Management cerebraler Aneurysmen - Erfassung des Therapieverlaufs in einer flexiblen Datenbank
EINLEITUNG Die Klinik für Neurochirurgie der Philipps-Universität Marburg ist auf Schädelbasischirurgie und Therapie neurovaskulärer Erkrankungen, die neuroradiologische Abteilung auf interventionelle Therapie cerebraler Aneurysmen spezialisiert. Alle 223 von Mai 1997 bis Dezember...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2003
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Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | EINLEITUNG
Die Klinik für Neurochirurgie der
Philipps-Universität Marburg ist auf Schädelbasischirurgie und
Therapie neurovaskulärer Erkrankungen, die neuroradiologische
Abteilung auf interventionelle Therapie cerebraler Aneurysmen
spezialisiert.
Alle 223 von Mai 1997 bis Dezember 1999
hospitalisierten Patienten mit cerebralen Aneurysmen (160
Patienten) oder Subarachnoidalblutung (SAB) anderer Ursache (63
Patienten) bildeten die uinselektierte Studienpopulation.
Charakterisierung der Population und Ausarbeitung der
Therapieergebnisse bei Entlassung waren Studienziele.
METODEN
Die Daten wurden mit einer selbsterstellten
elektronischen Datenbank erfaßt. Diese basiert auf
querverknüpften Tabellen, arbeitet mit normierten Variablen,
automatischen Berechnungen, Auszählungen und Ermittlung von
Maximalwerten. Wichtig sind Summierende Tabellen und
Kreuztabellen; hier werden gleiche Daten gruppiert und
automatisch ausgezählt. Die Aneurysma Patienten wurden nach
Wohnort in ?regionale Patienten? und
?Cerebrovaskuläres-Zentrum Patienten?
(CV-Patienten) eingeteilt.
Das Durchschnittsalter der
Aneurysma Patienten betrug 49,1 (+/-14,9) Jahre;
literatur-konform [61; 82; 93]. 2,5% aller und 0% der
regionalen Patienten waren jünger als 18 Jahre; Literatur 0,5%
[83]. 70% der Patienten waren Frauen; Literatur ca. 60% [43;
83].
CV-Patienten hatten signifikant häufiger Aneurysmen der
Schädelbasis (proximale A. carotis interna=ACI 24%) und des
vertebrobasilären Stromgebietes (35%) als regionale Patienten
(8% bzw. 18%); Literatur: posteriore Lokalisation 6-10% in
operativen [61; 82; 181], 28-57% in interventionellen Serien
[21; 109; 175]. Die überregionale Zuweisung von
vertebrobasilären und Schädelbasis Aneurysmen dürfte durch die
synergistische Kombination aus interventionellen und operativen
Möglichkeiten entstanden sein.
ERGEBNISSE,
LITERATURVERGLEICH
Patienten mit rupturierten Aneurysmen waren
bei Entlassung in 26% leicht, in 22% schwer beeinträchtigt oder
vegetativ; Literatur: 9-17% leichte [51; 82; 90; 131], 7-21%
schwere Beeinträchtigungen oder vegetativer Zustand [43; 51;
90; 131]. Die Mortalität in dieser Serie betrug 7,4%; Literatur
meist >20% [24; 43; 55; 82; 104; 134; 152; 158], in
selektierten Kollektiven auch 16-18% [51; 90; 102], 8,4% [126],
sogar 3,5% [131].
Patienten mit unrupturierten Aneurysmen
waren bei Entlassung in 14,3% leicht, in 11,4% schwer
beeinträchtigt, kein Patient starb; Literatur: Mortalität
0-2,3% [53; 74; 86; 117; 141], Morbidität 4-6% [51; 90; 102],
Rehabilitationsbedarf 16,2% [74].
Morbiditätssteigernd war
der Verzicht auf jegliche Ausschlußkriterien und der kurze
Nachbeobachtungszeitraum, denn Morbidität fällt im Verlauf [43;
131; 139; 163].
Morbiditäts- und Mortalitätsraten operierter
und interventionell versorgter Patienten waren denen der
Gesamtpopulation nahe. Einzige Ausnahme: Operation 32%,
Intervention 14%, Gesamtpopulation 26% leichte Komplikationen
bei rupturierten Aneurysmen.
Die niedrige Mortalität unserer
Patienten war für alle Lokalisationen gegeben. Bei Aneurysmen
im posterioren Stromgebiet und Aneurysmen der A. carotis
(darunter viele proximale ACI Aneurysmen) waren unsere Raten
komplikationsloser Verläufe höher als in publizierten Serien.
Nicht nur die interventionellen, auch die operativen Ergebnisse
waren bei posterioren so gut wie bei anterioren Aneurysmen; im
Gegensatz zur Literatur [60; 82; 134; 139; 171]. Am ehesten
ursächlich für die guten Ergebnisse bei Aneurysmen, für die oft
eine schlechte Prognose angegeben wird, waren die
interdisziplinäre Kooperation und der Schwerpunkt
Schädelbasischirurgie der Neurochirurgie.
SCHLUßFOLGERUNG
Bei korrekter Indikationsstellung können mit jeder Therapie
gute Ergebnisse erzielt werden: Operative Therapie ist für
cerebrale Aneurysmen Goldstandard und stets indiziert, sofern
die Therapiealternativen nicht geringere Langzeit Morbidität
bieten. Interventionelle Therapie bietet niedrige Invasivität
und unsichere Langzeitprognose. Intervention ist daher z. B.
bei posterior oder proximal lokalisierten Aneurysmen oder nicht
operablen Patienten zu erwägen. Konservative Therapie ist
indiziert, wenn das Risiko aktiver Therapie höher als das
erwartete kumulative Blutungsrisiko ist; z. B. bei Aneurysmen
im cavernösen Abschnitt der ACI oder geringer
Restlebenserwartung.
Wir erachten endovaskuläre und operative
Therapie bei unterschiedlicher Indikation als nicht direkt
vergleichbar; literaturkonform [163]. Ein Vergleich mehrerer
Indikationsregime ist daher anzustreben, ein direkter Vergleich
endovaskulärer und operativer Therapie wenig hilfreich. Das
Gesamtergebnis aller Patienten, nicht das Ergebnis für eine
operierte oder embolisierte Untergruppe ist entscheidend [125].
Nur eine prospektive Multicenterstudie mit langjähriger
Nachsorge und randomisierter Zuordnung zu verschiedenen
Indikationsschemata, die operative, interventionelle und
konservative Therapie berücksichtigen, kann das beste
Therapieregime aufzeigen. |
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DOI: | 10.17192/z2003.0677 |