Chronische Erkrankungen und religiöse Copingstrategien
Chronische Erkrankungen stellen für die betroffenen Patienten auf Grund ihrer Langfristigkeit spezielle Anforderungen an die persönliche Form der Krankheitsbewältigung. Sie nehmen meist einen schlecht vorhersehbaren Verlauf und wirken sich auf viele Lebensbereiche der Patienten aus. Zudem ist das...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2010
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Chronische Erkrankungen stellen für die betroffenen Patienten auf Grund ihrer
Langfristigkeit spezielle Anforderungen an die persönliche Form der
Krankheitsbewältigung. Sie nehmen meist einen schlecht vorhersehbaren Verlauf
und wirken sich auf viele Lebensbereiche der Patienten aus. Zudem ist das
Vorliegen komorbider psychischer Störungen (z.B. Depressivität) bei chronisch
erkrankten Patienten gehäuft festzustellen. Der Rückgriff auf die eigene Religiosität
kann dabei für die Betroffenen eine individuelle Ressource im Rahmen des
Copingprozesses darstellen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Zusammenhang zwischen der Anwendung
religiöser Bewältigungsstrategien und dem Ausmaß von Depressivität an einem
Kollektiv chronisch erkrankter Patienten zu untersuchen. Im Rahmen der
durchgeführten Studie wurden religiöse Copingstrategien durch ausgewählte Teile
des RCOPE (Pargament et al., 2000) in der deutschen Version von Lehr et al.
(2007) mehrdimensional erfasst sowie durch eine neu entwickelte Skala zur religiösmusikalischen
Bewältigung ergänzt. Depressivität wurde mittels der
Depressivitätsskala des deutschsprachigen Instrumentes HADS-D (Herrmann &
Buss, 1994) gemessen. Es gingen die Daten von N = 117 Studienteilnehmern im
Alter von 17 bis 87 (M = 57.01) mit unterschiedlichen chronischen Erkrankungen
(z.B. Diabetes mellitus, Koronare Herzerkrankung, Multiple Sklerose) ein, die mittels
exploratorischer Faktorenanalyse, bivariater Korrelationsanalysen sowie
Regressionsanalysen ausgewertet wurden.
Als Ergebnis konnte die Annahme eines Zusammenhanges zwischen der
Anwendung religiöser Bewältigungsstrategien und dem Erleben von Depressivität
bei chronisch erkrankten Patienten bestätigt werden. Entsprechend der
Untersuchungen von Pargament et al. (2000) konnte gezeigt werden, dass negative
religiöse Copingstrategien (Unzufriedenheit mit Gott, r = .25; Bestrafung durch Gott,
r = .34) signifikant mit einem höheren Ausmaß an Depressivität korrelieren. Für die
positive Strategie Soziale Unterstützung (r = -.24) sowie für die neu entwickelte
Skala Musik (r = -.26) konnten signifikante Korrelationen zu einer geringeren
Depressivität gefunden werden. Die mittels Regressionsanalyse erhobene aufgeklärte Varianz von Depressivität durch religiöse Krankheitsbewältigung betrug
14 %. Ferner konnte in einem explorativen Teil der Arbeit gezeigt werden, dass die
negative Copingstrategie Bestrafung durch Gott sowie die Strategie der musikalischemotionalen
Bewältigung diejenigen Prädiktoren der Regressionsgleichung
darstellen, durch welche die Kriteriumsvariable Depressivität am besten
vorhergesagt werden kann.
Die erzielten Ergebnisse sprechen für eine begründete Integration der Ressource
Religiosität in den Bereich der ärztlichen Beratung und Begleitung von chronischen
Patienten. Durch die multidimensionale Betrachtung religiösen Copings wird ein
tieferes Verständnis für den Wirkmechanismus der verschiedenen Strategien
eröffnet. Das differenzierte Erkennen und Beachten insbesondere von negativen,
dysfunktionalen religiösen Überzeugungen kann darüber hinaus einen Beitrag zum
besseren Verständnis möglicher depressiver Störungen bei chronisch erkrankten
Patienten leisten. |
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DOI: | 10.17192/z2010.0375 |