Handlungsfähigkeit und Widerstand des behinderten Subjekts — Ausgewählte Diskurslinien um Körperlichkeit in Kontexten der Butler’schen Theorie der Subjektivierung

Die vorliegende Arbeit folgt der persönlichen Irritation, trotz ausführlicher Lektüre zahlreicher Werke Judith Butlers nichts über das Verhältnis der Theorie der Subjektivierung zu Behinderungen erfahren zu haben. Abgesehen von sehr vereinzelten und wenig aufschlussreichen Randbemerkungen herrscht v...

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Main Author: Wagler, Merlin
Contributors: Weber, Erik (Prof. Dr.) (Erstgutachter)
Format: Masters Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Die vorliegende Arbeit folgt der persönlichen Irritation, trotz ausführlicher Lektüre zahlreicher Werke Judith Butlers nichts über das Verhältnis der Theorie der Subjektivierung zu Behinderungen erfahren zu haben. Abgesehen von sehr vereinzelten und wenig aufschlussreichen Randbemerkungen herrscht von Butler Schweigen zu diesem Thema. Das scheint sich auch angesichts der inzwischen zunehmenden Rezeption in den Reihen der Disability Studies nicht zu ändern. Außerdem erscheint es höchst relevant, sich mit Handlungs- und Widerstandsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen auseinanderzusetzen. So kommt es zum Ziel dieser Arbeit, sich im Rahmen der Butler’schen Theorie der Subjektivierung mit Handlungsfähigkeit und Widerstand des behinderten Subjekts zu befassen. Nachfolgend wird ein Überblick über die Arbeit gegeben, bevor die inhaltliche Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen beginnt. Um die theoretische Basis der Disability Studies und ihren emanzipatorischen Anspruch zu erläutern, widmet sich der erste Teil der Vorstellung des Forschungsfeldes. Nachdem dafür die Entstehung, die aktuelle Entwicklung in Deutschland und Modelle von Behinderung vorgestellt wurden, geht es um spezifische Diskurslinien, mit welchen sich interessante Auseinandersetzungen mit der Butler’schen Theorie der Subjektvierung eröffnen. Dafür wird auf (Dis-)Ableismus, allgemeine Macht- und Körperdiskurse sowie auf widerstreitende Positionen zum Ziel der Inklusion und der Frage nach dem Bezug auf eine Identität als behinderte Person eingegangen. Das zweite Kapitel wendet sich den Forschenden zu — bzw. der Frage, wer in den Disability Studies forschen kann und soll. Das dritte Kapitel setzt sich mit der Butler’schen Theorie der Subjektivierung auseinander. Dafür werden verschiedene Herangehensweisen Butlers erläutert, indem auf die Subjektkonstitution in der Anrufung, in der Unterwerfung sowie durch Verwerfung und Melancholie eingegangen wird. Auch mit Butler wende ich mich Fragen der Identität zu, indem auf das feministische Subjekt eingegangen wird. Um den Fokus auf Butlers Körperverständnis zu lenken, werden die Effekte des Diskurses betrachtet, welche zu einer Verkörperung und Materialisierung der Norm führen. Auf dem entwickelten Verständnis der Entstehung des Subjekts und seiner Abhängigkeit von Normen aufbauend, wird dann die Frage bearbeitet, wie damit das Verständnis der Handlungsfähigkeit von Subjekten aussieht. Außerdem wird auf Butlers Überlegungen zur Anerkennung eingegangen. Kapitel vier befasst sich mit der Kritik an der fehlenden Beachtung von Behinderungen in der Butler’schen Subjektivierungstheorie. Im fünften Kapitel wird schließlich die direkte Verbindung gezogen, um die Entstehung von Subjekten mit Behinderungen zu betrachten. Einerseits wird das anhand der vorher erarbeiteten Anrufung und Unterwerfung entwickelt. Andererseits wird untersucht, ob sich auch in der Konstitution von Behinderung melancholische Verhaftungen und Identifizierungen begründen lassen. Butlers körpertheoretische Überlegungen werden für die Analyse der Materialisierung (nicht-)behinderter Körper genutzt. Es wird ein kritischer Blick auf die hohe Relevanz der Sprache in Butlers Theorie geworfen. Nachdem die Möglichkeit der Verbindung erarbeitet wurde, gilt es im sechsten Kapitel, sich dem Widerstand der entwickelten Subjekte zu widmen. Nach einer allgemeinen Ausführung der Widerstandsmöglichkeiten im angewandten Theorierahmen geht es um Möglichkeiten der Normverschiebung im Kontext der Disability Studies. Hier wird mit Butlers Analyse subversiver Handlungsmöglichkeiten argumentiert. Auf die Frage der Identitätspolitik und der Inklusion wird noch einmal gesondert eingegangen, ebenso wie auf die Rolle des Körpers und der Bildung von Bündnissen im Widerstand. Die Grenzen der vorgetragenen Übertragung werden noch einmal zusammengetragen, bevor die Arbeit mit einem abschließenden Fazit endet.
DOI:10.17192/ed.2024.0002