Die Hygienehypothese im bäuerlichen Umfeld : immunologische Mechanismen pränataler Einflussfaktoren im Hinblick auf die Zytokinexpression im Nabelschnurblut
In den letzten Jahrzehnten hat die Prävalenz von allergischen Erkrankungen im Kindesalter besonders in den Industrienationen deutlich zugenommen. An den zugrunde liegenden Ursachen und am Verständnis dieser Erkrankungen wird derzeit intensiv geforscht. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der prä- un...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2010
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | In den letzten Jahrzehnten hat die Prävalenz von allergischen Erkrankungen im Kindesalter besonders in den Industrienationen deutlich zugenommen. An den zugrunde liegenden Ursachen und am Verständnis dieser Erkrankungen wird derzeit intensiv geforscht. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der prä- und auch postnatalen Phase des Neugeborenen, da die Grundlagen zur Entwick-lung allergischer Erkrankungen wahrscheinlich schon sehr früh geschaffen wer-den. Zudem wurde bereits 1989 von Strachan ein Zusammenhang zwischen hygienischen Bedingungen und Haushaltsgröße mit dem verminderten Auftre-ten allergischer Erkrankungen entdeckt.
Im Rahmen dieser „Hygienehypothese“ wurden in der Vergangenheit mehrere Studien durchgeführt, die zum Ziel hatten, den Effekt des bäuerlichen Lebens-umfeldes auf die Inzidenz allergischer Erkrankungen dort lebender Individuen zu untersuchen. Alle bisher durchgeführten Studien wurden ausschließlich als Retrospektiv- oder Querschnittsstudie angelegt.
Die hier zugrunde liegende PASTURE-Studie (Protection against Allergy-STUdy in Rural Enviroment) begleitet, als erste Kohortenstudie in diesem For-schungsbereich, Kinder einer Bauern- und einer Nichtbauernpopulation von der Schwangerschaft über die Geburt bis hin zum sechsten Lebensjahr. Das Pro-jekt wird in fünf europäischen Ländern (D, A, F, FIN, CH) durchgeführt. Dazu wurde der Lebensstil der Mutter während der Schwangerschaft und des Kindes während der ersten sechs Jahre mit Fragebögen erfasst. Zudem wurden Blut-proben aus der Nabelschnur der Kinder und im Alter von ein, vier und sechs Jahren gewonnen und untersucht.
Als Teilprojekt widmet sich diese Arbeit den Nabelschnurblutproben der Säug-linge. Nach Stimulation mit PMA/Ionomycin wurden die Konzentrationen der Zytokine IL-5, IL-10, IL-12, IFN- und TNF- mittels handelsüblichen Sandwich-ELISA bestimmt und mit den Lebensgewohnheiten der Mutter während der Schwangerschaft assoziiert.
Signifikante Korrelationen wurden, im Kontext der aktuellen Literatur, auf ihre Aussagekraft zur Vorhersage für spätere allergische Erkrankungen der Kinder untersucht.
Bei der Auswertung der Daten zeigten sich signifikante positive Korrelationen bei „Mehrkinderhaushalten“ mit dem Zytokin IFN-. „Gehäufte mütterliche Arbeit in Heuschobern“ korrelierte positiv signifikant mit dem Zytokin TNF- und „häu-figer Kontakt der Mutter zu Nutztieren“ mit den Zytokinen IFN- und TNF-. Ur-sächlich für diese Ergebnisse wurde in erster Linie der immunmodulierende Ef-fekt des mikrobiellen Umfeldes der Bauernhofumgebung diskutiert.
Des Weiteren zeigte der mütterliche Genuss von Rohmilch, und insbesondere daraus hergestellter Produkte wie Butter, einen starke Assoziation mit den in-flammatorischen Zytokinen (IFN- und TNF-) im Nabelschnurblut. Hierbei wur-den immunmodulierende Fettsäuremuster in alpiner Kuhmilch als mögliche Ur-sache diskutiert.
Die Zytokine IFN- und TNF- als charakteristischen Botenstoffe der TH-1- und zellulären Antwort wurden in vorangegangen Studien bereits häufig mit niedri-gen Allergieerkrankungsraten assoziiert. Sollten sich die klinischen Ergebnisse dieser Studie bezüglich der Allergieentwicklung der Kinder im sechsten Lebens-jahr mit den Assoziationen im Nabelschnurblut decken, würden sich diese Zyto-kine als besonders zuverlässige Prädiktoren für das Risiko, zukünftig an allergi-schen Erkrankungen zu leiden, darstellen.
Schwerpunktmäßig wurde auf die finnische Subpopulation eingegangen und mit der Gesamtpopulation verglichen. Dabei zeigten sich trotz niedrigerer Fallzah-len als in der Gesamtkohorte signifikante Korrelationen zwischen erhöhten Zy-tokinkonzentrationen der TH-1-Antwort und landestypischem Verhalten, wie dem überdurchschnittlich langen mütterlichen Stallaufenthalt. Dies kann als wei-terer Beleg für die Existenz der gezeigten Zusammenhänge zwischen bäuerli-chen Einflussfaktoren und induzierten Zytokinkonzentrationen gewertet werden.
Trotz dieser zahlreichen vielversprechenden Korrelationen von induzieren Zyto-kinkonzentrationen im Nabelschnurblut mit Variablen der traditionellen Farm-umgebung, muss der klinische Endpunkt der Gesamtstudie für eine endgültige Bewertung unserer Ergebnisse abgewartet werden. Angesichts einer Vielzahl ähnlich lautender Befunde in der aktuellen Literatur ist jedoch anzunehmen, dass sich einzelne der von uns gezeigten Effekte langfristig bestätigen und An-lass zu weiteren Untersuchungen geben werden. |
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Physical Description: | 109 Pages |
DOI: | 10.17192/z2010.0038 |