Titel: | Defizite in der Emotionsregulation als Prädiktor für Depressionen und Angststörungen |
Autor: | Wirtz, Carolin Maria |
Weitere Beteiligte: | Berking, Matthias (Prof. Dr.) |
Veröffentlicht: | 2015 |
URI: | https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2015/0413 |
DOI: | https://doi.org/10.17192/z2015.0413 |
URN: | urn:nbn:de:hebis:04-z2015-04139 |
DDC: | Psychologie |
Publikationsdatum: | 2015-12-16 |
Lizenz: | https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/ |
Schlagwörter: |
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Emotionsregulation, Gefühl, Strukturgleichungsmodell, Depression, emotion, Depression, anxiety disorders, Emotionregulation, Angststörung |
Zusammenfassung:
Eine Vielzahl von Studien belegen die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Methoden bei Major Depression und Angststörungen. Trotz der Verfügbarkeit von evidenzbasierten pharmakologischen sowie psychotherapeutischen Behandlungsansätzen führen diese bei einer großen Zahl von Patienten nach Therapieende zu keiner vollständigen Remission, sondern zu einer erheblichen Residualsymptomatik. Zudem deuten erste Befunde darauf hin, dass es nach Abschluss der Therapie eine klinisch bedeutsame Anzahl von Rückfällen gibt und darüber hinaus häufig chronische Verläufe von Erkrankungen zu verzeichnen sind. Zusammengenommen sprechen diese Befunde für eine weiterhin eingeschränkte kurz- und langfristige Effektivität der eingesetzten Behandlungskonzepte für Depressionen und Angststörungen. Aktuelle systematische Übersichtsarbeiten postulieren einen engen Zusammenhang zwischen einer defizitären Emotionsregulation und affektiven Störungen, wobei es weiterhin an prospektiven Studien, insbesondere im Verlauf von psychotherapeutischen Behandlungen, mangelt. Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich daher mit einer möglichen Verbesserung der gängigen Therapieverfahren und beleuchtet hierbei die Emotionsregulation als einen potentiellen Wirkfaktor in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen und Angststörungen.
In den hier dargestellten Studien 1 und 2 werden die längsschnittlichen reziproken Zusammenhänge von emotionaler Kompetenz und Ängstlichkeit bzw. Depressivität über einen Zeitraum von fünf Jahren untersucht. Darüberhinaus werden die reziproken Zusammenhänge zwischen den spezifischen Emotionsregulationsstrategien (Berking 2015; Berking & Whitley, 2014) und diesen Symptombereichen exploriert. So konnte in Studie 1 und Studie 2 aufgezeigt werden, dass die emotionale Kompetenz nicht nur die nachfolgende Ängstlichkeit, sondern auch die Depressivität fünf Jahre nach der Baseline-Erfassung vorhersagt. Mittels Cross-lagged-Panel Analysen wurde zudem gezeigt, dass die umgekehrte Wirkrichtung von Ängstlichkeit bzw. Depressivität auf die nachfolgende emotionale Kompetenz keine signifikanten Effekte erzielt. Zudem zeigen die explorativen Untersuchungen zum Zusammenhang von emotionaler Kompetenz und Ängstlichkeit, dass insbesondere die spezifischen Emotionsregulationsstrategien der Akzeptanz und Toleranz, der Konfrontationsbereitschaft sowie der Klarheit im Erkennen affektiver Zustände die wichtigsten Prädiktoren für die nachfolgende Ängstlichkeit sind. Ein Vergleich der Effektstärken der spezifischen Emotionsregulationsstrategien für die nachfolgende Depressivität ergibt, dass alle verwendeten Strategien von ähnlicher Relevanz sind. Zusammenfassed zeigen die Studien 1 und 2 somit die Bedeutung der emotionalen Kompetenz für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Ängstlichkeit und Depressivität in einer nichtklinischen Stichprobe auf.
