Perioperative Risikofaktoren für ein verschlechtertes Überleben bei postoperativer Sepsis: Bedeutung von Hypothermie und Unterernährung im Rattenmodell
Rühlmann, Sebastian Ulrich
Trotz erheblicher Fortschritte in der Intensivmedizin und Forschung, stellt das Krankheitsbild der Sepsis aufgrund stetig steigender Inzidenz und nur marginal zurückgehender Mortalität ein immer wichtiger werdendes Problem auf der Intensivstation dar. Insbesondere Patienten, die großen abdominalchirurgischen Eingriffen unterzogen werden, sind gefährdet eine postoperative Sepsis zu entwickeln, of mit infauster Prognose. Da zurzeit eine kausale Therapie der Sepsis limitiert ist und die Mittel der Intensivmedizin begrenzt sind, erscheint es wichtig, Risikofaktoren für ein verschlechtertes Sepsisoutcome zu kennen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese modifizierbar sind. Auch für die Planung und Durchführung klinischer Studien ist die Kenntnis von Risikofaktoren wichtig, da ein Nichtbeachten dieser die Interpretierbarkeit der Ergebnisse einschränkt. In dieser Dissertation wurde die Bedeutung von perioperativer milder Hypothermie (32°C) und chronischer Unterernährung als Risikofaktoren für ein verschlechtertes postoperatives Sepsisüberleben evaluiert. Sowohl Unterkühlung, prä- und postoperativ, als auch Unterernährung lassen sich häufig bei chirurgischen Patienten im perioperativen Verlauf beobachten. Für beide Faktoren sind negative Effekte auf das Immunsystem beschrieben worden, die Bedeutung für den postoperativen Verlauf wird jedoch kontrovers diskutiert.
In dieser Dissertation wurde das CMRT Modell verwendet, bei dem unter Simulation klinischer Komplexizität eine fäkale Peritonitis in Wistar-Ratten induziert wird. In zwei Versuchen wurde der Effekt von sowohl vor, als auch nach Operation induzierter milder Unterkühlung auf die 120-Stunden-Mortalität untersucht. Zusätzlich wurde der Effekt von perioperativer G-CSF Prophylaxe bei Hypothermie studiert. In einer separaten Versuchsreihe wurde der Einfluss von 50%igem Nahrungsentzug über drei Wochen auf die postoperative Mortalität untersucht.
Sowohl bei prä-, als auch bei postoperativ induzierter Hypothermie zeigte sich ein signifikant verschlechtertes Überleben der Ratten. Bei zusätzlicher G-CSF Prophylaxe war die Mortalität wieder normalisiert und der normothermen Gruppe gleich. Im Versuch mit präoperativer Hypothermie zeigten die Zytokinmessungen eine verminderte Immunreaktion der unterkühlten Ratten, mit signifikant reduzierter IL-6 und signifikant gesteigerter IL-10 Expression. Im Versuch mit postoperativer Hypothermie zeigte sich anhand einer signifikant gesteigerten IL-6 Expression ein hyperinflammatorischer Zustand der gekühlten Tiere. Unter zusätzlicher G-CSF Prophylaxe war dies in abgemilderter Form zu beobachten.
In der Versuchsreihe mit chronischem Nahrungsentzug zeigte sich eine Mortalitätsrate von 50% in beiden Gruppen. Die unterernährte Gruppe wies eine nicht signifikante Suppression der Zytokine TNF-+#945;, MIP-2 und IL-6 auf.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass perioperative milde Hypothermie einen negativen Effekt auf das Überleben der postoperativen Sepsis hat, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Operation induziert wird. In beiden Fällen scheint dieser Effekt in einer Störung der empfindlichen Zytokinbalance in der frühen Phase der Sepsis begründet zu sein. Allerdings drängt präoperative Hypothermie diese Balance in Richtung Immunsuppression, postoperative Unterkühlung hingegen in Richtung Hyperinflammation. Aufgrund der klinischen Nähe des verwendeten Tiermodells, unterstützen diese Daten die Empfehlung, Patienten im perioperativen Umfeld normotherm zu halten. Sollte eine perioperative Hypothermie eindeutig indiziert sein, kann möglicherweise eine G-CSF Prophylaxe die negativen Auswirkungen der Kühlung auf das Immunsystem abmildern. Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstützen diese These. Klinische Studien sind nun erforderlich, um eine Empfehlung auszusprechen zu können.
