Struktur und räumliche Verteilung mikrobieller Gemeinschaften im Verdauungstrakt ausgewählter Boden-Invertebraten
Boden-Makroinvertebraten sind entscheidend an der Transformation organischer Substanz beteiligt, die für viele Schlüsselfunktionen des Bodens verantwortlich ist. An den Transformationsprozessen, die während der Darmpassage ingestierter organischer Substanz ablaufen, sind intestinale...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2003
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Boden-Makroinvertebraten sind entscheidend an der
Transformation organischer Substanz beteiligt, die für viele
Schlüsselfunktionen des Bodens verantwortlich ist. An den
Transformationsprozessen, die während der Darmpassage
ingestierter organischer Substanz ablaufen, sind intestinale
Mikroorganismen beteiligt, die auch für die Ernährung ihrer
Wirte von entscheidender Bedeutung sind. Über die
Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaften im
Verdauungstrakt der meisten Boden-Invertebraten sowie ihre
räumliche Verteilung innerhalb verschiedener Darmabschnitte ist
allerdings nur wenig bekannt. Gerade die Topologie mikrobieller
Gemeinschaften wird aber als eine wichtige Voraussetzung zum
tieferen Verständnis ihrer Funktion in Verdauungstrakten von
Invertebraten angesehen, die von ausgeprägten axialen und
radialen Gradienten physiko-chemischer Parameter geprägt sind.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher Struktur und räumliche
Verteilung mikrobieller Gemeinschaften im Verdauungstrakt der
Larven zweier Scarabaeiden (Pachnoda ephippiata
[Kongo-Rosenkäfer] und Melolontha melolontha [Feldmaikäfer])
und von Regenwürmern (Lumbricus terrestris) mit Methoden der
molekularen mikrobiellen Ökologie untersucht. Während der
Untersuchungen wurde zudem ein neuartiger PCR-Artefakt, die
Bildung sog. pseudo-T-RFs, mit bedeutenden Auswirkungen für die
T-RFLP-Analyse mikrobieller Gemeinschaften entdeckt,
beschrieben und mögliche Ansätze zu seiner Vermeidung
aufgezeigt.
In einer T-RFLP-Studie mit Regenwürmern wurde
gezeigt, dass sich die Darmmikrobiota dieser Tiere aus der
Nahrung rekrutiert, d.h. ihnen im Gegensatz zu vielen anderen
Boden-Invertebraten eine spezifische Darmflora fehlt. Es wurde
deutlich, dass die mit dem gefressenen Boden aufgenommene
mikrobielle Gemeinschaft während der Darmpassage signifikante
Veränderungen ihrer relativen Zusammensetzung erfährt und dass
die Unterschiede zwischen den mikrobiellen Gemeinschaften von
Futter, Darm und Losung stark von der Diät der Regenwürmer
beeinflusst werden.
Die hier präsentierten Ergebnisse zur
Intestinalmikrobiologie von Scarabaeidenlarven stellen die
ersten ihrer Art für Käferlarven und mit die ersten für andere
Boden-Arthropoden als Termiten dar. Es konnte gezeigt werden,
dass sich die ausgeprägten Unterschiede physiko-chemischer
Parameter (pH-Wert, Redoxpotential, Fettsäurespektren), die
zwischen den Haupt-Darmabschnitten (Mittel- und Enddarm) der
Larven herrschen, in einer deutlich unter-schiedlichen
Besiedlung mit Mikroorganismen widerspiegeln. Im Gegensatz zu
den untersuchten Regenwürmern ist die Darmmikrobiota der
Scarabaeidenlarven als spezifische Darmflora anzusehen, da sie
deutlich verschieden zur Mikrobiota der aufgenommenen Nahrung
war. Bei beiden Larven war der Mitteldarmabschnitt weniger
dicht besiedelt als der als Gärkammer angesehene Enddarm. Die
Methanogenese war stets auf den Enddarm beschränkt; bei den
Maikäferlarven wurden Methanobrevibacter-Arten, bei den
Rosenkäferlarven zusätzlich Methanomicrococcus-Arten als
verantwortliche Methanogene identifiziert. Im Vergleich zu den
Bacteria war aber sowohl die Diversität als auch die relative
Häufigkeit der Archaea sehr gering. Die phylogenetische Analyse
der Bakteriengemeinschaften zeigte eine sehr große Diversität
auf, die offensichtlich viele bislang unkultivierte Arten
umfasst. Die überwiegende Mehrheit aller Sequenzen ließ sich
den Actinobacteria, Bacillales, Bacteroidetes, Clostridiales,
Lactobacillales und Proteobacteria zuordnen; viele Klone
gruppierten mit Klonen und Isolaten aus anderen
Intestinalsystemen, ein weiterer Beleg für die Darmspezifität
der Scarabaeiden-Mikrobiota. Die Verwandtschaft vieler Klone zu
hydrolytischen, cellulolytischen und gärenden Isolaten stand in
Einklang mit den Fettsäureprofilen der Darmabschnitte (v.a.
Acetat und Lactat) und deutet die Beteiligung von
Mikroorganismen an der Transformation organischer Substanz nach
dem Modell einer anaeroben Nahrungskette zumindest im Enddarm
an. Ob dies auch für den Mitteldarmabschnitt gilt, ist noch
unklar, da bei den Maikäferlarven keine stabile Darmmikrobiota
in diesem Kompartiment nachgewiesen werden konnte.
Am Enddarm
der Maikäferlarven wurde erstmals für Arthropoden eine
umfassende Analyse der mikrobiellen Gemeinschaften in den
Unterfraktionen Wand und Lumen eines Darmabschnittes
durchgeführt. Hierbei wurden ausgeprägte Unterschiede in der
Besiedlung dieser beiden Fraktionen festgestellt, die als
Anpassungen an morphologische (Chitinbäumchen an der
Enddarmwand) und eventuell auch physiko-chemische Unterschiede
(Gradient eindringenden Sauerstoffs) zwischen Darmwand und
-lumen interpretiert werden können. Der auffälligste
Unterschied war eine hohe Abundanz (10 - 15% aller Bakterien)
Desulfovibrio-verwandter Bakterien an der Enddarmwand, die
sowohl mit PCR-abhängigen als auch PCR-unabhängigen Methoden
abgesichert werden konnte. In seiner Eindeutigkeit ist dieser
Befund für Arthropoden bislang einmalig. |
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DOI: | 10.17192/z2004.0064 |