Einfluss akustischer und imaginativer Entspannungsmethoden auf den intraokularen Druck,Musiktherapie beim primären Offenwinkelglaukom
Glaukom ist nach Diabetes-mellitus-induzierten Augenveränderungen und der altersbedingten Makuladegeneration die dritthäufigste Erblindungsursache in den Industrieländern. In Anbetracht der vielen in Deutschland und weltweit gefährdeten und an Glaukom erkrankten Menschen, die gesundheitspolitisch en...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2004
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Subjects: | |
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Summary: | Glaukom ist nach Diabetes-mellitus-induzierten Augenveränderungen und der altersbedingten Makuladegeneration die dritthäufigste Erblindungsursache in den Industrieländern. In Anbetracht der vielen in Deutschland und weltweit gefährdeten und an Glaukom erkrankten Menschen, die gesundheitspolitisch enorme Kosten verursachen (Medikamente, Sehbehinderten- und Blindengeld) und unter der Krankheit auch psychisch sehr leiden, hat sich diese Studie zur Aufgabe gemacht, eine neue Therapieform -die Musiktherapie- zu entwickeln und im Hinblick auf ihre Möglichkeiten und Wirkungen als Zusatz- oder sogar Ersatztherapie zu untersuchen. Jede Glaukomtherapie hat den Erhalt der visuellen Funktionen und der Lebensqualität zum Ziel, wobei wenig Wert bisher auf die psychische Situation der Patienten gelegt wurde.
Das primäre Offenwinkelglaukom ist mit 90% die häufigste Glaukomvariante. Sie geht mit mehr oder minder erhöhtem Augendruck, einem schleichenden Gesichtsfeldverlust sowie meist mit internistischen Begleiterkrankungen einher. Die Pathophysiologie des Offenwinkelglaukoms ist gekennzeichnet durch eine Abflussbehinderung im Trabekelwerk und Perfusionsstörungen vor allem im Sehnervenkopfbereich. Hierbei handelt es sich um ein Geschehen mit multifaktoriellen Ursachen und unbekanntem genauem Regulationsmechanismus des Augeninnendrucks, wobei sich aber eine enorme Komplexität auf okulärer und zentraler Ebene abzeichnet Auch die Durchblutungssituation und der Metabolismus des gesamten Auges sowie deren Regulation auf lokaler und zentraler Ebene sind für das Glaukom mit seinen Folgen von Bedeutung.
Erst in den letzten Jahren hat man zudem den Einfluss psychischer Konstellationen beim Offenwinkelglaukom genauer untersucht, und zeigen können, dass viele Patienten zusätzlich an emotionaler Instabilität, Ängsten, Nervosität und Depressionen leiden. Unsere Forschungsgruppe konnte schon in früheren Studien mit Hypnose, Autogenem Training und Biofeedback zeigen, dass Entspannungsmethoden auf Augendruck und Psyche einen wesentlichen Einfluss haben.
Ziel der nun hier vorliegenden Studie ist es, Effekte einer speziellen Musiktherapie auf den Augendruck, das Neurovegetativum (Muskelrelaxation, Hautleitwert und Herzrate), die cerebralen Veränderungen (EEG: Alpha-, Theta- und Betawellen) und die subjektive Befindlichkeit (KAB) in Einzelsitzungen und im Verlauf der 10 tätigen Studie zu messen. Für die Langzeitbetrachtung der Musiktherapie wurden folgende Parameter ermittelt: Visus, Gesichtsfeld, IOD (auch im Wasserbelastungstest) und die subjektive Befindlichkeit (POMS).
Die CD bestand aus Musik mit Naturgeräuschen, klassischer Musik sowie eigenen Kompositionen und einem verbalen Entspannungsprogramm mit einer gelenkten Entspannung im Rahmen einer progressiven Relaxation und Visualisierungsübungen mit dem Ziel einer Durchblutungsverbesserung. Es gab zwei verschiedene CD-Versionen, eine mit binaurikularen Schwingungen und eine ohne.
