Psychology Psychologie Psychologie Schuld https://doi.org/10.17192/z2009.0076 Psychologische Faktoren haben großen Einfluss auf das Ergebnis bzw. den Erfolg einer Adipositasbehandlung, und es existiert vermutlich ein psychologischer Mechanismus, der erklären kann, warum nur eine Untergruppe der adipösen Population unter ihrem Körpergewicht leidet. Die Haupthypothese dieser Arbeit besagt, dass gewichtsbezogene Scham- und Schuldgefühle psychologische Faktoren darstellen, die zum einen für das emotionale Wohlbefinden, zum anderen für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme entscheidend sind. Frühere Studien lieferten Hinweise darauf, dass diese Hypothese gültig sein könnte: Adipöse Individuen erleben häufig Schamgefühle durch das sichtbare Stigma des Körpergewichts und dem überall präsenten Schlankheitsideal. Schuldgefühle werden ebenfalls häufig erlebt, da adipöse wie auch nicht adipöse Individuen die Gewichtskontrolle meist als eine Sache der Willensstärke sehen. Die drei in dieser Arbeit vorgestellten Manuskripte thematisieren die folgenden Fragestellungen: Sind gewichtsbezogene Scham und gewichtsbezogene Schuld als eigenständige Konstrukte messbar? Sind gewichtsbezogene Scham- und Schuldgefühle Prädiktoren für eine Veränderung des Körpergewichts? Lassen sich gewichtsbezogene Schuldgefühle durch eine Beratung minimieren, in welcher genetische Komponenten bei der Entstehung der Adipositas betont werden? Das erste Manuskript beschreibt die Validierung einer Skala zur Messung von gewichtsbezogener Scham und Schuld (WEB-SG) in einer Stichprobe von 331 adipösen Individuen. Faktoranalysen bestätigten ein Zweifaktorenmodell. Die Unterskalen der WEB-SG erwiesen sich als intern konsistent und reliabel. Die Konstruktvalidität der Unterskalen wurde durch substanzielle Überschneidungen gemeinsamer Varianz mit anderen Schuld- und Schamskalen nachgewiesen. Weiterhin zeigten die Unterskalen unterschiedliche Korrelationsmuster zu anderen Skalen, allerdings waren sie nicht substanziell mit der Variable BMI assoziiert. Scheinbar ist die erlebte Häufigkeit von gewichtsbezogenen Scham- und Schuldgefühlen von anderen Faktoren beeinflusst als dem Körpergewicht. Das zweite Manuskript thematisiert die längsschnittlichen Zusammenhänge zwischen gewichtsbezogenem Coping, Schuld- und Schamgefühlen in einer Stichprobe von 98 adipösen Personen in einem Zeitraum von sechs Monaten. Ziel der Studie war die Exploration sowohl der Art als auch Häufigkeit typischer Belastungssituationen adipöser Individuen, in denen sie sich ihrer Adipositas bewusst werden. Die am häufigsten genannten Belastungssituationen waren den Kategorien ‘negative Bewertung durch die eigene Person oder durch andere’, ‘körperliche Bewegung’, oder ‘umweltspezifische Probleme’ zuordenbar. Überdies war der für jede Situation eingeschätzte Belastungsgrad statistisch unabhängig vom BMI, allerdings signifikant positiv korreliert mit gewichtsbezogenen Scham- und Schuldgefühlen. Starkes Übergewicht per se scheint demzufolge nicht den Belastungsgrad durch gewichtsbezogene Situationen zu determinieren, wohl aber die kognitiv-emotionale Bewertung der Situationen. Weiteres Ziel der Studie war die Bestimmung der prädiktiven Validität gewichtsbezogener Scham- und Schuldgefühle in Hinblick auf eingesetzte Copingstrategien. Entgegen der formulierten Hypothese waren gewichtsbezogene Schamgefühle ein signifikant negativer Prädiktor für problemfokussiertes Engagementcoping. Gewichtsbezogene Schuldgefühle waren, wie erwartet, ein signifikant positiver Prädiktor für problemfokussiertes Engagementcoping sowie für gezügeltes Essverhalten. Schließlich war bei der Gruppe adipöser Personen, die einen Gewichtsverlust über die sechs Monate erlebten, eine signifikante Reduktion in Hinblick auf problemfokussiertes Disengagementcoping zu beobachten. Die Studie, die im dritten Manuskript vorgestellt ist, untersuchte die Fragestellung, ob eine Adipositasberatung, die genetische Informationen über die Erkrankung beinhaltet, zu einer Veränderung gewichtsbezogener Einstellungen (beispielsweise in Hinblick auf das individuelle Wunschgewicht) sowie gewichtsbezogener Schuldgefühle und Copingstrategien führt. Zu diesem Zweck wurde ein Längsschnittstudiendesign gewählt, bei welchem zwei Interventionsgruppen (n1 = 126; n2 = 127) und eine Kontrollgruppe (n = 98) untersucht wurden. Unabhängige Variablen waren die experimentelle Variation der Beratung (mit genetischer Information vs. ohne), die vorhandene familiäre Prädisposition (mindestens ein Elternteil oder Geschwister adipös vs. kein Elternteil oder Geschwister adipös) und zwei Messzeitpunkte (vor Beratung vs. sechs Monate später). Personen mit und ohne familiärer Prädisposition profitierten in unterschiedlichem Maß von der Beratung mit genetischen Informationen: Nach sechs Monaten berichteten Personen mit einer familiären Prädisposition hauptsächlich Erleichterung im Sinne einer Abnahme von essbezogenen Schuld- und Schamgefühlen. Beide Experimentalgruppen (unabhänging von Art der Beratung und Prädisposition) berichteten eine signifikante Veränderung hinzu realistischeren Gewichtsabnahmezielen sowie eine größere Zufriedenheit mit einer 5%igen Gewichtsabnahme. Zudem war das Risiko einer Gewichtszunahme bei Follow-up umso größer, je unzufriedener adipöse Personen mit ihrem aktuellen Gewicht vor der Beratung gewesen waren. Zusammenfassend scheint eine Beratung, die genetische Informationen über Adipositas beinhaltet, hilfreich zu sein, vor allem für Personen mit einer