Multisensorische Integration von redundanten Reizen

Wenn eine Versuchsperson die Aufgabe hat, in der gleichen Weise auf Reize zweier Modalitaeten (z.B. ein Licht- und ein Tonsignal) zu reagieren, beobachtet man deutlich schnellere Reaktionen, wenn die beiden Reize gleichzeitig dargeboten werden, als wenn nur einer der beiden Reize dargeboten wir...

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Main Author: Gondan, Matthias
Contributors: Röder, Brigitte (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2005
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Wenn eine Versuchsperson die Aufgabe hat, in der gleichen Weise auf Reize zweier Modalitaeten (z.B. ein Licht- und ein Tonsignal) zu reagieren, beobachtet man deutlich schnellere Reaktionen, wenn die beiden Reize gleichzeitig dargeboten werden, als wenn nur einer der beiden Reize dargeboten wird. Dieser Effekt wird als Redundanzeffekt (redundant target effect) bezeichnet. Die schnelleren Reaktionen auf die redundanten Reize sind ein Hinweis darauf, dass die Informationen aus den Sinnessystemen in irgendeiner Weise integriert werden. Auf welche Weise diese Integration stattfindet und wovon sie abhaengig ist, wurde in der vorliegenden Arbeit in fuenf Teilstudien untersucht, wobei die Anzahl der redundanten Reize, Reihenfolgeeffekte, die raeumliche Beziehung der Reizkomponenten und die raeumliche Aufmerksamkeit betrachtet wurden. Neben Reaktionszeiten wurden in zwei Teilstudien (Kap. 3 und 4) auch ereigniskorrelierte Potentiale gemessen, um Hinweise auf diejenigen Hirnregionen zu gewinnen, die in spezifischer Weise auf multimodale Reize antworten. In Kapitel 1 wird gezeigt, wie spezifische Redundanzgewinne bei dreifach redundanten Reizen (Ton, Licht und Tastreiz) untersucht werden koennen. Es wird insbesondere gezeigt, dass die beobachteten Redundanzgewinne bei trimodalen Reizen vollstaendig durch paarweise bisensorische Redundanzgewinne erklaert werden koennen. In Kapitel 2 wird der Einfluss von Modalitaetswechselkosten untersucht: In zufaelligen Sequenzen von auditiven und visuellen Reizen sind die Reaktionen auf einen Teil der Reize verlangsamt, dann naemlich, wenn sich die Modalitaet des aktuellen Reizes von der Modalitaet des Vorgaengerreizes unterscheidet. Da bei den redundanten Reizen immer mindestens eine Stimuluskomponente dem Vorgaengerreiz entspricht, sind die redundanten Reize hiervon nicht betroffen. Ein Teil des Redundanzgewinns koennte daher auch auf Modalitaetswechselkosten zurueckgehen. In Kapitel 2 wird gezeigt, wie man mit diesem Problem umgehen kann und dass Modalitaetswechsel zwar einen Redundanzgewinn verursachen koennen, dass es aber gleichwohl deutliche Hinweise auf multisensorische Integration bei auditiv-visuellen, auditiv-taktilen und visuell-taktilen redundanten Reizen gibt. In Kapitel 3 wird eine Methode vorgestellt, mit der Wechselwirkungen des Seh- und Hoersystems mit ereigniskorrelierten Potentialen (EKPs) untersucht werden koennen. In bisherigen Untersuchungen wurde hierfuer haeufig das EKP auf einen auditiv-visuellen Reiz (AV) mit der Summe der EKPs auf einen auditiven und einen visuellen Reiz (A+V) verglichen. Ein Problem dieser Vergleichsmethode ist, dass AV, A und V keinerlei gemeinsame Aktivitaet enthalten duerfen. In Kapitel 3 wird eine Alternativmethode vorgestellt, die robust gegenueber gemeinsamer Aktivitaet ist. In Kapitel 4 wird untersucht, inwieweit die raeumliche Beziehung der beiden Komponenten eines redundanten Reizes die multisensorische Integration und den Redundanzgewinn beeinflusst. Es zeigt sich, dass redundante Reize, die am gleichen Ort praesentiert werden, effizienter verarbeitet werden als redundante Reize, die an unterschiedlichen Orten praesentiert werden. Die raeumliche Beziehung der Reize wirkt sich auch auf die kortikale Verarbeitung aus: Bei Reizen, die am gleichen Ort praesentiert wurden, konnte eine EEG-Veraenderung an parietalen Elektroden beobachtet werden, was auf eine spezifische Beteiligung polymodaler Hirnareale im Parietallappen an der multisensorischen Integration hinweist. In Kapitel 5 wird gezeigt, dass der Redundanzgewinn in hohem Masse davon abhaengig ist, ob sich die Versuchsperson auf den Ort der Reizpraesentation konzentriert. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die multisensorische Integration von redundanten Reizen weniger ein reizgesteuerter bottom up-Prozess ist, sondern eher auf der Ebene von Reiz-Reaktions-Assoziationen stattfindet, wie es in neueren Modellen der Verarbeitung von visuellen Informationen vorgeschlagen wird.
DOI:10.17192/z2005.0099