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Titel:Zusammenhang zwischen präoperativer Angst und dem subjektiven Unterstützungsbedarf vor elektiven Eingriffen in Allgemeinanästhesie beim Erwachsenen
Autor:Rienmüller, Stephen
Weitere Beteiligte: Rüsch, Dirk (apl. Prof. Dr. med.)
Veröffentlicht:2021
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2022/0021
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2022-00213
DOI: https://doi.org/10.17192/z2022.0021
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Association of preoperative anxiety and subjective desire for support in adult patients undergoing elective surgery in general anesthesia
Publikationsdatum:2022-01-20
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Preoperative anxiety, Amsterdam preoperative anxiety and information scale (APAIS), Emotional distress, Emotionale Bürde, Elektiveingriff, Präop, Elective surgery, Wunsch nach Unterstützung, Desire for suppor, Amsterdam preoperative anxiety and information scale (APAIS), Allgemeinanästhesie, Präoperative Angst

Zusammenfassung:
Eine Vielzahl an Untersuchungen zeigt, dass eine hohe Prävalenz für präoperative Angst unter Erwachsenen besteht, die sich elektiven Eingriffen in Allgemeinanästhesie unterziehen. So gaben bspw. in einer im Vorfeld im Universitäts-Klinikum Gießen-Marburg (UKGM, Standort Marburg) durchgeführten Studie mit mehr als 3.000 eingeschlossenen Patienten gemäß numerischer Rating Skala (NRS, 0-10) lediglich weniger als 10% keine präoperative Angst (NRS = 0) an. Bisher jedoch ungeklärt geblieben ist, inwieweit diese präoperative Angst durch Patienten als belastend bzw. störend wahrgenommen wird und inwiefern daraus ein Unterstützungsbedarf zur Bewältigung von präoperativer Angst seitens Patienten resultiert. Für die vorliegende Arbeit wurden über den Zeitraum eines knappen Jahres (November 2017 – Oktober 2018) 1.082 erwachsene Patienten im UKGM (Standort Marburg) befragt, bei denen eine elektive Operation in Allgemeinanästhesie geplant war. Der dafür erstellte achtseitige Fragebogen wurden von geeigneten und einwilligungsfähigen Patienten vor dem anästhesiologischen Prämedikationsgespräch ausgefüllt. Vorhandene Angst, deren empfinden als belastend und/oder störend (emotionale Bürde) sowie der Unterstützungsbedarf wurden jeweils dichotom (ja/nein) erfasst. Das Angstniveau wurde gemäß der validierten Amsterdam Preoperative Anxiety and Information Scale (APAIS) erhoben. Hierbei war die Gesamtangst APAIS-A-T mit Werten von 4 (keine Angst) bis 20 (maximale Angst) von besonderem Interesse. Deskriptiv ausgewertet wurden Patientencharakteristika, sowie die Häufigkeit und die Intensität von präoperativer Angst, emotionaler Bürde und individuellem Unterstützungsbedarf. Die Auswertung der Zusammenhänge des Angstniveaus mit empfundener Bürde und dem Unterstützungsbedarf erfolgte mittels logistischer Regression. Mittels Kreuztabellen und ROC-Analyse sowie der Berechnung des Youden-Index‘ wurden APAIS-A-T-Schwellenwerte hinsichtlich der emotionalen Bürde durch präoperative Angst und den daraus resultierenden Unterstützungsbedarf untersucht. Von den 1.082 befragten Patienten konnten 1000 in die Studie eingeschlossen werden (537 Frauen, 459 Männer, 4 keine Angabe; Alter: M = 57 Jahre bei SD = 18). Von diesen 1000 bejahten 493 Patienten präoperative Angst (318 Frauen, 64,5% vs. 171 Männer, 34,7%). Von diesen 493 Patienten mit präoperativer Angst gaben 320 Patienten (64,9%) an, die Angst als belastend zu empfinden. Außerdem bejahten 291 Patienten (59%) der Gruppe mit präoperativer Angst das Vorhandensein von Unterstützungsbedarf. Mit steigendem Gesamtangstniveau (APAIS-A-T) stiegen sowohl die emotionale Bürde (β = 0,407; OR = 1,50 bei 95% KI: 1,37 – 1,64, p < 0,001) als auch der Unterstützungsbedarf an (β = 0,270; OR = 1,31 bei 95% KI: 1,22 – 1,41, p < 0,001), was einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen steigender Angst und sowohl empfundener emotionaler Bürde als auch Unterstützungsbedarf zeigt. Selbst bei niedrigstem Angstniveau (APAIS-A-T = 5) sind aus präoperativer Angst resultierende emotionale Bürde und daraus entstehender Unterstützungsbedarf nicht ausgeschlossen. Bei gleicher Gewichtung von Sensitivität und Spezifität ist zur Vorhersage von emotionaler Bürde sowie von bestehendem Unterstützungsbedarf jeweils ein APAIS-A-T > 9 (Sensitivität 0,899; Spezifität 0,755 bzw. Sensitivität 0,861; Spezifität 0,724) am günstigsten geeignet. Da kein APAIS-A-T zur eindeutigen Identifizierung von Patienten mit präoperativer Angst, deren Angst nicht als emotionale Bürde wahrgenommen wird und nicht mit Unterstützungsbedarf einhergeht, genutzt werden kann, scheint die alleinige Erhebung des Angstniveaus (z.B. mittels APAIS) im klinischen Alltag nicht sinnvoll zu sein, um jene Patienten zu identifizieren, die präoperative Angst haben und bei denen daraus eine emotionale Bürde sowie der Wunsch nach Unterstützung resultiert. Sinnvoller scheint es zu sein, allen Patienten die dichotome Frage nach präoperativer Angst zu stellen und bei jenen, die sie bejahen, ebenfalls mit dichotomen Fragen eine evtl. aus präoperativer Angst resultierende emotionale Bürde sowie bestehenden Unterstützungsbedarfs zu erfassen. Um zusätzlich Rückschlüsse auf Coping-Verhalten der Patienten ziehen zu können, sollte ebenfalls dichotom der Informationsbedarf eines Patienten mit präoperativer Angst erhoben werden.


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