Das Bild des römischen Staates in Ciceros philosophischen Schriften
Die vorliegende Dissertation hat zum Ziel, das von Cicero in seinen philosophischen Schriften beschriebene Bild des römischen Staates nachzuzeichnen. Obwohl nämlich Cicero Politik und Recht in eigenen Schriften, De re publica und De legibus, behandelt, setzt er sich auch in den rein philosophisc...
Saved in:
Main Author: | |
---|---|
Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2004
|
Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
Tags: |
Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
|
Summary: | Die vorliegende Dissertation hat zum Ziel, das von Cicero in seinen
philosophischen Schriften beschriebene Bild des römischen Staates
nachzuzeichnen. Obwohl nämlich Cicero Politik und Recht in eigenen
Schriften, De re publica und De legibus, behandelt, setzt er sich auch in
den rein philosophisch-theoretischen Schriften mit zahlreichen politischen
Themen auseinander.
Eingehende Untersuchungen zu Ciceros politischen Auffassungen in seinen
philosophischen Schriften gibt es in der umfangreichen Cicero-Forschung bis
heute nicht. Bisher hat man sich dort auf die Untersuchung des politischen
Verhältnisses zwischen Cicero und Caesar und auf die prosopographische
Analyse der Dialogpartner beschränkt. Deshalb ist eine erneute Untersuchung
zu rechtfertigen, die nicht nur die damaligen, aktuellen tagespolitischen
Bezüge zu ermitteln versucht, sondern allgemein das Verhältnis zwischen
politischen Vorstellungen, der einschlägigen Argumentationskunst, die Cicero
in seinen Reden auf dem Forum aktiv beherrschte, und den philosophischen
Leitgedanken herauszuarbeiten versucht.
Zur Beantwortung der Frage, auf welche Weise und warum Cicero seine
politischen Vorstellungen auch in seine philosophischen Schriften einbringt,
werden folgende Analysen durchgeführt: 1) Politiker und Nicht-Politiker als
Dialogteilnehmer, 2) Explizite Aussagen über Politik und politisches
Engagement, 3) Verwendung historischer und politischer Beispiele in den
Dialogen, 4) Römische moralische Wertbegriffe. Hier ergibt sich, daß Politik
und Philosophie bei Cicero in besonderer Weise verbunden sind. Cicero
verdeutlicht römische Staatsideale und die idealen Handlungsperspektiven der
römischen Politik meist durch exempla maiorum, welche zugleich gerade das
spezifisch Römische ausmachen.
Hauptergebnisse der obengenannten Analysen sind folgende: Cicero nutzt
gerade in seinen vor dem Tod Caesars und unter hohem politischen Druck
verfaßten, scheinbar rein philosophischen Schriften die philosophische
Diskussion sowie die exempla-Verwendung, um mächtige Staatsfeinde\213und zwar
nicht nur aktive wie Caesar und dessen Unterstützer, sondern auch passive
korrupte Politiker, die ihre Skepsis gegen diese Staatsfeinde
unterdrücken\213indirekt, aber effektiv zu kritisieren. Dabei stellt er eine
Beziehung zwischen Erkenntnistheorie und rechter Staatskunst her: Er
propagiert also nicht nur einen philosophischen, sondern auch einen
politischen Skeptizismus.
Ferner läßt sich feststellen, daß der politische Hintergrund die Bestimmung
des Zeitpunkts in der jeweiligen Schrift und deren Form, Dialog oder
Monolog, beeinflußt. Nach dem Tod Caesars behandeln die philosophica, die
Cicero nach seiner Rückkehr nach Rom verfaßt hat, plötzlich realpolitische
und soziale Themen. Darüber hinaus stellt Cicero durch die Monologform seine
eigene Person in den Vordergrund. Dabei spielt der sapiens, der in den
früheren Schriften heftig kritisiert worden ist, die Hauptrolle, und wird in
positiver Weise als Autorität dargestellt. In den letzten drei Werken ist
Ciceros Wille zu erkennen, sich im Rom als einziger wirklicher sapiens in
der Politik zu betätigen, politische Freunde, Optimaten sowie alle viri boni
zu vereinigen und eine neue res publica wiederherzustellen. Schließlich
führt er sein Ideal des pro patria mori mit seiner Redetätigkeit in seinen
Philippica aus, ein Ideal, an das er durch exempla maiorum in seinen
philosophica immer wieder appelliert hat, und stellt sich so selbst in die
Reihe der römischen Weisen, die sich in beispielhafter Weise für den Staat
eingesetzt hatten. |
---|---|
DOI: | 10.17192/z2004.0622 |