In Studie 3 wurde der wechselseitige Zusammenhang zwischen der emotionalen Kompetenz und der Depressivität, Ängstlichkeit und des allgemeinen Disstress im Verlauf der ersten drei Behandlungswochen einer stationären Therapie untersucht. Hierzu wurden moderne Strukturgleichungsmodelle (Latent Change Score Modelle) eingesetzt, um die Veränderung in der Psychopathologie auf die Veränderung der Emotionsregulation in der vorherigen Woche zurückzuführen oder den entgegengesetzten Wirkmechanismus empirisch zu belegen. Im Verlauf einer stationären Depressionsbehandlung zeigte sich, dass eine verbesserte emotionale Kompetenz mit einer nachfolgenden Reduktion der Depressivität einherging. Dieser Wirkzusammenhang konnte im stationären Kontext jedoch nicht für die Ängstlichkeit und das pathologische Stresserleben der Patienten aufgezeigt werden.
Zusammengefasst liefert die vorliegende Dissertation somit Hinweise, dass (1) eine defizitäre emotionale Kompetenz die Entstehung und Aufrechterhaltung von Ängsten und Depressivität in einer nicht klinischen Stichprobe begünstigt, (2) während einer stationären Psychotherapie adaptivere emotionale Kompetenzen zu einer Reduktion der Depressivität führen. Somit könnte eine systematische Verbesserung der emotionalen Kompetenzen ein relevantes Behandlungsziel darstellen, das die Standardinterventionen zur Behandlung von Major Depression ergänzt und (3) die transdiagnostische Relevanz von adaptiven emotionalen Kompetenzen im Verlauf der stationären Therapie in zukünftigen Studien differenzierter beleuchtet werden muss.
Summary:
Ample empirical studies provide evidence for the efficacy of psychotherapeutic treatments of mood disorders. Despite the availability of effective pharmacological and psychological treatments, many patients treated with these interventions fail to attain complete remission but show substantial residual symptoms. Moreover, a clinical significant number of relapses after the treatment is discontinued and a chronic course of the disorder have been found. In sum, these findings provide support for a limited short- and long-term efficacy of contemporary treatment methods.
To date systematic reviews show significant association between deficits in emotion regulation and affective disorders. However, prospective studies examining the reciprocal relationship of both concepts over the course of inpatient therapy are still rare. Therefore, this dissertation deals with the improvement of the existing psychotherapeutic interventions and focuses on deficits in emotion regulation as a potentially relevant factor for the development and maintenance of depression and anxiety disorders.
Study 1 and 2 examine the long-term effect of emotion regulation on symptoms of anxiety and depression. Moreover, we investigated which specific emotion regulation skills (Berking, 2015; Berking & Whitley, 2014) were associated with subsequent symptom load. An online-assessment revealed that emotion regulation skills predicted subsequent anxiety and depressive symptom severity five years after baseline assessment. In contrast, the cross-lagged effects of anxiety and depression on subsequent emotion regulation have not been significant in both studies. These findings provide preliminary evidence for the hypothesis that deficits in emotion regulation contribute to the development and maintenance of anxiety and depression. Moreover, explorative analyses examining the reciprocal relationship between the specific emotion regulation skills and subsequent symptom load show that acceptance, tolerance and clarity of undesired affective states as well as the willingness to confront those had the strongest prospective effects on subsequent anxiety symptom severity. A comparison of the effect sizes for different emotion regulation skills on subsequent symptoms of depression suggests that most of the skills included have similiar predicitve value. In sum, study 1 and 2 provide evidence for the importance of emotion regulation on the development and mainteance of mood disorders in a nonclinical sample.
Study 3 assessed the reciprocal relationship between emotion regulation and symptoms of depression, anxiety disorders, and general disstress over the course of the first three weeks of inpatient treatment. Latent growth curve models were conducted to test whether changes in successful emotion regulation skill application would be negatively associated with a reduction of symptom load or whether the opposite direction would be empirically supported. During the course of treatment for Major Depressive Disorder successful emotion regulation skills application negatively predicted changes in subsequent depressive symptom severity. However, successful emotion regulation skills application did neither predict subsequent anxiety symptom severity nor general disstress.
In sum the present dissertation provides evidences that (1) emotion regulation is a relevant factor for the development and maintenace of anxiety and depressive symptom severity in a nonclinical sample; (2) over the course of inpatient therapy more adaptive emotion regulation skills lead to a reduction of depressive symptoms. Therefore, a systematic emotion regulation training may be an important target that enhances the efficacy of cognitive behavioral therapy for MDD; (3) the transdiagnostic relevance of emotion regulation over the course of inpatient treatment needs to be further examined.
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