21 Patienten mit einem primären Offenwinkelglaukom wurden randomisiert auf 2 Gruppen verteilt, wobei jede Gruppe doppelblind die gleiche CD mit oder ohne binaurikulare Schwingungen in unterschiedlicher Reihenfolge über insgesamt 10 Tage zu Gehör bekam. Dieses Konzept der 2 doppelblind verwendeten CDs wurde gewählt, um zu gewährleisten, dass objektive Ergebnisse bezüglich des Effektes der binaurikularen Schwingungen erhoben werden. Maximal 3 Monate vor den Sitzungen und 2-3 Monate später wurde eine genaue Untersuchung der Patienten für die Langzeitbetrachtung durchgeführt. Die Sitzungen fanden über 10 Tage jeweils zur gleichen Tageszeit statt. Vor und nach der Sitzung wurde der Augendruck gemessen, sowie jeweils am Anfang und Ende die Werte für EMG, Hautleitwert, Herzrate, EEG und am Ende die subjektive Befindlichkeit.
Die Ergebnisse zeigen:
Der Augendruck sinkt signifikant innerhalb der Einzelsitzung, im Verlauf der 10 Tage und in der Langzeitbeobachtung. In der Langzeitbeobachtung zeigen sich eine signifikante Verbesserung des Visus und der subjektiven Befindlichkeit sowie eine tendenzielle Verbesserung des Gesichtsfeldes und der Augeninnendruckwerte im H2O-Test. Die Herzrate sinkt innerhalb der Sitzung und über die 10 Tage am Anfang der Sitzung signifikant und über die 10 Tage am Ende nur tendenziell. Im Hinblick auf die Muskelrelaxation ergibt sich eine tendenzielle Entspannung innerhalb der Einzelsitzung und über den Verlauf von 10 Tagen. Der Hautleitwert sinkt bei dieser Studie sowohl innerhalb der Einzelsitzungen wie auch im Verlauf der 10 Tage signifikant. Die Thetawellen (tiefen Entspannung) zeigen eine tendenzielle Steigerung und die Betawellen (Wachheit und Aktivität) eine signifikante Senkung innerhalb der Einzelsitzung und im Verlauf der 10 Tage; die Alphawellen (leichte Entspannung) ergeben eine tendenzielle Steigerung innerhalb der Sitzung am 1. Tag, hingegen eine Senkung am 10. Tag. Im Verlauf der 10 Tage ergibt sich bei diesen eine signifikante Steigerung am Anfang und eine tendenzielle Senkung am Ende. Die subjektive Befindlichkeit zeigt eine tendenzielle Verbesserung im Verlauf der 10 Tage (KAB) und signifikante in der Langzeitbeobachtung (POMS). Ein Unterschied zwischen den CDs mit bzw. ohne binaurikulare Schwingungen ergibt sich für die Einzelwerte bei den Alphawellen am 5. Tag und den Thetawellen am 1. Tag je am Ende der Sitzung sowie dem KAB am 5. Tag, für die Deltawerte Ende zu
Anfang nur für die Alphawellen am 1. Tag und für die Deltawerte Tag 5 zu Tag 1 bei dem KAB. Hierbei müssen die Ergebnisse für den 5. Tag kritisch betrachtet werden, da hier durch den Versuchsaufbau eine Konfundierung der Therapieformen ab dem 2. Tag entsteht.
Eine Medikamentenreduktion war bei 37% der Patienten nach der Nachuntersuchung indiziert. Insgesamt konnte bei 90% der Patienten die konventionelle Glaukomtherapie mit Tropfen entweder reduziert werden bzw. war der Augendruck bei gleichbleibender Medikation deutlich besser eingestellt. Auch die psychische Befindlichkeit hatte sich langfristig deutlich verbessert.
Diese Ergebnisse zeigen somit, dass mit dieser Musiktherapie nicht nur eine signifikante Senkung des intraokularen Druckes möglich ist, sondern auch der Erhalt von Visus und Gesichtsfeld sowie die Reduzierung von Medikamenten und eine Verbesserung der Lebensqualität erreichbar sind. Sie ist als kostengünstige Zusatz- oder Ersatztherapie ohne Nebenwirkungen außerordentlich effektiv Dieses hat auch auf den sozioökonomischen Sektor eine enorme Auswirkung, besonders auf die Kosten im Gesundheitswesen. Die kurative Glaukombetreuung kostet alleine in Deutschland über 300 Millionen Euro jährlich. Wie jede andere Therapie ist sie allerdings auch von der Compliance und Motivation der Patienten abhängig und bedarf regelmäßiger augenärztlicher Kontrollen.
Zum Abschluss soll erwähnt werden, dass es sich um eine Pilotstudie handelt und dass bereits weitere Forschungen bezüglich der Musiktherapie im Zusammenhang mit der Augendurchblutung sowie der Musiktherapie im Zusammenhang mit dem EEG und den Stresshormonen stattgefunden haben. |
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DOI: | 10.17192/z2004.0478 |