventionen am Beispiel „proximale Femurfraktur“

Zielsetzung: Behandlungspfade stehen für Initiativen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Ziel dieser Studie ist die Überprüfung der Effektivität von Implementierungsstrategien durch barrierenorientiertes Vorgehen im Rahmen der Umsetzung eines klinischen Pfades zur Versorgung der proximale...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Biber, Fred Christian
Beteiligte: Schnabel, Michael (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2010
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Zielsetzung: Behandlungspfade stehen für Initiativen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Ziel dieser Studie ist die Überprüfung der Effektivität von Implementierungsstrategien durch barrierenorientiertes Vorgehen im Rahmen der Umsetzung eines klinischen Pfades zur Versorgung der proximalen Femurfraktur. Methodik: Während schrittweiser Pfadimplementierung mittels kombinierter Strategien (passive Disseminierung, academic detailing, Audit und Feedback, learning by doing) und modularer Einbindung ins KIS, wurden in einer prospektiven Beobachtungsstudie Parameter der Versorgungs- und Prozessqualität zur Evaluation unmittelbarer Effekte sowie ihrer Nachhaltigkeit erhoben. Diese wurden innerhalb 4 jeweils konsekutiv erfasster Patientenkohorten verglichen: Koh. 1 – Ist-Analyse vor Pfadeinführung, Koh. 2 – nach Pfadeinführung (handschriftliche Dokumentation), Koh. 3 – nach Pfadeinführung (elektronische Dokumentation) und Koh. 4 Follow-up – 1 Jahr nach Implementierung zur Erhebung der Nachhaltigkeit. Zusätzlich wurden auf einzelnen Implementierungsstufen Befragungen zu Einstellung, Kenntnis und Zufriedenheit der Mitarbeiter gegenüber Pfaden durchgeführt, um mögliche Barrieren zu identifizieren. Ergebnisse: Es lässt sich eine eindeutige Verbesserung der Versorgungsqualität durch Verkürzung der präoperativen Liegezeit erkennen. Hier konnte nach Einführung des Behandlungspfades (Koh. 2) eine Verschiebung osteosynthetisch versorgter ASA 1 und 2 Patienten innerhalb der 24 Std. Grenze von 53,3% auf 94,4% erreicht und damit den Forderungen der BQS Rechnung getragen werden. Auch eine endoprothetische Versorgung konnte in Koh. 2 in 95,5% der Fälle innerhalb 24 Std. durchgeführt werden (vorher 21,9%). Mit Einführung der computerbasierten Pfadsteuerung verlagerten sich diese Zahlen wieder zu Lasten der frühzeitigen Versorgung (Osteosynthese bei ASA 1 und 2 Patienten innerhalb 24 Std. in 81,3%). Eine weitere Verbesserung der Versorgungsqualität ergab sich durch frühzeitige Gabe einer ersten medikamentösen Thromboembolieprophylaxe nach Aufnahme. Durch die Verlagerung dieser Maßnahme auf den Notfallbereich bekamen Patienten nach Einführung des klinischen Pfades bereits nach 2:38 Std. einen Heparinbolus appliziert, während Patienten der Koh. 1 diesen erst 6 Std. nach Aufnahme erhielten. Nach Einführung der elektronischen Pfadsteuerung konnte dieser Zeitraum weiter verkürzt werden (1:30 Std.). Die Nutzungsquote der handschriftlichen Pfaddokumentation (Koh. 2) liegt bei 100%, die der elektronischen Pfaddokumentation (Koh. 3) bei 86,52%. Bezüglich der Nachhaltigkeit der Implementierung (Koh. 4) zeigt sich eine Verringerung der binnen 24 Std. osteosynthetisch versorgten ASA 1 und 2 Patienten um 20% sowie eine Zunahme der Versorgung nach über 48 Std. auf 13%. Die Nutzungsquote der elektronischen Pfaddokumentation liegt über einen Zeitraum von 10 Monaten bei 59,7%. Die Anordnung der Medikation wurde in Koh. 3 in 100% angegeben. Es zeigte sich eine Verschlechterung bei Angabe des Dosierschemas. In Koh. 2 lässt sich keine wesentliche Änderung zur Situation vor der Pfadeinführung feststellen. Der Fragebogenrücklauf betrug: Erste Befragung Ärzte: 84,62%, Pflege: 59,38%, zweite Befragung Ärzte: 66,67%, Pflege: 76,29%, dritte Befragung Ärzte: 47,62%. Im Vergleich Pflege und Ärzte (Befragung 1 und 2) fühlen sich Ärzte höher belastet als Pflegepersonal. Ärzte haben mehr Erfahrung mit der Anwendung klinischer Pfade allgemein, während Pflegepersonal häufiger mit dem klinischen Pfad „proximale Femurfraktur“ in Kontakt getreten war. Pflegepersonal und Ärzte kreideten den als zu hoch empfundenen Aufwand im Vergleich zum Nutzen an, während beide Berufsgruppen dies im Verlauf entkräfteten. Bei Beobachtung von Ärzten zu drei Zeitpunkten berichten diese nach Einführung der elektronischen Pfaddokumentation über rückläufigen Dokumentationsaufwand und gestiegene Handlungssicherheit. Auch dass Pfade nur zusätzliche Arbeit machen und man keine Zeit für Pfade habe wird mit elektronischer Dokumentation zunehmend negiert. Pflegepersonal wünschte sich eine elektronische Dokumentationsmöglichkeit. Diskussion: Die Pfadimplementierung mittels „academic detailing“ war erfolgreich, verschlang jedoch hohe personelle Ressourcen. Neben Verbesserungen der Versorgungsqualität fielen auch negative Ergebnisse auf, welche kritisch hinterfragt werden müssen. Die workflowadaptierte Prozesssteuerung im KIS war bei geringerem Aufwand ebenfalls erfolgreich und bietet eine adäquate Alternative. Trotz akzeptabler Nachhaltigkeit kann nur durch wiederkehrende Schulungen ein Effekt aufrechterhalten werden. Für die Abbildung weiterer Pfade entscheidender Schritt wird die Modularisierung zur Bereitstellung möglichst vieler generischer Elemente sein, welche dann für andere Pfade und von anderen Kliniken nutzbar sind.
DOI:10.17192/z2010.0548