familiären Prädisposition. Fettsucht urn:nbn:de:hebis:04-z2009-00764 Bewältigung Coping Psychological factors proved to have significant influence on the outcome and success of the treatment of obesity, and there might be a psychological mechanism explaining why only a subgroup of the obese population suffers from being overweight. The main hypothesis of this work is that weight-related shame and guilt feelings are psychological factors crucial for both emotional well-being and the success of weight loss attempts. Prior studies found suggestive evidence that this hypothesis might be valid: Obese individuals are likely to experience weight-related shame feelings through the contrast of an overtly visible stigma and the omnipresent thin ideal in society. Weight-related guilt feelings are likely experienced since weight control is still viewed as a matter of willpower by obese as well as nonobese individuals, but unfortunately most weight loss attempts do not remain successful. Consequently, the three manuscripts address the following research questions: Are weight-and body-related shame and guilt concerning weight control separate constructs? Are weight-related shame and guilt feelings associated to BMI? Are shame-based or guilt-based coping responses predictive of weight change? Is it possible to minimize guilt and shame feelings about eating through a counseling approach emphasizing genetic factors in the development of obesity? The first manuscript presents the evaluation of the psychometric properties of a new self-report measure of weight- and body-related shame and guilt (WEB-SG) in a sample of 331 obese individuals. The factorial structure of the WEB-SG supported a two-factor conceptualization. The WEB-SG subscales proved to be internally consistent and temporally stable. The construct validity of the subscales was evidenced by a substantial overlap of common variance with other shame and guilt measures. Also, the subscales showed differential correlation patterns to other scales, but were not substantially associated to BMI. Thus, it appears that the frequency of weight-related shame and guilt feelings in obese individuals may be affected by factors other than weight. The second manuscript presents the longitudinal associations among weight-related coping, guilt, and shame in a sample of 98 obese individuals. The study explored the kind and frequency of typical coping situations in which obese individuals become aware of being obese. Individuals reported mostly negative evaluations through others/self, physical exercise situations, or environmental hazards. Again, the perceived distress about those situations did not differ significantly between levels of obesity, but was strongly correlated to weight-related shame and guilt. Excessive body weight itself does not appear to be the determinant of distress about weight-related situations, but cognitive appraisal of the situation. Furthermore, the study sought to determine the predictive utility of weight-related shame and guilt concerning coping responses. Contrary to the hypothesis, weight-related shame at baseline was a significant negative predictor for problem-focused engagement coping, whereas, as expected, weight-related guilt was a significant positive predictor for problem-focused engagement strategies and dietary restraint at follow-up. Finally, weight loss was accompanied by a substantial drop in problem-focused disengagement coping. The study outlined in the third manuscript tested the effects of a consultation using genetic information about obesity on attitudes about weight loss goals, self-blame about eating, and weight-related coping in obese individuals. For that purpose, we chose a longitudinal experimental design with two intervention groups (n1 = 126; n2 = 127) and a control group (n = 98). Independent variables were the experimental variation of the consultation (with and without genetic information), the familial predisposition (at least one parent/sibling obese vs. no parent/sibling obese), and two assessment points (after consultation and 6-month follow-up). Individuals with and without a familial predisposition profited in different ways from a consultation using genetic information about obesity: At follow-up, individuals with a familial predisposition reported mainly a relieving effect in the form of less self-blame about eating. Both experimental groups, independent of the factors Consultation and Familial Predisposition, reported an adjustment to more realistic weight loss goals and a greater satisfaction with a 5% weight loss. Regarding weight change, the less satisfied obese individuals felt about their current weight at baseline, the higher the risk that these individuals had gained weight at follow-up. In summary, a consultation with genetic information about obesity and feedback of the familial susceptibility seem to be helpful especially for obese individuals with a familial predisposition. Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg Universitätsbibliothek Marburg Conradt, Matthias Conradt Matthias Associations Among Obesity-Related Guilt, Shame, and Coping monograph 2008 2011-08-10 Philipps-Universität Marburg 2009-03-03 doctoralThesis Übergewicht Fachbereich Psychologie ths Prof. Rief Winfried Rief, Winfried (Prof.) Zusammenhang zwischen Schuld, Scham und Copingstrategien bei Adipösen opus:2279 Overweight 208 application/pdf 2008-12-18 Scham English https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2009/0076/cover.png