Die mikroskopische Gefäßinvasion als Prognosekriterium für das Langzeitüberleben von Patienten mit Nierenzellkarzinom ohne makroskopische Gefäßinvasion
Das Nierenzellkarzinom ist nach dem Prostata- und Harnblasenkarzinom die dritthäufigste urologische Tumorerkrankung und zeigt trotz etablierter prognostischer Kriterien häufig einen unvorhersehbaren klinischen Verlauf. So kann noch nach über zehn Jahren eine metachrone Metastasierung der Erkrankung...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2010
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Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Das Nierenzellkarzinom ist nach dem Prostata- und Harnblasenkarzinom die dritthäufigste urologische Tumorerkrankung und zeigt trotz etablierter prognostischer Kriterien häufig einen unvorhersehbaren klinischen Verlauf. So kann noch nach über zehn Jahren eine metachrone Metastasierung der Erkrankung auftreten. Eine vollständige operative Entfernung des Tumors stellt derzeit die einzige kurative Therapie des lokalisierten Nierenzellkarzinoms dar, und trotz der Entwicklung neuer zielgerichteter targeted Therapien ist eine Heilung im metastasierten Stadium bis heute in der Regel nicht mehr möglich. Dies erfordert die Etablierung effizienter klinischer und tumorspezifischer Prognoseparameter, um jedem Patienten eine risikoadaptierte Nachsorge mit dem Ziel, eine Tumorprogression zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen, empfehlen zu können.
Es existieren gut etablierte und in großen Studien validierte Prognosekriterien wie das Tumorstadium oder das Tumorgrading; im Rahmen dieser Arbeit sollte am Patientenkollektiv der Klinik für Urologie und Kinderurologie des Universitätsklinikum Marburg der Jahre 1990 bis 2000 untersucht werden, ob eine mikroskopisch nachweisbare Gefäßinvasion des Primärtumors das tumorspezifische Überleben der Patienten beeinflusst und sich als unabhängiges Prognosekriterium zur Abschätzung des Langzeitverlaufs von Patienten mit Nierenzellkarzinom der Stadien pT1 bis pT3a eignet.
Es wurden insgesamt 531 Patienten untersucht, von denen in die Analyse nur 392 Patienten der Tumorstadien pT1 bis pT3a einbezogen wurden. Da in der Durchsicht der pathologischen Gutachten in den Patientenakten in nur 16 (3%) Fällen eine mikroskopische Gefäßinvasion beschrieben war, wurde die Hypothese aufgestellt, dass diesem Kriterium zum Zeitpunkt der Befundung keine besondere Beachtung geschenkt wurde, da die Wertigkeit der mikroskopischen Gefäßinvasion als Prognosekriterium für das Nierenzellkarzinom im Gegensatz zu anderen Tumoren (wie dem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom, dem malignen Melanom oder den Keimzelltumoren des Hodens) noch nicht hinreichend geklärt war und ist. Daher wurden die 392 Fälle einer erneuten histopathologischen Begutachtung unterzogen, im Rahmen derer 312 Fälle, bei suffizient beurteilbaren Präparaten, adäquat auswertbar waren und in 46 Fällen (14,7%) eine mikroskopische Gefäßinvasion diagnostiziert werden konnte. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum für das Kollektiv lag bei 6,38 Jahren, beziehungsweise 77 Monaten.
Die statistischen Berechnungen ergaben eine signifikante Korrelation zwischen der mikroskopischen Gefäßinvasion und dem Tumorstadium (p<0,001), dem Tumorgrading (p=0,006) und der Lymphknotenmetastasierung (p<0,001). Dabei korrelierte der Nachweis einer Mikroinvasion mit höheren T-Stadien, einem schlechteren Differenzierungsgrad und einer häufiger vorhandenen Lymphknotenmetastasierung zum Operationszeitpunkt. Darüber hinaus konnte ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Überlebensstatus und der mikroskopischen Gefäßinvasion gezeigt werden. Dabei zeigte sich eine signifikante Häufung des Merkmals „verstorben am Tumor“ in der Gruppe der Tumore mit Mikroinvasion (p=0,001). Das relative Risiko, am Nierenzellkarzinom zu versterben zeigte sich für Patienten mit mikroskopischer Gefäßinvasion des Primärtumors etwa dreifach erhöht. Es konnte keine statistische Korrelation zwischen der mikroskopischen Gefäßinvasion und dem Alter, dem body mass index, dem Geschlecht, der simultanen Fernmetastasierung und dem histologischen Subtyp gezeigt werden. Die Überlebensanalysen des Kollektivs ergaben univariat einen statistisch signifikanten Unterschied im tumorspezifischen 5-Jahre-Überleben zwischen den beiden Patientengruppen mit und ohne mikroskopische Gefäßinvasion (p<0,001). Die tumorspezifischen 5-Jahre-Überlebensraten lagen bei 61% für Patienten mit Mikroinvasion und bei 91% für Patienten ohne eine solche. Die Multivariatanalyse konnte die mikroskopische Gefäßinvasion jedoch nicht als unabhängiges prognostisches Kriterium für das Langzeitüberleben von Patienten mit Nierenzellkarzinom der Stadien pT1 bis pT3a identifizieren, auch wenn ein gewisser Trend für eine Verschlechterung des tumorspezifischen Überlebens vorlag (p=0,075; Hazard Ratio 1,82, 95%-Konfidenzintervall 0,94-3,51). Es bestätigten sich jedoch die gängigen und etablierten unabhängigen Prognosekriterien Tumorstadium, Tumorgrading und Fernmetastasierung.
Die in der vorliegenden Arbeit erhobenen Ergebnisse zeigen, dass die mikroskopische Gefäßinvasion zwar mit einem signifikant kürzeren tumorspezifischen Überleben beim Nierenzellkarzinom korrelierte, sich aber zumindest in dem von uns untersuchten Patientenkollektiv (Tumore der Stadien pT1 bis pT3a, n=312) nicht als unabhängiges prognostisches Kriterium für das tumorspezifische Überleben identifizieren ließ. |
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DOI: | 10.17192/z2010.0404 |