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Titel:Kontrollierte Interventionsstudie zum Nutzen eines klinischen Pharmazeuten auf einer deutschen chirurgischen Intensivstation
Autor:Kessemeier, Nora
Weitere Beteiligte: Culmsee, Carsten (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2019
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2019/0521
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2019-05218
DOI: https://doi.org/10.17192/z2019.0521
DDC:615 Pharmakologie, Therapeutik
Titel (trans.):Benefit of a clinical pharmacist in a surgical intensive care unit – A controlled interventional study
Publikationsdatum:2019-12-05
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Medikationsfehler,, medication safety, antibiotics, Pharmacist on the ward, pharmazeutische Betreuung, Stationsapotheker, length of stay, Arzneimitteltherapiesicherheit, Clinical Pharmacy, Intensive care unit, medication review,, Klinische Pharmazie, Pharmazeutische Interventionen, interventions, ICU

Zusammenfassung:
HINTERGRUND: Internationale Studien belegen, dass klinische Pharmazeuten auf der Intensivstation (ITS) dazu beitragen, Medikationsfehler, vermeidbare unerwünschte Arzneimittelereignisse, Liegedauer, Mortalität und Kosten zu reduzieren. Der Einfluss von klinischen Pharmazeuten bezüglich dieser Faktoren auf deutschen ITS ist bisher nicht ausreichend untersucht worden. Ausbildung und Arbeitsaufgaben der Pharmazeuten, ihre Implementierung auf ITS sowie auch die Arzneimittel- und Personalkosten sind länderspezifisch. Die Ergebnisse internationaler Studien sind daher nicht vollumfänglich auf die Gegebenheiten im deutschen Gesundheitssystem übertragbar. Untersuchungen belegen, dass die ITS ein Hochrisikobereich für das Auftreten von Behandlungs- und Medikationsfehlern ist. Aufgrund der unzureichenden Datenlage in Deutschland wurde eine kontrollierte Interventionsstudie zum Nutzen eines klinischen Pharmazeuten auf ITS entwickelt. METHODEN: Primärer Endpunkt dieser Studie war die Frage, ob die Kurvenvisite eines klinischen Pharmazeuten eine signifikante Reduktion der Medikationsfehler zur Folge hat im Vergleich zu einer Kontrollphase. Sekundäre Endpunkte untersuchten die Reduktion klinisch potenziell relevanter Medikationsfehler, die Anzahl der Tage ohne systemische Antiinfektivagabe, die fiktive Liegedauer sowie Arzneimittel- und Personalkosten. Die erfassten Medikationsfehler wurden deskriptiv ausgewertet. Die Studie war in drei Phasen unterteilt. Eine Kontrollphase P0 und zwei Interventionsphasen P1 und P2. Während der Kontrollphase P0 wurden die Daten retrospektiv und ohne pharmazeutische Interventionen erhoben. In den folgenden Interventionsphasen P1 und P2 wurden die Patientenkurven von zwei klinischen Pharmazeuten auf potenzielle Medikationsfehler hin gesichtet. Die erfassten potenziellen Medikationsfehler wurden mit dem zuständigen Oberarzt diskutiert. Während der Interventionsphase P2 begleitete ein klinischer Pharmazeut zusätzlich zur Kurvenvisite die tägliche Visite der Ärzte. Von den klinischen Pharmazeuten festgestellte potenzielle Medikationsfehler, die den definierten Kriterien entsprachen, wurden als Medikationsfehler gezählt, wenn es diesbezüglich zu einem Konsens mit dem zuständigen Oberarzt kam. ERGEBNISSE: Die Medikationen von 336 Patienten wurde überprüft. Das Auftreten von Medikationsfehlern wurde von 1660 auf 622 bzw. 401 (P0 vs. P1/P2; jeweils p < 0.05; Exakter Test nach Fisher) signifikant gesenkt. Dies entspricht einer Reduktion der Fehlerrate von 14,12% in P0 vs. 5,13% in P1 bzw. 3,25% in P2, bezogen auf die überprüften Medikationszeilen (P0 11.755; P1 12.135; P2 12.329). Die als klinisch potenziell relevant bewerteten Medikationsfehler traten mit einer Rate von 9,9% in P0 und 3,1% bzw. 1,8% in P1 bzw. P2 auf, bezogen auf die überprüften Medikationszeilen. Die Rate der akzeptierten pharmazeutischen Interventionen betrug 77,8% (P1) bzw. 80,7% (P2). Der Grund für die meisten pharmazeutischen Interventionen und Medikationsfehler war in allen Studienphasen „([k]lare) Indikation, aber kein Medikament angeordnet“. Die häufigsten Maßnahmen infolge der pharmazeutischen Interventionen und Medikationsfehler waren „Dosierung geändert“, „Arzneimittel neu angesetzt“ und „Information an Arzt/Pflege“. Die Anzahl der antiinfektiva-freien Tage je Patient betrug im Median in allen drei Phasen 1,0. Das 0,75 Quartil betrug 3,0 Tage (P0, P1) bzw. 4,0 Tage (P2). In der gesamten Studienphase P0 wurden 237 antiinfektiva-freie Tage gezählt, in P1 und P2 waren es 343 bzw. 328 antiinfektiva-freie Tage. Im Median endete die fiktive Liegedauer nach 8,0 Tagen in P0, 7,0 Tagen in P1 und 8,0 in P2. In P1 resultieren die Personalkosten in € 4,16 pro visitierten Patienten, in P2 entsprechend € 7,19. Abzüglich der zusätzlich entstandenen Personalkosten konnten € 39.766,70 Arzneimittelkosten eingespart werden. SCHLUSSFOLGERUNG: Die Interventionen der klinischen Pharmazeuten führten zu einer signifikanten Reduktion von Medikationsfehlern auf einer deutschen ITS. Sie tragen dadurch zu einer erhöhten Arzneimitteltherapiesicherheit bei. Die Ergebnisse aus dieser Studie sind vergleichbar mit den Ergebnissen von anderen internationalen Studien (vor allem aus den USA), aufgrund derer ein flächendeckender Einsatz von klinischen Pharmazeuten auf der ITS auch in Deutschland empfohlen wird.


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