Chronische Unterernährung zeigt trotz nachgewiesener negativer Auswirkungen auf das Immunsystem in dieser Arbeit keinen Effekt auf die postoperative Mortalität. Diese Beobachtung unterstützt die These, dass Unterernährung im komplexen perioperativen Umfeld keine ausreichend große Bedeutung trägt und somit nicht als unabhängiger Risikofaktor identifiziert werden kann. Die vorliegende Arbeit untermauert damit die Forderung, eine notwendige operative Versorgung nicht aufgrund einer vorherrschenden Unterernährung aufzuschieben.
Philipps-Universität Marburg
Medical sciences Medicine
https://doi.org/10.17192/z2006.0222
urn:nbn:de:hebis:04-z2006-02221
opus:1309
G-CSF
https://doi.org/10.17192/z2006.0222
Sepsis
Mangelernährung
ths
Dr.
Bauhofer
Artur
Bauhofer, Artur (Dr.)
urn:nbn:de:hebis:04-z2006-02221
127
application/pdf
Unterernährung
Sepsis is a growing problem in intensive care units despite significant progress in critical care medicine and research. The incidence is steadily growing and mortality is only marginally decreasing. Causative treatment of sepsis is very limited and therefor it is important to know riskfactors for a worsened outcome. This is particularly true if it is possible to modify these. Knowing riskfactors is equally important in the planning of clinical studies, as neglecting these might limit the abilty to interpret and compare results. Perioperative hypothermia (32°C) and chronic malnutrition were evaluated in this dissertation concerning their importance as riskfactors for worsened postoperative sepsis-outcome. Both of these conditions are commonly present in the perioperative course of the surgical patient. Negative impacts on the immune sytstem have been described for both. However, the importance for the postoperative outcome are controversial.
In this dissertation the CMRT model was used. It includes the induction of a fecal peritonitis in Wistar-rats under simulation of clinical complexity. In two trials the effect of pre- as well as postoperative mild hypothermia on 120 hour mortality was examined. Additionally the effect of G-CSF application in the setting of hypothermia was evaluated. The impact of food deprivation (50%) over a course of three weeks on postoperative mortality was examined in a separate trial.
Pre- as well as postoperative hypothermia showed deleterious effects on postoperative outcome. Additional G-CSF application normalized the outcome under hypothermia to the level observed in normothermic rats. In the trial with preoperative hypothermia the cytokine measurements showed a depressed immune reaction of the cooled rats (reduced IL-6 and increased IL-10 secretion). In the trial with postoperative hypothermia however, a hyperinflammatory state was observed (increased IL-6 secretion) in the hypothermic rats.
There was no difference in the survival between the groups in the trial with malnutrition and the cytokine measurements were nonsignificant throughout.
The results of this study show, that perioperative mild hypothermia has a negative impact on postoperative sepsis survival regardless if induced before or after operation. It appears that in either case hypothermia causes a disturbance in the cytokine balance during the early stages of sepsis. However, pre- and postoperative hypothermie alter this balance in opposite directions, ultimately leading to similar worsening in outcome. Given the cinical approach of this study, the results support the recommendation to keep patients normothermic in the periopertive phase. If periopertive hypothermia is clearly proven to be beneficial in a particular clinical setting, G-CSF might amerliorate the negative effects of cooling on the immune system.
Even tough malnutrition has clearly proven negative effects on the immune system, it fails to show a negative effect in this study. This supports the thinking, that malnutrition does not carry enough importance in the complex clinical scenario and as such is not identifiable as a separate riskfactor. Therefor this study supports the approach not to delay necessary surgey due to malnutrition.
Medizin
Tumor-Nekrose-Faktor [alpha]
Operative Medizin
Cytokine
2006-04-11
Medical sciences Medicine
Medizin
Trotz erheblicher Fortschritte in der Intensivmedizin und Forschung, stellt das Krankheitsbild der Sepsis aufgrund stetig steigender Inzidenz und nur marginal zurückgehender Mortalität ein immer wichtiger werdendes Problem auf der Intensivstation dar. Insbesondere Patienten, die großen abdominalchirurgischen Eingriffen unterzogen werden, sind gefährdet eine postoperative Sepsis zu entwickeln, of mit infauster Prognose. Da zurzeit eine kausale Therapie der Sepsis limitiert ist und die Mittel der Intensivmedizin begrenzt sind, erscheint es wichtig, Risikofaktoren für ein verschlechtertes Sepsisoutcome zu kennen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese modifizierbar sind. Auch für die Planung und Durchführung klinischer Studien ist die Kenntnis von Risikofaktoren wichtig, da ein Nichtbeachten dieser die Interpretierbarkeit der Ergebnisse einschränkt. In dieser Dissertation wurde die Bedeutung von perioperativer milder Hypothermie (32°C) und chronischer Unterernährung als Risikofaktoren für ein verschlechtertes postoperatives Sepsisüberleben evaluiert. Sowohl Unterkühlung, prä- und postoperativ, als auch Unterernährung lassen sich häufig bei chirurgischen Patienten im perioperativen Verlauf beobachten. Für beide Faktoren sind negative Effekte auf das Immunsystem beschrieben worden, die Bedeutung für den postoperativen Verlauf wird jedoch kontrovers diskutiert.
