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Titel:Die Hubyâr-Aleviten. Eine Glaubensgemeinschaft in Anatolien
Autor:Temel, Hidir
Weitere Beteiligte: Franke, Edith (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2019
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0232
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2021-02322
DOI: https://doi.org/10.17192/z2021.0232
DDC: Religion, Religionsphilosophie
Titel (trans.):The Hubyâr Alevis. A religious community in Anatolia.
Publikationsdatum:2021-06-08
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Cem, alevitische Liturgie, Ocak (Alevi community), Alevi, Hubyâr, Alevitische Lehre, Semâh (Derwischtanz),, cemevi (Alevi faith house),, Alevis, Hubyâr, Cemevi (alevitische Gebetshaus), Ocak (alevitische Gemeinschaft)

Zusammenfassung:
Diese religionsethnografische Arbeit bietet einen Überblick über die Hubyâr-Aleviten, eine der Glaubensgemeinschaften der Aleviten in der Türkei. In der Arbeit werden die Geschichte, die Lehre, die Bräuche, sowie die Zeremonien dieser Gemeinschaft herausgearbeitet und dokumentiert. Die zweitgrößte religiöse Gruppe in der Türkei neben sunnitischen Muslimen bildet die der Aleviten. Unter dem Terminus „Aleviten“ sind vielfältige Gemeinschaften gruppiert. Eine darunter ist die der Hubyâr-Aleviten, die eine erhebliche Anhängerschaft hat. Die alevitische Glaubensgemeinschaften werden in der Türkei als „ocak“ bezeichnet. Dieser Begriff ist nicht leicht in die englische und deutsche Sprache zu übersetzen, obwohl seine grundlegende Bedeutung „Herd“ ist. Ocak bezeichnet gleichzeitig die Familie um diesen Herd. Im Sinne einer Großfamilie wird es für die Gemeinschaften unter den Aleviten verwendet. Die Hubyâr-Aleviten erhalten ihren Namen von ihrem Gründer. Ein historischer Hubyâr, der zwischen ca. 1475 - 1582 gelebt hat, konnte (in dieser Arbeit) belegt werden. Die Geschichte des Namens und dieser Gemeinschaft gehen jedoch weiter zurück, was in der Arbeit ausführlich behandelt wurde. Orale Traditionen in der Gemeinde verbinden die Ursprünge der Gemeinschaft und ihren Gründer mit beiden großen Sufi-Meistern Ahmed Yesevî (12. Jahrhundert) und Hacı Bektaş (13. Jahrhundert). Es gibt Indizien dafür, dass ein früherer Hubyâr im dreizehnten Jahrhundert oder noch früher existierte. Die Bedeutung des Namen „Hubyâr“ ist vielfältig: „Wahrer Freund“, „inniger Freund“ und „Gottesfreund“ sind am häufigsten im Gebrauch. Der Name ist eindeutig im Sufi-Sinne zu verstehen. Die Hubyâr-Aleviten verstehen selbst dies als „wahrer Freund“. Die Familie des Gründers Hubyâr hat (belegbar ab 1455) auf dem Berg Tekeli (Tekeli Dağı, 2643 m) gelebt. Dort liegen auch das Heiligtum und sein Schrein. Der Ort ist heute ein nach ihm genanntes Dorf (Hubyâr Köyü). Die Anhänger von Hubyâr sind vor allem in den Provinzen von Tokat, Sivas, Amasya, Yozgat verdichtet, wobei auch in den Provinzen von Çorum, Erzurum, Kars, Manisa, Samsun von ihnen bewohnte Dörfer vorhanden sind. Das selbe geographische Gebiet von den erst genannten Provinzen ist das historische Zentrum der alevitischen Bewegungen seit dem 12. Jahrhundert (u.a. Babaî Aufstände). Diese Region wurde in der seldschukischen und osmanischen Zeit als "Rumeli" (Ort der Römer) bezeichnet. Hubyâr-Aleviten leben heute noch teilweise in ihren abgelegenen Dörfern, in denen sie sich in der Verfolgungszeit am besten verstecken konnten. So blieben sie lange Zeit fern aller "Entwicklungen" und Veränderungen. Bedingt durch die Migration, leben heute die Hubyâr-Aleviten weltweit verteilt. Es gibt Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit der Industrialisierung und der türkischen Republik, die das Osmanische Reich ablöste (1923), drangen neue Normen und Lebensbedingungen ein. Diese neuen Anforderungen führten zu grundlegenden Umänderungen in der traditionellen Lebensweise und dem Glauben der Aleviten. Aufgrund dieser Bedingungen wandeln sich die Rituale einschneidend. In vielen alevitischen Dörfern sind praktische Ausübungen des Glaubens zur Seltenheit geworden. Auch die unaufhaltsame Veränderung ihres Umfeldes, u.a. durch die Migration im Inland und ins Ausland, bedroht die Glaubensvorstellungen und das Brauchtum. Die fortlaufenden und zu beobachtenden Identitätsprozesse der Aleviten in der Migration, die Praxis ihres kulturellen und sozialen Verhaltens, Diskurse zwischen Anatolien und Europa, und pragmatische Veränderungen im Glaube, Ritual und sozialem Wandel nach der Migration sind Themen dieser Arbeit. Diese Arbeit ist die erste umfangreiche monographische Untersuchung über die Hubyâr-Aleviten.


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