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Titel:Entwicklung einer klinischen Beurteilungsskala (Rating Scale) zur Beurteilung der Krankheitsschwere und des Therapieverlaufes bei Patienten mit Morbus Wilson
Autor:Leinweber Barbara
Weitere Beteiligte: Möller, Carsten (Prof. Dr. med.)
Veröffentlicht:2010
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2010/0303
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2010-03030
DOI: https://doi.org/10.17192/z2010.0303
DDC: Medizin
Titel (trans.):Development of a clinical rating scale for assessment of disease severity and treatment effects in patients with Wilsons disease
Publikationsdatum:2010-06-22
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Netzwerk für erbliche Bewegungsstörungen, Phänotyp, Wilson-Krankheit, Genotyp, Beurteilungsskala, Kupferstoffwechselstörung, GeNeMove, clinical assessment, UWDRS, Schätzskala, Wilsons disease, Unified Wilsons Disease Rating Scale, rating scale, Morbus Wilson

Zusammenfassung:
Der Morbus Wilson ist eine seltene autosomal rezessiv vererbte Kupferstoffwechselstörung mit vermehrter Kupfereinlagerung insbesondere in Leber und Gehirn. Das Spektrum der klinischen Symptome ist vielfältig, der Krankheitsverlauf sehr unterschiedlich. Bei Manifestation bis zur Pubertät überwiegt die hepatische Symptomatik, nach der Pubertät die zentralnervöse Störung. Die Erkrankung wird selten vor dem 6. oder nach dem 40. Lebensjahr symptomatisch. In der Normalbevölkerung ist etwa jeder neunzigste Mensch Überträger des Gendefektes, die Prävalenz manifest Erkrankter beträgt 1:30.000. Das mit der Erkrankung assoziierte Gen konnte auf Chromosom 13q14.1 lokalisiert werden und kodiert für eine Cu2+-ATPase (ATP7B), welche insbesondere in Leber und Niere exprimiert wird. Derzeit sind mehr als 250 verschiedene Mutationen bekannt. Nur ca. 60% der Patienten mit M. Wilson können genetisch charakterisiert werden. Ein Teil des alimentär aufgenommenen Kupfers ist in der Leber für den Einbau in lebenswichtige Metalloproteine notwendig. Die hepatozelluläre ATPase 7B dient als intrazellulärer Kupfertransporter und regelt die Kupferhomöostase durch biliäre Exkretion. Ein Mangel bzw. eine Dysfunktion des Wilson-Proteins führt daher zu einer Kupferüberladung der Leber. Nach Überschreiten der Leberkapazität kommt es zur zellulären Apoptose und Freisetzung von potentiell toxischem Kupfer in das Blut mit Akkumulation in anderen Organen. Jede unklare Erhöhung der Leberwerte und jede ungeklärte neurologische Bewegungsstörung bei Patienten unter dem 40. Lebensjahr sollten dazu führen, dass ein M. Wilson ausgeschlossen wird. Ca. 90% der Patienten mit M. Wilson zeigen typische Veränderungen der Parameter des Kupferstoffwechsels, nämlich eine deutliche Erniedrigung des Serumkupfers und des Coeruloplasminspiegels bei gleichzeitig erhöhter Urinkupferausscheidung. Bei den übrigen 10% der Patienten können die genannten Laborwerte im Grenzbereich liegen, so dass zur sicheren Diagnosestellung eine Leberbiopsie als Goldstandard notwendig ist. Eine medikamentöse Therapie sollte frühzeitig begonnen und lebenslang durchgeführt werden. Unbehandelt endet die Erkrankung tödlich. Unklar ist, warum einige Patienten eine hepatische, andere eine neurologische bzw. psychiatrische oder kombinierte Symptomatik entwickeln. Möglicherweise besteht eine Korrelation zwischen der Art der Genmutation, dem Beginn der Symptomatik und dem Krankheitsverlauf. Zur Beurteilung der Krankheitsschwere, des Therapieverlaufes und der Erfassung von eventuellen Phänotyp/Genotyp-Korrelationen fehlte bisher ein geeignetes Messinstrument. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung und Erhebung einer klinischen Beurteilungsskala anhand 107 medikamentös behandelter Patienten mit unterschiedlichen Manifestationsformen eines M. Wilson. Aus bereits etablierten Beurteilungsskalen wurde die 55 Items umfassende semiquantitative Unified Wilson’s Disease Rating Scale (UWDRS) mit drei Subskalen zur Bewertung der Ausprägung der neurologischen, psychiatrischen und internistischen Symptomatik bei M. Wilson-Patienten erstellt. Die statistische Auswertung ergab eine hohe interne Konsistenz der Gesamtskala mit einem Cronbach’s alpha von 0,92 und der neurologischen Subskala von 0,94. Die Interrater-Reliabilität, welche wir durch parallele Untersuchung einer Subgruppe von 32 Patienten durch zwei unterschiedliche Rater erhielten, war mit einem ICC (intraclass correlation coefficient) von 0,98 (Konfidenzintervall: CI95% 0,97-0,99) für die gesamte Skala vortrefflich. Ebenso waren die Interrater-Reliabilitäten der einzelnen Subskalen hoch (neurologisch – ICC 0,99; hepatisch – ICC 0,90; psychiatrisch – ICC 0,95). Die Erwerbsfähigkeit als externes Kriterium zur Überprüfung der Validität korrelierte signifikant mit dem Gesamtscore der Skala (Spearman’s ρ ≈ 0,60 (CI95% 0,48-0,72; p<0.001). Zusammenfassend erscheint die UWDRS als geeignetes Messinstrument zur Beurteilung des Schweregrades der klinisch relevanten Merkmale der Wilson-Erkrankung. Ihre Anwendbarkeit in der klinischen Forschung und im Rahmen von Medikamentenstudien muß weiter getestet werden.


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