Entwicklung eines kindgerechten, buchstabenfreien Paradigmas zur Lateralisierung von Sprache mittels funktioneller transkranieller Dopplersonographie (fTCD) bei rechtshändigen Kindern und Jugendlichen

Vor epilepsiechirurgischen Eingriffen ist es für die Resektionsstrategie häufig wichtig, die sprachdominante Hemisphäre des Patienten zu bestimmen. Bisheriger Goldstandard für die Sprachlateralisierung ist der Wada-Test, ein invasives, aufwändiges, teures und für den Patienten unangenehmes Verfahren...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Möller, Nicola
Beteiligte: Hamer, Hajo (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2007
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Vor epilepsiechirurgischen Eingriffen ist es für die Resektionsstrategie häufig wichtig, die sprachdominante Hemisphäre des Patienten zu bestimmen. Bisheriger Goldstandard für die Sprachlateralisierung ist der Wada-Test, ein invasives, aufwändiges, teures und für den Patienten unangenehmes Verfahren, das einer konventionellen Katheterangiographie bedarf und auf einer Hemisphären-getrennten Anästhesie beruht. Besonders Kinder sind aufgrund von Somnolenz oder Agitiertheit während des Tests oftmals nicht in der Lage, den Test suffizient durchzuführen. Die funktionelle transkranielle Dopplersonographie (fTCD) während einer Wortgenerierungsaufgabe wird als alternatives non-invasives Verfahren bei Erwachsenen angesehen. Die Durchführbarkeit ist an Kenntnisse des Alphabets geknüpft, da Wörter zu vorgegebenen Anfangsbuchstaben generiert werden müssen. Um auch Kinder ohne sichere Alphabetkenntnisse von diesem Verfahren profitieren zu lassen, war das Ziel der Studie, ein standardisiertes buchstabenfreies Paradigma zu entwickeln und zu evaluieren, das in ausreichendem Maße zur sprachdominanten Seite lateralisiert. Es wurde daher ein Bildbeschreibungsparadigma mit 20 szenenreichen Bildern aus Kinderbüchern ausgewählt, die von 23 rechtshändigen 6-11jährigen Kindern (Gruppe „Kinder“) während einer Untersuchung mit fTCD beschrieben wurden. Während alternierenden zwanzig Ruhe- und Aktivierungsphasenphasen (Bildbeschreibung) wurde synchron die Strömungsgeschwindigkeit der Blutflusses in der rechten und linken Arteria cerebri media aufgezeichnet. Der Aufgaben getriggerte Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit wurde gemessen und zwischen beiden Hirnarterien verglichen, was die Berechnung eines Lateralitätsindex (LI) inkl. seines Standardfehlers erlaubte. Der LI wurde mit den Ergebnissen einer Kontrollgruppe verglichen, die aus 21 rechtshändigen 12-18jährigen Jugendlichen (Gruppe „Jugendliche“) bestand, die das Bildbeschreibungsparadigma zusätzlich zum bereits etablierten Wortgenerierungsparadigma durchführten. Die Ergebnisse wurden non-parametrisch ausgewertet. Vierzehn (61%) der 23 Kinder (LI: 0,74±4,22) zeigten hypothesenkonform eine Linkslateralisierung im Bildbeschreibungsparadigma, 8 (35%) lateralisierten nach rechts, bei 1 (4%) Probanden zeigte sich keine Dominanz (p=30). Von den Jugendlichen (LI: 2,35±4,65) lateralisierten im Bildbeschreibungsparadigma 14 (67%) links, 6 (29%) lateralisierten rechts, 1 (5%) Proband zeigte keine signifikante Dominanz (p=0,13). Es fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Höhe des LI der Kinder und dem LI der Jugendlichen (p=0,19). Im Wortgenerierungsparadigma lateralisierten 20 (95%) der 21 Jugendlichen (3,72±1,93) links, 1(5%) Proband lateralisierte wie auch in der Bildbeschreibung zur rechten Hemisphäre (p<0.001). In der Gruppe “Jugendliche“ bestand keine signifikante Korrelation zwischen den LI beider Paradigmen (R=0,34; p=0,14), und die Höhe der LI aus Bildbeschreibung und Wortgenerierung war nicht signifikant unterschiedlich (p=0,60). Zwischen Alter und Höhe des LI fand sich weder im Wortgenerierungsparadigma (p=0,81) noch im Bildbeschreibungsparadigma (p=0,24) eine signifikante Korrelation. Im buchstabenfreien Bildbeschreibungsparadigma zeigte sich in ähnlicher Ausprägung in der Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen eine signifikante linksseitige Lateralisierung. Hinsichtlich Datenqualität und Auswertbarkeit fanden sich keine relevanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Der LI war über die untersuchten Altersstufen zwischen 6 und 18 Jahren stabil. Das Bildbeschreibungsparadigma identifizierte jedoch im Vergleich zum Wortgenerierungsparadigmas weniger häufig die sprachdominante Hemisphäre. Eventuell wurden durch die komplexeren Bilder zusätzlich kontralaterale Zentren für räumliches Denken aktiviert, so dass die interhemisphärische Blutstromdifferenz geringer ausfiel. Daher könnte in Folgestudien fTCD während eines standardisierten kindgerechten Interviews durchgeführt werden, sodass rezeptive und expressive Sprachfunktionen spezifischer als das Bildbeschreibungsparadigma angeregt werden könnten unter Vermeidung starker visueller Aktivität. So könnte das Potenzial der Methode ausgeschöpft werden, in Zukunft einen wichtigen noninvasiven Beitrag in der präoperativen Epilepsie-Diagnostik von Kindern mit fokaler Epilepsie zu leisten.
Umfang:96 Seiten
DOI:10.17192/z2007.0360