Mikrokalorimetrische Studien zum Verständnis der thermodynamischen und strukturellen Eigenschaften von Inhibitoren der Blutgerinnungskaskade
Genauere Kenntnisse über die Struktur-Wirkungs-Beziehungen sind essentiell für das Design neuer Leitstrukturen und deren Optimierung. Mittlerweile wird vielfach versucht, eine Leitstruktur unter zu Hilfenahme der Kristallstruktur des Zielproteins, das gehemmt werden soll, zu finden und zu verbessern...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2005
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Genauere Kenntnisse über die Struktur-Wirkungs-Beziehungen sind essentiell für das Design neuer Leitstrukturen und deren Optimierung. Mittlerweile wird vielfach versucht, eine Leitstruktur unter zu Hilfenahme der Kristallstruktur des Zielproteins, das gehemmt werden soll, zu finden und zu verbessern. Dabei wird häufig vergessen, dass die Affinität nicht allein auf strukturellen Aspekten beruht, sondern eine komplexe Kombination aus Struktur und Dynamik und eine Wechselwirkungsbilanz zwischen Solvenz und Protein ist. Die einfachste Methode, um einen Überblick über alle thermodynamischen Daten zu bekommen, stellt die Isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) dar. ITC ist die einzige Methode, mit der die Enthalpie, die Entropie, die Freie Energie und die Bindungskonstante mit einem Experiment bestimmt werden können, wobei die Entropie als Differenz berechnet wird.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die folgenden Liganden für genauere strukturelle und thermodynamische Studien in Bezug auf ihre Bindung sowohl gegenüber Thrombin als auch gegenüber Trypsin ausgewählt.
Von den ausgewählten Liganden konnten sechs Strukturen kristallographisch im Komplex mit Trypsin und drei Strukturen im Komplex mit Thrombin gelöst werden. Zusätzlich wurden die Strukturen von drei weiteren Thrombin-Inhibitor-Komplexen bestimmt.
Anhand der Kristallstrukturen der Liganden 1 bis 7 lässt sich abschätzen, dass jeweils eines der Enantiomere auf jeden Fall etwas besser bindet als das andere, da in allen Strukturen nur das (+)-Enantiomer in die Elektronendichte eingebaut werden konnte, obwohl immer das Racemat für die Kristallisation verwendet wurde. Scheinbar reicht schon der vermutlich in einigen Beispielen gegebene geringere Affinitätsunterschied aus, damit nur das stärker bindende Enantiomere in der Kristallstruktur zu erkennen ist.
Die Überlagerung der Liganden 1 - 7 im Komplex mit Trypsin zeigt bei den Liganden keine Unterschiede bei der Bindung im Bereich des starren Grundgerüsts, es sind aber deutliche Abweichungen bei der Piperonylgruppe zu verzeichnen. Die Liganden unterscheiden sich in erster Linie nur in Bezug auf den Alkyl- bzw. Arylsubstituenten, der in die S2-Tasche zeigt. Hierin begründen sich auch die sehr ähnlichen Affinitäten gegenüber Trypsin. Die S2-Tasche ist bei Trypsin nach oben hin nicht begrenzt und somit scheint es von untergeordneter Bedeutung zu sein, welche Substituenten die Liganden in dieser Position tragen. Für 1 ist bekannt, dass sich beide Enantiomere bei der Bindung gegenüber Trypsin nur um den Faktor 22 in ihrer Affinität unterscheiden. Das lässt sich ebenfalls mit der nach oben offenen Bindetasche erklären.
Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass auch für die anderen Liganden der Affinitätsunterschied zwischen beiden Enantiomeren im gleichen Bereich liegt wie bei Ligand 1. Die Titrationskurven deuten ein solches Verhalten an.
Die Überlagerung der drei Liganden im Komplex mit Thrombin zeigt noch geringere Unterschiede in deren Orientierung. Ein Grund dafür ist eine zusätzliche Wasserstoffbrücke zwischen der Hydroxylgruppe des Tyr60A und der Piperonylgruppe, die dadurch in einer Bindungskonformation fixiert wird abweichend von der Situation im Trypsin.
Bei Thrombin spielt die Größe der Alkyl- bzw. Arylgruppe eine entscheidende Rolle für die erzielte Bindungsaffinität. Im Gegensatz zu Trypsin ist der zugängliche Raum der S2 Tasche bei Thrombin durch den 60er-Loop begrenzt. Aus früheren Studien ist bekannt, dass die sterische Hinderung durch den Tyr60A-Trp60D-Teil des 60er-Loops einer der Gründe für die enge Substratspezifität von Thrombin ist. Somit wirkt sich eine zu große Gruppe in dieser Position negativ auf die Affinität aus. Entsprechend fallen die Affinitäten für die Liganden 4, 5 und 7 gegenüber Thrombin im Vergleich zu den Liganden 1, 2 und 3 deutlich ab. Der 60er Loop und die somit begrenzte S2-Tasche ist auch der Grund für den großen Affinitätsunterschied zwischen den Enantiomeren des Liganden 1. Die extrem hohe Selektivität dieses Liganden gegenüber Thrombin kann dadurch erklärt werden, dass das besser bindende Enantiomer mit seiner Isopropylgruppe absolut optimal in die S2-Tasche von Thrombin passt. Dadurch erzielt das (+)-1 Enantiomer eine Affinität von 7 nM, wohingegen das andere Stereoisomer mit 5600 nM noch schlechter als die Derivate 4, 5 und 7 bindet. Letztere Werte beziehen sich auf die Racemate, doch legen die Titrationskurven nahe, dass beide Enantiomere dieser drei Liganden mit sehr ähnlicher Affinität an Thrombin binden (Differenz um einen Faktor von 10 - 20). |
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Physical Description: | 174 Pages |
DOI: | 10.17192/z2005.0338 |