Prozessoptimierung in der Krankenhaussprechstunde: Erfahrungen und Ergebnisse unter Berücksichtigung der Möglichkeiten von Informationstechnologie

Einleitung: Prozessorientiertes Denken nimmt in der Medizin bei knapper werdenden Ressourcen einen immer größeren Stellenwert ein. Diese Arbeit untersucht Möglichkeiten der Prozessoptimierung im Bereich der ambulanten Versorgung am Krankenhaus. Fragestellung: Mit einer Interventionsstudie wird unte...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Spormann, Rüdiger Franz Walter
Beteiligte: Schnabel, M. (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2009
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Einleitung: Prozessorientiertes Denken nimmt in der Medizin bei knapper werdenden Ressourcen einen immer größeren Stellenwert ein. Diese Arbeit untersucht Möglichkeiten der Prozessoptimierung im Bereich der ambulanten Versorgung am Krankenhaus. Fragestellung: Mit einer Interventionsstudie wird untersucht, ob ein aus der Softewareentwicklung abgeleitetes Vorgehensmodell erfolgreich für ein Prozessoptimierungsprojekt in der ambulanten Sprechstunde eines Krankenhauses angewandt werden kann. Es wird die EDVUnterstützung klinischer Abläufe der Sprechstunde eingeführt. Das Gesamtzielkriterium ist die Steigerung der Patientenzufriedenheit. Als Teilaspekt werden die Erstellung und die Anpassung eines in einem KIS abgebildeten Terminkalenders mittels Generatortools untersucht. Können durch eine erfolgreiche Umsetzung verkürzte Wartezeiten der Patienten sowie eine verbesserte Dokumentenbereitstellung erreicht werden? Ein weiterer Teilaspekt ist die Einführung von „Computerized Physician Order Entry“ für radiologische Untersuchungen in der ambulanten Sprechstunde. Ist dies technisch und organisatorisch möglich und können dadurch eine höhere Prozessqualität und kürzere Prozesszeiten erreicht werden? Material und Methoden: Untersucht wird die unfallchirurgische Sprechstunde für ambulante und ehemals stationäre Patienten an einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Die Datenerhebungen fanden im Herbst 2002 und Frühjahr 2004 statt. Sie bestehen aus einer Patientenbefragung inklusive eines Zufriedenheitsfragebogens, Messungen der Warte- und Prozesszeiten sowie Mitarbeiterbefragungen. Die zwischenzeitliche Prozessoptimierung erfolgt nach einem Vorgehensmodell, welches sich von dem Modell zur Softwareentwicklung im Krankenhaus nach (Kuhn KA, Lenz R et al. 2003) ableitet. Es besteht aus einer Erkundungs- und einer Analysephase zur Erfassung von Problembereichen und zur Datenerhebung. Es folgt eine Phase des Redesigns, in der Prozessänderungen und IT-Anwendungen entworfen werden. Diese werden in der Implementierungsphase organisatorisch und technisch umgesetzt. Nach einer Phase der Schulung für die Mitarbeiter folgt der Routinebetrieb. In der zweiten Analysephase wird abschließend der der Erfolg des Projektes gemessen. Ergebnisse: Die Prozessoptimierung nach dem genannten Vorgehensmodell konnte erfolgreich durchgeführt werden. Ein Terminkalender für die Sprechstunden und ambulante Operationen wurde erfolgreich im KIS eingeführt, dieser beinhaltet die Terminvergabe bei der Arztbriefschreibung. Die Anmeldung von radiologischen Untersuchungen wurde auf ein CPOE-Verfahren umgestellt und ein Vorgehen zur direkten Einbestellung von Patienten zur Röntgenuntersuchung eingerichtet. Die Mitarbeiter der Sprechstunde akzeptieren diese Prozessänderungen, die eingeführten IT-Anwendungen werden überwiegend als positiv betrachtet. Die Anzahl der vorhandenen Termineinträge der Patienten steigt signifikant auf 67,5% der Fälle (p=0,000), die Verfügbarkeit von Akten bei der Anmeldung des Patienten steigt auf 47,8% (p=0,000). Die Ankunft der Patienten in der Sprechstunde erfolgt durchschnittlich zu einem späteren Zeitpunkt (p=0,000) und verteilt sich gleichmäßiger über die Sprechstundenzeit. Die Wartezeit der Patienten auf den ersten Aufruf in die Sprechstunde sinkt signifikant von 69min. (n=344) auf 43min. (n=317) (p=0,000). Ebenso sinkt die Gesamtdauer des Sprechstundenbesuches signifikant von 128min. auf 100min (p=0,000). Die Wartezeit auf die Röntgenuntersuchung verlängert sich jedoch signifikant um 5min (p=0,045). Die Dauer der Röntgenuntersuchung verlängert sich signifikant um durchschnittlich eine Minute (p=0,039). Weder steigt der Patientenanteil, der direkt zu einer Röntgenuntersuchung einbestellt wird, noch verringert sich die Wartezeit hierfür signifikant. Die Patientenzufriedenheit steigt zwischen den Messzeitpunkten signifikant an (p=0,001). Diskussion: Mit dem Vorgehensmodell kann mit vertretbarem Aufwand erfolgreich eine Prozessoptimierung in einer ambulanten Sprechstunde am Krankenhaus unter Einführung von IT-Anwendungen durchgeführt werden. Kurze Iterationen, ein offener Kommunikationsstil, die frühe Einbindung der Endnutzer und ein abteilungsübergreifendes Vorgehen sind wichtige Erfolgsfaktoren. Die Aufteilung des Gesamtprojektes in Unterschritte ist vorteilhaft. Bei ITgestützten Interventionen ist ein hochpartizipatorischer, iterativer Softewareentwicklungsprozess in Verbindung mit einem holistischen KIS der Schlüssel zum Erfolg. Ein „Generator Tool“ des KIS ermöglicht die schnelle Entwicklung klinischer Anwendungen. Durch die gewählte Form der Prozessoptimierung kann die Patientenzufriedenheit signifikant steigen. Es gibt starke Hinweise, dass Terminkalender im KIS die Wartezeit auf den ersten Aufruf in das Behandlungszimmer und die Gesamtaufenthaltsdauer der Patienten reduzieren sowie die Aktenverfügbarkeit bei der Anmeldung erhöhen. Die Übernahme eines bestehenden CPOE für radiologische Untersuchungen in eine ambulante Sprechstunde am Krankenhaus ist technisch und organisatorisch möglich. Sie führt zu einer höheren Prozessqualität, jedoch entstehen dadurch eine zeitliche Mehrbelastung der anwendenden Ärzte und längere Wartezeiten der Patienten auf die Untersuchung. Die Einbestellung von Patienten direkt zu einer Röntgenuntersuchung unter Verwendung von CPOE ist umsetzbar, führt aber zu keiner Einsparung von Wartezeit für den Patienten. In den neuen Feldern von Prozessdenken und Informationstechnologie in der Patientenversorgung zeigt diese Arbeit ein erfolgreiches Modell zur Optimierung der ambulanten Versorgung am Krankenhaus.
Umfang:186 Seiten
DOI:10.17192/z2009.0543