Nichtsteroidale Antiandrogene natürlichen und synthetischen Ursprungs zur Behandlung des Prostatakarzinoms

Das Prostatakarzinom gilt als die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung innerhalb der männlichen Bevölkerung in Deutschland. Die Ursachen für die Entstehung dieser Erkrankung liegen in diversen Gendefekten, die meist familiär prädisponiert auftreten. Einem Tumor der Prostata geht häufig zunä...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Schleich, Sonja
Beteiligte: Matusch, Rudolf Prof. Dr. (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2005
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Prostatakarzinom gilt als die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung innerhalb der männlichen Bevölkerung in Deutschland. Die Ursachen für die Entstehung dieser Erkrankung liegen in diversen Gendefekten, die meist familiär prädisponiert auftreten. Einem Tumor der Prostata geht häufig zunächst eine gutartige Vergrößerung der Prostata, eine benigne Prostatahyperplasie (BPH), voraus. Das Wachstum der Prostata wird von den männlichen Geschlechtshormonen, den Androgenen, reguliert. Ein möglicher Therapieansatz zur Behandlung der gutartigen und besonders der bösartigen Vergrößerung der Prostata sieht die Blockade des Androgenrezeptors durch nichtsteroidale Antiandrogene vor, die dem weiteren Wachstum der Prostata entgegenwirken sollen. In der vorliegenden Dissertation wurden zunächst drei Pflanzen, die man traditionell zur Behandlung der mit dem Prostatakarzinom eng verknüpften BPH einsetzt, auf ihre antiandrogene Wirkung untersucht. Die antiandrogene Aktivität der Pflanzenextrakte konnte mittels eines Androgenrezeptor abhängigen Genexpressionsassays (Luciferase-Assay) von unserem Kooperationspartner am Genetischen Institut Gießen getestet werden. Von den drei untersuchten Pflanzen Sägepalme (Serenoa repens), Arzneikürbis (Cucurbita pepo) und afrikanischer Pflaumenbaum (Pygeum africanum) erwies sich letztere als äußerst wirksam und aus diesem Grund wurden selektive Extrakte unterschiedlicher Polarität aus der Rinde von Pygeum africanum hergestellt, die dann abermals dem Test auf antiandrogene Wirkung zugeführt wurden. Der selektive Dichlormethanextrakt aus Pygeum africanum offenbarte eine besonders hohe antiandrogene Aktivität. Dieser wurde einer wirkungsorientierten Fraktionierung unterzogen, wobei eine präparative Gradientenextrographie als Vorfraktionierung auf Kieselgel diente. Die antiandrogene Wirksamkeit fand sich nun in drei der resultierenden 35 Extrographiefraktionen wieder. Diese drei wirksamen Fraktionen wurden HPLC-analytisch auf ihre Zusammensetzung untersucht und schließlich gelang die Isolierung von Benzoesäure, Atrarsäure und N-Butylbenzolsulfonamid (NBBS), die in dieser Arbeit ausführlich analytisch (1H NMR, 13C NMR, IR, EI-MS, HR-EI-MS, UV-Spektroskopie) charakterisiert wurden. Von den isolierten Verbindungen erwiesen sich Atrarsäure und NBBS als stark antiandrogen, weshalb sie als Leitstrukturen ausgewählt wurden. Es erfolgte nun eine Optimierung der Leitstrukturen auf organisch-präparativem Wege, bis ein Optimum der Wirkstärke erreicht war. Dabei wurden nur einfache Synthesen in Betracht gezogen. Es konnten in dieser Arbeit vierzehn Sulfonamide und sechs Varianten der Atrarsäure hergestellt werden. Diese Varianten wurden zusammen mit sieben weiteren mit Atrarsäure strukturverwandten Referenzsubstanzen auf ihre antiandrogene Aktivität getestet, um Hinweise für Struktur-Wirkungsbeziehungen zu gewinnen. Aus der Reihe der Sulfonamide konnte N-Butyl-4-nitro-3-trifluormethylbenzolsulfonamid als wirksamste Verbindung ausgewählt werden, die im Luciferase-Assay bei einer Konzentration von 1 µM eine Inhibition der Androgenrezeptor vermittelten Transaktivierung des Lucifease-Reportergens von 75% zeigt. Die beiden Leitstrukuren Atrarsäure und NBBS wurden außerdem auf ihre Rezeptorspezifität an weiteren Steroidhormonrezeptoren untersucht. Darüber hinaus konnte eine Wachstumshemmung von Prostatakrebszellen der Linie LNCaP durch die beiden Leitstrukturen nachgewiesen werden. Sowohl Atrarsäure als auch NBBS sind in der Lage, das Wachstum der Krebszellen deutlich stärker zu hemmen als das herkömmlich zur Behandlung des Prostatakarzinoms eingesetzte 2-Hydroxyflutamid, da hier durch Mutation der Ligandenbindedomäne des Androgenrezeptors nach einer gewissen Zeit meist eine Therapieresistenz eintritt. Es wäre aufgrund der unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms äußerst interessant und lohnenswert, die Leitstrukturen und die optimierten Wirkstoffe im Xenograft-Modell zu testen. Besonders viel ist von der Atrarsäure zu erhoffen, da sie als niedermolekualer Naturstoff mit erwartungsgemäß geringem toxischen Potential ein ideales Krebstherapeutikum verkörpern könnte.
DOI:10.17192/z2005.0223