Einfluss des Antiepileptikums Topiramat auf die mit Transkranieller Magnetstimulation gemessene Exzitabilität des menschlichen Motorkortex
Die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) gilt heute in der neurophysiologischen Diagnostik als etabliertes Verfahren zur Untersuchung zentralmotorischer Bahnen und zur Erfassung der Erregbarkeit des menschlichen Motorkortex. In in-vivo-Studien wurden mit unterschiedlichen Parametern der Einzel-...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2003
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Summary: | Die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) gilt heute in der neurophysiologischen Diagnostik als etabliertes Verfahren zur Untersuchung zentralmotorischer Bahnen und zur Erfassung der Erregbarkeit des menschlichen Motorkortex.
In in-vivo-Studien wurden mit unterschiedlichen Parametern der Einzel- und Doppelimpuls-TMS verschiedene Wirkmechanismen antikonvulsiv wirksamer Medikamente dargestellt (Ionenkanalblockade, Glutamat-Rezeptor-Antagonismus, GABA-Rezeptor-Agonismus).
Topiramat (Topamax®, TPM) ist ein neueres Antikonvulsivum mit breitem klinischen Anwendungsspektrum. In in-vitro-Studien wurden fünf Wirkmechanismen für TPM eruiert, die zu dessen klinischer Wirksamkeit im Sinne einer Anfallsprophylaxe bei fokalen und generalisierten Epilepsien beitragen könnten:
1. Die Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle
2. Der GABAA-Rezeptor-Agonismus
Diese beiden Mechanismen wurden kontrovers als der jeweilige Hauptwirkmechanismus diskutiert. Des Weiteren:
3. Die Blockade spannungsabhängiger Kalziumkanäle vom L-Typ
4. Die Blockade des Kainat/AMPA-Glutamatrezeptors
5. Die Hemmung der Carboanhydrase II und IV.
In vivo wurde mittels Magnetresonanzspektroskopie zusätzlich eine Erhöhung der zerebralen GABA-Konzentration nach TPM-Gabe nachgewiesen (6. Wirkmechanismus).
In einer placebokontrollierten Doppelblind-Crossover-Studie wurden an 20 gesunden Probanden mit drei neu erstellten Einzel- und Doppelimpuls-TMS-Paradigmen die Effekte einer oral verabreichten Einzeldosis von 50 mg und 200 mg TPM auf die motorischen Schwellen (RMT, AMT), die kortikal induzierte Silent Period (CSP), sowie die intrakortikale Inhibition (ICI) und Fazilitation (ICF) untersucht.
Ziel der Studie war der Nachweis einer Änderung einzelner TMS-Parameter durch TPM, um damit zu klären, welcher der fünf in vitro nachgewiesenen Wirkmechanismen von TPM für die Modulation der Erregbarkeit des Motorkortex in vivo relevant sein könnte. Des Weiteren wurden die auftretenden Nebenwirkungen analysiert und mit den Veränderungen der kortikalen Erregbarkeit korreliert, um den Zusammenhang zwischen Effektivität und Tolerabilität zu evaluieren.
Zwei Stunden nach Einnahme von 200 mg TPM zeigte sich im Paradigma 3 eine signifikante, deutlich dosisabhängige Zunahme der ICI bei Anwendung kurzer Interstimulusintervalle (p=0,0072 für Interstimulusintervall 3 ms, konfirmatorische Analyse; p=0,0007 für Interstimulusintervall 2 ms, explanatorische Analyse, Wilcoxon-sign-rank-Test für unverbundene Stichproben mit Bonferronikorrektur). Zusätzlich ergab sich eine leichte, nur teilweise dosisabhängige Abnahme der ICF bei längeren Interstimulusintervallen (10 und 15 ms), die jedoch keine Signifikanz erreichte. Die motorischen Schwellen (RMT, AMT) und die CSP blieben nach 50 und 200 mg TPM konstant.
Aus den Ergebnissen der Arbeit ist zu folgern, dass die antikonvulsive Wirkung von TPM am menschlichen Motorkortex durch eine GABA-A-erge Wirkung vermittelt wird, die sich typischerweise als Zunahme der ICI widerspiegelt. Möglicherweise spiegelt die geringe Abnahme der ICF den gleichen Mechanismus, bzw. additiv das anti-glutamaterge Potenzial von TPM wider. Eine GABA-B-vermittelte Modulation, die zu einer Verminderung der ICF führen könnte, scheint aufgrund der unbeeinflussten CSP, die ebenfalls auf GABA-B-erger, transsynaptischer Modulation beruht, unwahrscheinlich. Eine Beeinflussung der kortikalen Erregbarkeit durch die in vitro beschriebene und als Hauptwirkmechanismus postulierte ionenkanalblockierende Wirkung von TPM scheint in vivo ebenfalls nicht relevant zu sein.
Die TMS hat sich im Rahmen dieser Studie als geeignet für die in vivo-Charakterisierung der Wirkweise eines neues Medikamentes erwiesen. Da die Methode schon mehrfach zusätzliche Erkenntnisse zu den tierexperimentellen und hu-manen Studienergebnissen erbrachte, bietet es sich an, mit TMS bereits in der präklinischen Phase neue Antikonvulsiva am Menschen zu charakterisieren, da es sich hierbei um eine günstige und noninvasive Methode handelt, die Hinweise für relevante Wirkmechanismen erbringen kann. |
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DOI: | 10.17192/z2004.0437 |