Kohärente Steuerung von Wellenpaketdynamik an konischen Durchschneidungen

In einer allgemeinen Sichtweise wird Chemie als die Lehre vom Aufbau, Verhalten und der Umwandlung von Stoffen bezeichnet. Auf der molekularen Skala der Betrachtung bedeutet dies, dass Chemie die Formung, die Dissoziation, im Allgemeinen die Entwicklung von molekularen Bindungen behandelt. Die Beoba...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Hauer, Jürgen
Beteiligte: Motzkus, Marcus (Prof. Dr) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2007
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In einer allgemeinen Sichtweise wird Chemie als die Lehre vom Aufbau, Verhalten und der Umwandlung von Stoffen bezeichnet. Auf der molekularen Skala der Betrachtung bedeutet dies, dass Chemie die Formung, die Dissoziation, im Allgemeinen die Entwicklung von molekularen Bindungen behandelt. Die Beobachtung solcher Vorgänge in Echtzeit und somit ein tiefer gehendes Verständnis von chemischen Reaktionen und ihrer Dynamik ist das Anliegen der Femtochemie. Die Vorsilbe „Femto“ (10-15) ergibt sich aus der natürlichen Zeitskala dieser Phänomene. Die Schwingungsperiode einer C=C-Streckschwingung innerhalb eines Polyengerüsts, die sich in dieser Arbeit als wichtige Größe herausstellen wird, liegt in der Größenordnung von unter 30 Femtosekunden. Die Spektroskopie mit Lichtimpulsen, die eine vergleichbare zeitliche Dauer aufweisen, verspricht Erkenntnisse über die Dynamik auf einer atomaren Skala. Es geht hier um die Untersuchung von molekularen Zuständen fernab vom Gleichgewicht. Phänomene wie die Umverteilung der Schwingungsenergie zwischen den molekularen Normalmoden oder die Kopplung von solchen Freiheitsgraden an die Umgebung wurden durch die Fortschritte in der Ultrakurzimpuls-Lasertechnologie zum Gegenstand physikalisch-chemischer Forschung. Es geht in der Femtochemie demnach um die Beantwortung grundlegender Fragen der Chemie: Wie formen sich chemische Bindungen? Was ist die Natur eines Übergangszustandes? Der Grund warum nach der Interaktion mit ultrakurzen Lichtimpulsen die spektroskopische Information nicht verloren geht oder verwaschen wird, liegt in der Kohärenz zwischen den angeregten Quantenzuständen. Die damit gemeinte Phasenbeziehung zwischen den Energieniveaus bleibt nicht nur erhalten, sie kann auch durch eine Formung des anregenden Lichtimpulses kontrolliert und gesteuert werden. Darin liegt die Grundidee der kohärenten Kontrolle, deren allgemeines Ziel es ist den Verlauf eines photochemischen oder photophysikalischen Prozesses durch die zeitliche Strukturierung der anregenden Lichtwelle zu beeinflussen. Worin liegt nun der Beitrag der vorliegenden Arbeit zu dem oben umrissenen Feld der kohärenten Kontrolle? Es wird ein aus spektroskopischer Sicht relevantes und erkenntnisreiches Teilgebiet weiter vorangetrieben, nämlich das der zustandsselektiven Spektroskopie durch Quantenkontrolle auf elektronisch angeregten Zuständen. Ziel dieses Zweiges ist es nicht, die Ausbeute der einen photogenerierten Spezies zu verstärken, während die andere unterdrückt wird. Es wird vielmehr die Zielsetzung verfolgt, Quantenzustände gezielt zu präparieren, um ihre Entwicklung jener nach unmodulierter Anregung gegenüberzustellen. Dieser Vergleich führte bereits zu neuen Erkenntnissen über das energetische Desaktivierungsnetzwerk in biologischen Systemen. Ziel dieser Arbeit ist es nun, mit den Möglichkeiten der kohärenten Kontrolle die molekulare Dynamik rund um einen entscheidenden Punkt einer molekularen Potentialfläche zu beleuchten, der durch konventionelle spektroskopische Methoden nur schwer zugänglich ist. Es geht um die Steuerung der Dynamik an konischen Durchschneidungen. Dieses wichtige theoretische Konzept der modernen Quantenchemie rüttelt an den konzeptionellen Grundfesten der Beschreibung von Molekulardynamik. Die Vorstellung von adiabatischen elektronischen Potentialflächen fußt auf der Born-Oppenheimer Näherung. Erst durch die Annahme der getrennten Lösbarkeit von elektronischer und nuklearer Wellenfunktion ist die Abbildung von elektronischen Potentialflächen entlang interner Kernkoordinaten möglich. Ultraschnelle Prozesse, die ein Durchdringen zweier solcher Hyperflächen und demnach eine Kopplung zwischen ihnen voraussetzen, lassen keine unabhängige Behandlung von elektronischer und struktureller Dynamik mehr zu. Erst durch das Aufgeben einer so grundlegenden Annahme wie der Born-Oppenheimer Näherung werden eine Vielzahl von quantendynamischen Problemen behandelbar. Wird Benzol als paradigmatisches Beispiel herangezogen, so definieren die geometrischen Eigenschaften einer konischen Durchschneidung die Produktverteilung der Photoreaktion. Die Kontrolle eines solchen nicht-adiabatischen Überganges wird somit zum Schlüsselschritt einer universellen Methode zur Steuerung von Wellenpaketdynamik und Photochemie. Ziel dieser Arbeit ist nun die kohärente Kontrolle von solchen ultraschnellen Vorgängen auf elektronisch angeregten Potentialflächen.
Umfang:133 Seiten
DOI:10.17192/z2007.0534