Kultur und ökonomische Entwicklung - Eine empirische Untersuchung kultureller Umwelt und unternehmerischer Fähigkeiten in der indonesischen Provinz Papua (West-Neuguinea)

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die kulturellen Ursachen für die Marginalisierung des indigenen Volkes der Papua im modernen ökonomischen Bereich der indonesischen Provinz Papua. Den theoretischen Hintergrund der Arbeit bilden Schumpeters Entwicklungslogik und die darauf aufbauende Entwicklun...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Müller, Martin
Beteiligte: Erstgutachter: Röpke, Jochen (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2005
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die kulturellen Ursachen für die Marginalisierung des indigenen Volkes der Papua im modernen ökonomischen Bereich der indonesischen Provinz Papua. Den theoretischen Hintergrund der Arbeit bilden Schumpeters Entwicklungslogik und die darauf aufbauende Entwicklungstheorie Röpkes. Die empirischen Daten wurden mittels Fragebogen in drei ländlichen Regionen Papuas, und zwar dem jeweiligen Gebiet der Volksgruppe der Maibrat, Kemtuk und Dani, erhoben. In diesen Untersuchungsgebieten wird hauptsächlich familienbetrieblich organisierte, stark subsistenzorientierte Landwirtschaft betrieben, die von geringer Beherrschung der natürlichen Umwelt und niedriger Produktivität gekennzeichnet ist. Die Gesellschaften sind partikularistisch ausgerichtet und schamorientiert. Die meisten der diskutierten Elemente der volksgruppeneigenen kulturellen Umwelt wirken sich hemmend auf unternehmerisches Handeln und ökonomische Entwicklung aus. Im einzelnen sind dies eine mechanistische, mittelbare, rituell-manipulative, vom Animismus beeinflußte Beziehung zu Gott; ein hoher Grad an Mißtrauen gegenüber Nicht-Verwandten; sowie ein stark ausgeprägtes Egalitätsprinzip, das die Akkumulation von Reichtum für persönliche Zwecke inakzeptabel sein läßt, einen Zwang zum Teilen bedingt und zu einem Antiüberschußprinzip führt. Die zu stark ausgeprägte soziale Solidarität gegenüber Verwandten hat zur Konsequenz, daß die Großfamilie sich als Falle für eine ökonomische Entwicklung erweist. Die Ausprägungen der meisten diskutierten unternehmerischen Fähigkeiten unterstützen unternehmerisches Handeln und damit ökonomische Entwicklung nur wenig. Bedingt durch animistisch geprägte Vorstellungen über die Genese von Reichtum und Wohlstand sind internale Kontrollüberzeugungen deutlich vermindert. Es herrscht eher ein Harmonie- statt ein Autonomiebedürfnis. Zurückhaltung zeigt sich bei der Bereitschaft, Probleme zu lösen. Eine ausgeprägte Fähigkeit zur Antizipation von Zukunftsmöglichkeiten ist nur in geringem Maße gegeben. Innovationen können nur schwerlich durchgesetzt werden, wenn sie im Konflikt mit der Vatergeneration und der Tradition stehen. Die durch den Kontakt zur fremden kulturellen Umwelt neu entstehenden Möglichkeiten werden wenig genutzt. Für das Dani-Gebiet gilt, daß die bloße Existenz von Vermarktungsmöglichkeiten nicht automatisch zu mehr Verkaufsorientierung führt. Neuerungen werden nur sehr selektiv mit dem Ziel einer Abrundung oder Absicherung der eigenen Kultur übernommen. Bei der Bereitschaft zum Aufschub von Genuß zeigt sich eher eine konsumtive Tendenz. Autoritarismus, Anschluß- und Anerkennungsmotiv sind stark ausgeprägt. Es herrscht eine Prestigewirtschaft vor, die ökonomische Entwicklung kaum zum Ziel hat. Das Erfolgsmotiv ist in allen drei Untersuchungsgebieten nur gering ausgeprägt. Für das Maibrat- und Kemtuk-Gebiet aussagekräftige Ergebnisse bestätigen aber die zentrale Rolle des Erfolgsmotivs bei ökonomischer Entwicklung. Verschiedene kulturelle Elemente, darunter auch Polygynie, beeinträchtigen die Herausbildung des Leistungsmotivs bei Individuen. Unternehmer genießen kaum Ansehen und Wertschätzung in der Gesellschaft. Im Hinblick auf die Fähigkeit der Untersuchungsgebiete zur ökonomischen Entwicklung ist eine durchgreifende ökonomische Entwicklung eher nicht zu erwarten. Damit eine von den Papua selbst getragene ökonomische Entwicklung stattfinden kann, ist eine Beschneidung der großfamiliären Forderungen in Verbindung mit einem tiefgreifenden Kulturwandel, einer Transformation der Gesellschaft, notwendig. Dabei kommt christlicher Ethik eine maßgebliche Rolle nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine kulturelle Revitalisierung zu. Weiterhin bedarf es einer auch die Muttersprachen der verschiedenen Volksgruppen Papuas berücksichtigende Bildungsarbeit sowie einer kulturspezifisch ausgerichteten Kleinunternehmerförderung.
Umfang:324 Seiten
1 Seiten
DOI:10.17192/z2005.0148