Charakterisierung molekulargenetischer Prognosefaktoren auf dem kurzen Arm des Chromosoms 1 in humanen Meningeomen.

Meningeome, zumeist benigne Neoplasien des ZNS, stellen bis heute in manchen Fällen eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar: Zum einen ist für die kleine Gruppe der atypischen und anaplastischen Tumoren das Grading aufgrund histopathologischer Marker trotz revidierter WHO-Klassifik...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Lindner, Christine
Beteiligte: Bertalanffy, Helmut (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2004
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Meningeome, zumeist benigne Neoplasien des ZNS, stellen bis heute in manchen Fällen eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar: Zum einen ist für die kleine Gruppe der atypischen und anaplastischen Tumoren das Grading aufgrund histopathologischer Marker trotz revidierter WHO-Klassifikation schwierig. Zum anderen ist die Rezidivhäufigkeit auch benigner Tumorvarianten ein Problem. Sichere klinische und histopathologische Diagnosekriterien von prädiktivem Wert für Rezidivhäufigkeit und maligne Transformation sind bisher nicht bekannt. Deshalb haben Prognosefaktoren auf molekularer Ebene in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Als häufigste chromosomale Veränderung bei Meningeomen wurde die Monosomie 22 oder Teildeletion eines Chromosoms 22 entdeckt. Dabei scheint es sich um den primären Schritt zur Tumorentstehung zu handeln. Der zusätzliche Verlust genomischer Sequenzen auf 1p (LOH) scheint sich signifikant häufiger in atypischen und anaplastischen Meningeomen zu finden und wird deshalb als Prognosefaktor für malignes Wachstumsverhalten diskutiert. Ziel der vorliegenden Studie war die Expressionsanalyse 1p-spezifischer Transkripte, um funktionelle Konsequenzen von 1p-Deletionen in der Tumorprogression zu untersuchen und daraus diagnostische Marker zur besseren prognostischen Einschätzung zu gewinnen. Zur Validierung der m-RNA-Expression ergänzten eine Analyse der genomischen Ebene mit ausgewählten Mikrosatelliten-Markern und eine Proteinexpressionsanalyse die Untersuchung. Eine zusätzliche immunhistochemische Untersuchung der ALPL-Aktivität diente dazu, die molekulargenetischen Ergebnisse mit Hilfe einer leicht zugänglichen praktisch-diagnostischen Methode zu überprüfen. Die Ergebnisse der Transkriptionsanalyse zeigten Expressionsdefizite als Hinweis auf genomische Veränderungen gehäuft im Bereich der Gene ALPL, RAB3B und GADD45. Es konnten Zielbereiche der Deletion, aber kein einzelnes Zielgen definiert werden. Die deutliche Konzentration der Transkriptionsdefizite in den WHO II- und III-Tumoren bestätigte die von anderen Autoren beschriebene Progressionsassoziation der 1p-Alterationen in Meningeomen. Die Mikrosatellitenanalyse mit 1p-spezifischen Markern unterstützte den Verlust genomischer Sequenzen in diesem Bereich mit zunehmendem Malignitätsgrad. Die gute Korrelation der ALPL-Expression mit der Transkriptionsanalyse bestärkte die Hypothese genomischer Veränderungen des für ALPL kodierenden Gens im Rahmen der Tumorprogression. Die immunhistochemische Bestätigung eines progressionsassoziierten ALPL-Verlustes unterstützt die Erfassung eines molekulargenetischen Prognosefaktors mit Hilfe einer der Routinediagnostik leicht zugänglichen Methode. Dagegen ergaben sich für RAB3B divergente Ergebnisse, die auf komplexe Regulationsmechanismen hinweisen könnten. Die in der Studie nachgewiesenen 1p-spezifischen Transkriptionsdefizite werfen bei Annahme eines intakten Allels die Frage auf, welche molekularen Mechanismen zur vollständigen funktionellen Inaktivierung des Gens führen könnten. Eine mögliche Erklärung liefert Knudson’s „two-hit“-Modell, die jedoch in Meningeomen bisher nicht bewiesen werden konnte. Wahrscheinlicher ist ein komplexer Prozess, der morphologische, funktionelle und regulatorische Alterationen auf mehreren Ebenen beinhaltet. Die prädiktive Bedeutung von 1p-Deletionen bei Meningeomen konnte in dieser Studie bestätigt werden. Wenn es gelänge, diese Erkenntnis im klinischen Alltag nutzbar zu machen, könnten insbesondere rezidivgefährdete Meningeompatienten davon profitieren.
DOI:10.17192/z2004.0693