In dieser Dissertation wurde das CMRT Modell verwendet, bei dem unter Simulation klinischer Komplexizität eine fäkale Peritonitis in Wistar-Ratten induziert wird. In zwei Versuchen wurde der Effekt von sowohl vor, als auch nach Operation induzierter milder Unterkühlung auf die 120-Stunden-Mortalität untersucht. Zusätzlich wurde der Effekt von perioperativer G-CSF Prophylaxe bei Hypothermie studiert. In einer separaten Versuchsreihe wurde der Einfluss von 50%igem Nahrungsentzug über drei Wochen auf die postoperative Mortalität untersucht.
Sowohl bei prä-, als auch bei postoperativ induzierter Hypothermie zeigte sich ein signifikant verschlechtertes Überleben der Ratten. Bei zusätzlicher G-CSF Prophylaxe war die Mortalität wieder normalisiert und der normothermen Gruppe gleich. Im Versuch mit präoperativer Hypothermie zeigten die Zytokinmessungen eine verminderte Immunreaktion der unterkühlten Ratten, mit signifikant reduzierter IL-6 und signifikant gesteigerter IL-10 Expression. Im Versuch mit postoperativer Hypothermie zeigte sich anhand einer signifikant gesteigerten IL-6 Expression ein hyperinflammatorischer Zustand der gekühlten Tiere. Unter zusätzlicher G-CSF Prophylaxe war dies in abgemilderter Form zu beobachten.
In der Versuchsreihe mit chronischem Nahrungsentzug zeigte sich eine Mortalitätsrate von 50% in beiden Gruppen. Die unterernährte Gruppe wies eine nicht signifikante Suppression der Zytokine TNF-+#945;, MIP-2 und IL-6 auf.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass perioperative milde Hypothermie einen negativen Effekt auf das Überleben der postoperativen Sepsis hat, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Operation induziert wird. In beiden Fällen scheint dieser Effekt in einer Störung der empfindlichen Zytokinbalance in der frühen Phase der Sepsis begründet zu sein. Allerdings drängt präoperative Hypothermie diese Balance in Richtung Immunsuppression, postoperative Unterkühlung hingegen in Richtung Hyperinflammation. Aufgrund der klinischen Nähe des verwendeten Tiermodells, unterstützen diese Daten die Empfehlung, Patienten im perioperativen Umfeld normotherm zu halten. Sollte eine perioperative Hypothermie eindeutig indiziert sein, kann möglicherweise eine G-CSF Prophylaxe die negativen Auswirkungen der Kühlung auf das Immunsystem abmildern. Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstützen diese These. Klinische Studien sind nun erforderlich, um eine Empfehlung auszusprechen zu können.
Chronische Unterernährung zeigt trotz nachgewiesener negativer Auswirkungen auf das Immunsystem in dieser Arbeit keinen Effekt auf die postoperative Mortalität. Diese Beobachtung unterstützt die These, dass Unterernährung im komplexen perioperativen Umfeld keine ausreichend große Bedeutung trägt und somit nicht als unabhängiger Risikofaktor identifiziert werden kann. Die vorliegende Arbeit untermauert damit die Forderung, eine notwendige operative Versorgung nicht aufgrund einer vorherrschenden Unterernährung aufzuschieben.
doctoralThesis
Hypothermia
Rühlmann, Sebastian Ulrich
Rühlmann
Sebastian Ulrich
https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2006/0222/cover.png
Risikofakto
Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg
Universitätsbibliothek Marburg
G-CSF
2006
Hypothermie
Sepsis
German
Perioperative riskfactors for a worsened outcome of postoperative sepsis: Importance of hypothermia and malnutrition in a ratmodel
Anesthesiology, Critical Care Medicine
monograph
opus:1309
Interleukin 6
Philipps-Universität Marburg
2006-03-09
2011-08-10
Rat
Perioperative Risikofaktoren für ein verschlechtertes Überleben bei postoperativer Sepsis: Bedeutung von Hypothermie und Unterernährung im Rattenmodell
Malnutrition
Wistar-Ratte
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