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Titel:Machbarkeitsstudie zum Einsatz des Vygon Boussignac CPAP im Rettungsdienst
Autor:Humburg, Dennis
Weitere Beteiligte: Koehler, Ulrich (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2016
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2017/0007
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2017-00070
DOI: https://doi.org/10.17192/z2017.0007
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Feasibility study of use of Vygon Boussignac CPAP in Emergency Medical Service
Publikationsdatum:2017-02-03
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0

Dokument

Schlagwörter:
Boussignac, Boussignac, NIV, Flow-CPAP, Rettungsdienst, CPAP, Flow-CPAP, CPAP, Rettungswesen, EMS

Zusammenfassung:
Im Rahmen der klinischen Notfall- und Intensivmedizin ist die nicht-invasive Beatmung (NIV) inzwischen ein Standardverfahren zur Behandlung der akuten respiratorischen Insuffizienz (ARI). Hierbei wird die Spontanatmung des, meist wachen, Patienten durch von außen applizierten Druck unterstützt. Eine Form der NIV ist die Continuous Positive Airway Pressure (CPAP)-Therapie, bei der mittels einer dicht sitzenden Maske ein kontinuierlicher Druck auf die Atemwege wirkt. Ein entscheidender Vorteil der NIV ist die Vermeidung von Narkose und endotrachealer Intubation mit den damit einhergehenden spezifischen Komplikationen, die in der Präklinik besonders ausgeprägt sind. Frühere Arbeiten haben bereits gezeigt, dass Patienten vor allem dann von NIV profitieren, wenn die Therapie frühzeitig begonnen wird und dass CPAP auch präklinisch erfolgreich eingesetzt werden kann, sogar von nicht-ärztlichem Rettungspersonal. Allerdings sind CPAP und andere Formen der NIV im deutschen Rettungsdienst bislang noch nicht flächendeckend verbreitet. Es ist anzunehmen, dass letzteres unter anderem in den hohen Kosten und dem hohen Platzbedarf moderner Notfallrespiratoren begründet liegt. In den Landkreisen Marburg-Biedenkopf und Gießen wird seit 2006 das günstige und kompakte CPAP-System Vygon Boussignac CPAP auf allen Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) und Intensivtransportwagen mitgeführt und bei entsprechender Indikationsstellung eingesetzt. Prinzipiell entscheiden die Notärzte der NEF über den Einsatz des CPAP-Systems, allerdings wurden sie in Einführungsveranstaltungen angehalten, unter anderem alle Patienten mit kardiogenem Lungenödem und peripherer Sauerstoffsättigung (SpO2) unter 90% damit zu behandeln, bei denen keine Kontraindikationen vorlagen. Bis Oktober 2009 wurden 207 präklinische Flow-CPAP-Anwendungen durchgeführt und dokumentiert. Primäres Ziel dieser Arbeit war es, die Umsetzbarkeit des präklinischen Einsatzes von Vygon Boussignac CPAP aufzuzeigen. Hierzu wurde eine fünfstufige Graduierung erstellt, in denen die Grade 0 (Therapieabbruch) und 1 (SpO2 nicht um mehr als 10% angestiegen, ineffizient) als nicht umsetzbare Therapieversuche und die Grade 2 bis 4 (höchstmögliche Effizienz) als umsetzbar zusammengefasst wurden. Die Definitionen der einzelnen Grade erfolgte, neben dem Therapieabbruch, anhand der Veränderungen der klinischen Parameter SpO2, Vigilanz gemessen als Punktzahl auf der Glasgow-Koma-Skala (GCS), Herzfrequenz (HF) und Atemfrequenz (AF) unter der präklinischen CPAP-Therapie. Sekundärer Endpunkt waren Komplikationen und unerwünschte Veränderungen unter CPAP. Die abgebrochenen Therapien wurden ebenfalls nach Gründen hierfür analysiert. Außerdem wurde der Verlauf der einzelnen numerischen Parameter unter nicht abgebrochener CPAP-Behandlung untersucht. Im Ergebnis zeigten sich 70,1% der Therapieversuche in den Graduierungen 2-4 bei einem vorher festgelegten Kriterium von >50%, um die Therapie als umsetzbar zu bestätigen. Im Detail fanden sich 11,7% der Patienten in Grad 0 (Behandlungsabbruch), 18,3% in Grad 1 (SpO2 um nicht mehr als 10% angestiegen), 13,7% in Grad 2, 37,1 % in Grad 3 und 16,8% der Therapieversuche im höchsten Grad 4. Weitere 2,5% konnten als umsetzbar (Grade 2-4) klassifiziert, aber bei unvollständigen Daten nicht genauer eingeordnet werden. Die Komplikationsrate unter den umsetzbaren Therapieversuchen lag bei nur 8,3%, wobei bei mehreren unerwünschten Veränderungen eingesetzte Medikamente, insbesondere Analgosedativa, ursächlich gewesen sein könnten und nicht die CPAP-Therapie selbst. Die Therapie mit Vygon Boussignac CPAP erwies sich somit als in der Präklinik umsetzbar und relativ sicher. Der Therapieerfolg zeigte sich nicht zuletzt in der Entwicklung der SpO2 während der Behandlung. Diese stieg bei 162 von 163 Patienten, bei denen eine vollständige Dokumentation vorlag, um bis zu 45% und 14% im Median an. Es kam ebenfalls zu einer höchst signifikanten Senkung von Herzfrequenz, Atemfrequenz und systolischem Blutdruck unter CPAP. Auch die Punktzahl auf der GGS verbesserte sich signifikant, allerdings wiesen die meisten Patienten bereits vor Therapiebeginn dort die höchstmögliche Punktzahl auf, so dass es hier insgesamt zu wenigen Änderungen kam. Randomisierte kontrollierte und multizentrische Studien müssen, nachdem hiermit die Umsetzbarkeit der präklinischen CPAP-Therapie bei akuter respiratorischer Insuffizienz grundsätzlich gezeigt werden konnte, folgen, um die Überlegenheit gegenüber der Standardtherapie mit reiner Sauerstoffinsufflation oder sofortiger endotrachealer Intubation zu beweisen oder zu widerlegen. Dies gilt auch im Hinblick auf einen eventuellen Langzeitvorteil einer Therapieform und das Auftreten von Komplikationen in der präklinischen Behandlung.


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