Traveling gamma-Waves: New Insights into Coupling Processes in Visual Texture Coding
Recent experiments in awake rhesus monkeys supported the binding-by-synchronization hypothesis for neural object coding in visual cortex. They demonstrated local synchrony and perceptual modulation of rhythmic or stochastic gamma-activities (30-90 Hz), according to the rules of figure-ground seg...
Main Author: | |
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis Dataset |
Language: | English |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2004
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text View Record |
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Neuere Untersuchungen zur neuronalen Kodierung von Objekten im visuellen Kortex unterstützen die Bindung-durch-Synchronisation-Hypothese (binding-by-synchronization hypothesis). Anhand von Experimenten an wachen Rhesusaffen konnten lokale Synchronisation sowie wahrnehmungsabhängige Modulation rhythmischer oder stochastischer gamma-Aktivität (30-90 Hz) gezeigt werden, die den Regeln der Figur-Hintergrund-Trennung folgen. Andererseits zeigt sich jedoch auch, daß die räumliche Ausdehnung der gamma-Synchronisation lediglich auf wenige Millimeter der kortikalen Oberfläche beschränkt ist. Dieses Ergebnis stellt allerdings die Synchronisations-Hypothese für größere kortikale Objektrepräsentationen insofern in Frage, als der Bereich der gamma-Synchronisation im retinotop gegliederten visuellen Kortex nur einen kleinen Ausschnitt des visuellen Feldes abdeckt. Abgesehen von Synchronisationsphänomenen wird in der Literatur bei einer Vielfalt neuronaler Strukturen, in verschiedenen Frequenzbereichen sowie bei unterschiedlichsten Tierarten neuronale Aktivität auch in Form laufender Wellen beschrieben. Vermutlich mangels geeigneter Analysemethoden wurden derartige Beobachtungen bislang hauptsächlich qualitativ untersucht. Quantitative Untersuchungen und statistische Analysen laufender Wellen in Verbindung mit Experimenten zur Wahrnehmungsorganisation konnten bis dato nicht erfolgreich durchgeführt werden. Das Fehlen adäquater Analysemethoden ist insofern bemerkenswert, als laufende Wellen nicht nur einen weiteren interessanten Typ der Signalkopplung darstellen, sondern auch den Zustand der Synchronisation als einen Spezialfall beinhalten, der allgemein als stehende Welle bekannt ist. Laufende Wellen stellen vor diesem Hintergrund eine verallgemeinerte Form der raum-zeitlichen Kopplung dar. Da insofern die Voraussetzungen für laufende Wellen im Vergleich zur Synchronisation weniger restriktiv sind, könnten erstere größere kortikale Bereiche abdecken und auf diese Weise dazu beitragen, die räumlichen Beschränkungen der Synchronisation in Bezug auf die Bindungs-Hypothese zu überwinden. Aus dieser Sichtweise ergibt sich die Frage, ob in neuronaler gamma-Aktivität, die in der primären Sehrinde (primary visual cortex, V1) des Affen gemessenen wird, laufende gamma-Wellen enthalten sind. Um diese Hypothese zu überprüfen, wurde eine neue Analysemethode entwickelt, die die Auswertung einzelner Versuchsdurchgänge bei Mehrkanalaufnahmen ermöglicht. Diese Methode wird als raum-zeitliche Korrelation (spatio-temporal correlation, STC) bezeichnet. Mit Hilfe dieser Analysemethode können laufende Wellen detektiert und quantifiziert werden. Die Reliabilität und Validität der STC-Methode sowie die Signifikanz der damit gewonnenen Ergebnisse wurde mit künstlichen und experimentellen Daten getestet. Der direkte Vergleich mit typischerweise für die Synchronisationsdetektion verwendeten paarweisen Korrelationsmethoden (Kreuzkorrelation, Kohärenz) ergab, daß diese versagen, wenn es darum geht, Phasenkopplungen von Wellen mit zeitlich variierender Ausbreitungsrichtung aufzudecken. Die raschen Änderungen sowie die hohe Variabilität der Ausbreitungsrichtung der Wellen führen bei ihnen zu einer durch Mittelung über Zeit und Einzelversuche methodisch verursachten destruktiven Superposition. Demgegenüber zeigt die STC-Methode bei der Detektion laufender Wellen eine hohe Tre sicherheit. Bei der erneuten Analyse älterer und aktueller Daten unserer Arbeitsgruppe mittels der STC-Methode zeigte sich, daß laufende Wellen im gamma-Frequenzband lokaler Feldpotentiale (LFP) in V1 des Rhesusaffen sehr häufig auftreten. Ihr Auftreten ist stark stimulus-abhängig; ihre Geschwindigkeiten (Maximum bei 0.3m/s) ähneln den gemessenen axonalen Leitungsgeschwindigkeiten horizontaler Verbindungen in V1. Die gamma-Wellen werden insbesondere von solchen Neuronen erzeugt, die lokale Merkmale der Objektoberfläche repräsentieren, wobei ihre Kopplungsreichweite (Halbwertsbreite: 9.5mm) die der Synchronisation (Halbwertsbreite: 3mm) bei weitem übertrifft. Diese Ergebnisse machen deutlich, daß die gamma-Synchronisation in V1 eine lokale Erscheinungsform weiträumig laufender Wellen ist. Die Kopplungsdynamik laufender Wellen hängt zudem stark von der Kontinuität der Objektoberfläche ab. Dies bedeutet, daß die Phasen-Kontinuität der gamma-Wellen entweder innerhalb oder außerhalb der kortikalen Repräsentation eines Objekts existiert, die Objektgrenzen jedoch nicht überschreiten kann. Dabei erweist sich der Entkopplungseffekt quer über die Objektgrenzen annähernd um den Faktor zwei stärker als derjenige der gamma-Synchronisation. Die oben dargestellten Beobachtungen deuten folglich darauf hin, daß gamma-Wellen die funktionelle Kopplung von Neuronen, die lokale Merkmale der Objektoberfläche repräsentieren, gemäß den Gestalt-Gesetzen der Wahrnehmungsorganisation widerspiegeln. Insgesamt legen diese Ergebnisse die Vermutung nahe, daß die Phasen-Kontinuität laufender gamma-Wellen die Kodierung der Objekt-Kontinuität unterstützt und insofern eine Erweiterung der anfänglich vorgestellten Bindung-durch-Synchronisation-Hypothese darstellt.