Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg

Titel:Aufklärung des molekularen krankheitsauslösenden Mechanismus der progressiven kardialen Reizleitungsstörung durch die Mutation G88R im Tandem-Poren-Kanal TASK-4
Autor:Leonhardt, Julia
Weitere Beteiligte: Decher, Niels (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2021
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0293
DOI: https://doi.org/10.17192/z2021.0293
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2021-02930
DDC: Medizin
Titel (trans.):Investigation of the molecular disease causing mechanism by the two pore domain channcel TASK-4 gain-of-function mutation G88R in progressive cardiac conduction disorder
Publikationsdatum:2021-08-09
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
electrophysiology, two-pore-domain potassium channel, Zwei-Porendomänen Kaliumkana, Elektrophysiologie, K2P Kanal, arrhythmia, progressive kardiale Reizleitungsstörung, K2P channel, PCCD, progressive cardiac conduction disorder, Arrythmien, TASK-4

Zusammenfassung:
Mutationen in Zwei-Porendomänen Kalium (K2P) -Kanälen konnten bereits mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Dazu zählt beispielsweise die dominant-negative Mutation im TRESK-Kanal (KCNK18), welche mit einer Form von familiärer Migräne mit Aura assoziiert ist (Lafrenière et al., 2010). Eine Mutation im TASK-3-Kanal (KCNK9) kann zu dem Birk Barel Syndrom mit mentaler Retardierung führen (Barel et al., 2008). Eine hereditäre pulmonale Hypertension kann durch verschiedene TASK-1 (KCNK3) Mutationen verursacht sein, die einen Funktionsverlust des Kanals verursachen (Ma et al., 2013). Eine heterozygote Punktmutation im Selektivitätsfilter des TREK-1-Kanals (KCNK2) kann ursächlich für eine RVOT-Tachykardie (Tachykardie aus dem rechten ventrikulären Ausflusstrakt; right ventricular outflow tract = RVOT) sein. Die Mutation führt bei TREK-1 zu einer erhöhen Na+-Permeabilität und einer gesteigerten Aktivierung durch eine erhöhte Sensibilität für mechanische Dehnung (Decher et al., 2017). In dem pH-sensitiven K2P-Kanal TASK-4 (KCNK17) konnte 2014 durch Friedrich et al. eine Genmutation identifiziert werden, welche ebenfalls eine krankheitsauslösende Rolle bei Arrhythmien spielt. In dieser Studie war die Grundlage für die genetischen Untersuchungen der Phänotyp einer progressiven kardialen Reizleitungsstörung (progressive cardiac conduction disorder = PCCD) in Kombination mit einem idiopathischen Kammerflimmern. Die hierbei identifizierte Mutation, TASK-4G88R, verursachte eine erhebliche Funktionssteigerung des Kanals. Bei demselben Patienten konnte neben der Mutation im TASK-4-Kanal eine Mutation im prädisponierenden SCN5A-Gen identifiziert werden, welches für den spannungsabhängigen Natriumkanal Nav1.5 kodiert. Eine Mutation in der gleichen Spleißstelle, welche zum Überspringen eines Exons führte, wurde bereitszuvor von Probst et al. (2003) im Rahmen von Untersuchungen von Mitgliedern einer französischen Familie, in welcher eine kardiale Reizleitungsstörung autosomal-dominant vererbt wurde, als krankheitsauslösend beschrieben. In den „whole cell“ Patch-Clamp-Messungen zeigte sich hier ein Funktionsverlust des Nav1.5-Kanals, welcher zu einer herabgesetzten Reizleitungsgeschwindigkeit führte. Die Kombination aus diesem Funktionsverlust des Nav1.5-Kanals und einer verstärkten Hyperpolarisation von Zellen des Reizleitungssystems durch die TASK-4G88R Funktionsgewinn-Mutation könnte die Reizleitung in diesen Patienten noch einmal zusätzlich verlangsamen und den ungewöhnlichen Phänotyp aus Kammerflimmern und PCCD erklären (Friedrich et al., 2014). Der molekulare Mechanismus, welcher der veränderten Kanalfunktion von TASK-4G88R zu Grunde liegt, blieb ungeklärt. Das Ziel dieser Arbeit war es, diesen Mechanismus weitergehend zu untersuchen. Zu diesem Zwecke wurden elektrophysiologische Experimente an Xenopus laevis Oozyten mittels der Zwei-Elektroden-Spannungsklemme durchgeführt. Messungen der Ionenströme, nach systematischer Einführung aller 20 verschiedenen natürlichen Aminosäuren an Position 88 im TASK-4-Protein durch positionsgerichtete Mutagenese, ergaben, dass eine normale Kanalfunktion vermutlich über die Hydrophobizität des an dieser Position lokalisierten Aminosäurerestes vermittelt wird. Ein weiterer wichtiger Fokus war die Frage, ob die pH-Sensitivät des TASK-4-Kanals ebenfalls durch die Aminosäure an Position 88 beeinflusst wird. Anhand vorheriger elektrophysiologischer Untersuchungen von Niemeyer et al. (2007) wurde postuliert, dass ein Lysin-Rest an Position 242, in unmittelbarer Nähe der Kanalpore gelegen, als pH-Sensor von TASK-4 fungieren könnte. Eine Neutralisierung von K242 führte zu erhöhten Stromamplituden bei einem neutralen pH-Wert im Vergleich zum TASK-4WT. G88 befindet sich direkt oberhalb des Selektivitätsfilters, also in unmittelbarer Nähe zum pH-Sensor. In dieser Arbeit konnte ich bestätigen, dass der Lysin-Rest an Position 242 zwar die pH-Sensitivität vermittelt, jedoch nicht in Zusammenhang mit dem Mechanismus steht, der die Funktionssteigerung in TASK-4G88R begründet. Dies konnte anhand von Doppelmutationen gezeigt werden, in denen sowohl die Aminosäure an Position 242 als auch an Position 88 ausgetauscht wurde. Ableitungen auf Einzelkanalebene mittels der Patch-Clamp�Technik zeigten eine erhöhte Einzelkanal-Leitfähigkeit von TASK-4G88R. Eine Hypothese für den kausalen Mechanismus ist eine komplexe Aminosäure-Interaktion des hydrophilen Arginin-Restes an Position 88 mit Aminosäuren des nahe gelegenen Selektivitätsfilters. Eine solche Interaktion könnte durch die Ausbildung einer „hydrophilen Wolke“ einen starken elektrostatischen Effekt erzielen und so die Ionenpermeation gezielt regulieren.


* Das Dokument ist im Internet frei zugänglich - Hinweise zu den Nutzungsrechten