Optimierung synthetischer Inhibitoren des Gerinnungsfaktors Xa vom 4-Amidinobenzylamid-Typ

Die Entwicklung von wirksamen und sicheren Antikoagulantien, die ergänzend und anstelle der bisherigen Standardtherapeutika zur Behandlung thromboembolischer Erkrankungen eingesetzt werden können, ist weltweit ein aktuelles Forschungsziel vieler Firmen und Gruppen. Dabei ist, neben Thrombin, auch de...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Stürzebecher, Anne
Beteiligte: Steinmetzer, Torsten (Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2005
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die Entwicklung von wirksamen und sicheren Antikoagulantien, die ergänzend und anstelle der bisherigen Standardtherapeutika zur Behandlung thromboembolischer Erkrankungen eingesetzt werden können, ist weltweit ein aktuelles Forschungsziel vieler Firmen und Gruppen. Dabei ist, neben Thrombin, auch der Gerinnungsfaktor Xa (FXa) ein wichtiges Zielenzym, das entscheidend an der Regulierung der Blutgerinnung beteiligt ist. In den letzten Jahren sind viele synthetische niedermolekulare FXa-Inhibitoren entwickelt worden und einige oral wirksame Verbindungen befinden sich zur Zeit in der klinischen Entwicklung. Bislang ist jedoch kein oral bioverfügbarer Hemmstoff des FXa als Arzneimittel zugelassen. Im Rahmen dieser Arbeit sollten die Grundstrukturen bereits bekannter Inhibitoren optimiert werden, um eine Verbesserung der Affinität, verbunden mit einer verzögerten Eliminierung aus der Zirkulation im Tiermodell an der Ratte zu erreichen. Idealerweise sollten die Verbindungen auch oral aufgenommen werden. Durch gezielte Substitution der P3-Aminosäure ist es gelungen, mehrere wirksame und selektive Substrat-analoge FXa-Hemmstoffe mit D-Homophenylalanin und anderen aromatischen Homoaminosäuren, wie z.B. D-Homotyrosin und verschiedenen D,L-Homopyridylalaninen, in P3-Position zu entwickeln. Dagegen konnte nur in wenigen Fällen ein verzögertes Eliminationsverhalten der Inhibitoren erreicht werden. Das Modeling der Verbindung 802 im Komplex mit FXa hat gezeigt, dass im Vergleich zu den D-Phenylalanin-Derivaten der aromatische Ring des P3-D-Homophenylalanins aufgrund der zusätzlichen Methylengruppe in der Seitenkette optimal in der Aryl-Bindungstasche lokalisiert ist. Die durchgeführten Variationen an P4- und P2-Resten in Kombination mit D-Homophenylalanin, D-Homotyrosin und verschiedenen D,L-Homopyridylalaninen haben zu Inhibitoren mit sehr unterschiedlichen Hemmkonstanten geführt. Eine Substitution des P4-Rings mit Carboxymethyl- oder Nitrogruppen sowie Pyridylringen bewirkte in den meisten Fällen einen Affinitätsverlust, lediglich der Einbau einer Aminogruppe in para-Position am P4-Ring führte zu einer leichten Verstärkung der FXa-Hemmwirkung. Allerdings wurden bei Untersuchung des P4-Amino-substituierten Inhibitors 760 im Ames-Test mutagene und zytotoxische Effekte beobachtet, die möglicherweise auf die anilinische Aminofunktion zurückzuführen sind. Deshalb wurde bei der weiteren Optimierung der Inhibitoren auf den Einbau des 4-Aminobenzylsulfonylrestes in P4-Position verzichtet. Daneben zeigte sich bezüglich Affinität und Selektivität eine deutliche Präferenz des FXa für Gly als P2-Rest; der Einbau anderer Aminosäuren führte zu weniger wirksamen Inhibitoren mit geringerer Selektivität. Um die schnelle Eliminierung der Hemmstoffe im Tierversuch zu reduzieren, wurde der Stickstoff der P4- und P3-Pyridylringe zu den entsprechenden N-Oxiden oxidiert. Diese Modifizierungen bewirkten am P4-Ring in allen Fällen einen starken Affinitätsverlust. Im Gegensatz dazu führte der Einbau des D,L-2-Homopyridylalanin-N-Oxids in P3-Position zu einem Inhibitor (1215) mit starker FXa-Hemmwirkung, exzellenter Selektivität und einer deutlich verzögerten Eliminationsgeschwindigkeit an der Ratte nach i.v.-Gabe. Da aus früheren Synthesen bekannt war, dass FXa in P3-Position Aminosäuren in der D-Konfiguration bevorzugt, wurde eine Racemattrennung der D,L-Homopyridylalanine durchgeführt. Gegenüber den racemischen Inhibitoren sind deren D-Derivate - wie erwartet - inhibitorisch etwa doppelt so aktiv. Der Hemmstoff 1332 mit D-2-Homopyridylalanin-N-Oxid ist mit einem Ki-Wert von 0,32 nM der wirksamste aller bis dahin untersuchten FXa-Inhibitoren dieses Strukturtyps. Obwohl die Verbindung 1332 im Vergleich zum racemischen Inhibitor 1215 schneller eliminiert wird, zeigt sich in allen anderen Untersuchungen eine erhöhte Wirksamkeit im Vergleich zum Racemat. Neben den verbesserten Ki-Werten ist der Hemmstoff 1332 auch in vitro im Gerinnungstest (aPTT und PT) etwa doppelt so aktiv; der ED50-Wert der antithrombotischen Wirksamkeit in vivo wurde ebenfalls deutlich verbessert. Aufgrund der positiv geladenen Benzamidingruppe in P1-Position besitzen die Hemmstoffe keine orale Bioverfügbarkeit. Um die orale Aufnahme des Inhibitors 1332 zu erhöhen, wurde dessen Hydroxyamidino-Prodrug 1331 synthetisiert. Während der Resorptionsversuche mit dem Prodrug 1331 an der Ratte traten ungewöhnlich starke Schwankungen in den für Inhibitor 1332 gemessenen Blutspiegeln auf. In einigen Fällen sind die erhaltenen Plasmaspiegel nach oraler bzw. duodenaler Applikation jedoch mit denen des Thrombinhemmstoffs Ximelagatran vergleichbar, der zu etwa 20 % oral bioverfügbar ist.
Umfang:182 Seiten
DOI:10.17192/z2005.0529